Glaswelt – Holz wird lackiert, PVC wird foliert oder mit Acrylcolor gestaltet, Alu wird pulverbeschichtet – so einige Methoden, um Schutz oder Dekor an Fenster oder Türen zu bringen. Nun kommt Digitaldruck ins Spiel. Mischt er die Oberflächenveredelung auf?
Dr. Simon Leimgruber – Ich spreche lieber generell von der Drucktechnologie, denn neben dem Digitaldruck beschäftigen wir uns auch mit verschiedenen anderen Drucktechnologien, die ähnliche Herausforderungen hinsichtlich des Beschichtungsaufbaus mit Grundierung und Deckbeschichtung stellen. In vielen Bereichen, etwa im Möbelbau oder bei Fußböden, ist die Drucktechnologie bereits etabliert. So werden Dekore für Möbel, Laminatböden, Küchen-Rückwände oder Trennwände im Badezimmer schon seit Langem bedruckt. Eine sehr dynamische Entwicklung beobachten wir auch bei Fassadenherstellern, wo unterschiedlichste Materialien – Kunststoff, Alu-Dibond oder auch Holz – im Druckverfahren gestaltet werden. Auch bei Haustüren kommen immer häufiger bedruckte Elemente zum Einsatz.
Mittelfristig ist also davon auszugehen, dass Drucktechnologien eine fixe Größe in der Welt der Oberflächenveredelung sein werden.
Glaswelt – Was ist mit Digitaldruck beim Fensterbau möglich?
Dr. Leimgruber – Im Fenster-Bereich stehen wir bei Drucktechnologien noch am Anfang. Das hat vor allem mit der komplexen Geometrie von Fenstern zu tun: Die Geometrie von Fensterkanteln ist eine echte Herausforderung, wobei die Anlagenhersteller bereits daran arbeiten, Lösungen dafür zu entwickeln. Wenn dieses Thema gelöst ist, ist davon auszugehen, dass Drucktechnologien auch im Fensterbau ein relevanter Faktor für die Oberflächenveredelung werden. Schließlich sind die Möglichkeiten, die sich daraus ergeben, vielfältig. Enormes Potenzial gibt es bei Kunststofffenstern: Anders als Holzfenster, die durch das Material schon einen besonderen und individuellen Charakter mitbringen, hat der Fensterhersteller bei Kunststoff eine simple weiße Fläche zur Verfügung, die gestaltet werden will: Die Fenster können in Holz-Optik bedruckt werden oder in einem Design, das perfekt zur Fassadengestaltung passt. Dasselbe gilt natürlich auch für Aluminiumfenster, die ebenso bedruckt werden können.
Aber auch für Holzfenster gibt es spannende Perspektiven. Statt Exotenhölzer zu verarbeiten, kann im Sinne der Nachhaltigkeit heimisches Holz in der Optik von Exotenhölzern bedruckt werden. Dasselbe gilt für Altholz, das vor allem an Haustüren sehr gefragt, aber aufgrund geringer Verfügbarkeit teuer ist. Auch bei anderen Holzarten wird der Fensterhersteller von Verfügbarkeit und Preisschwankungen unabhängig, wenn er die entsprechende Holzoptik einfach druckt. Dazu ergeben sich weitere Vorteile: Der Kunde kann die Optik bis ins Detail bestimmen und erhält exakt die Oberfläche, die vorab bemustert wurde. Und der Fensterhersteller kann das Holz in großen Mengen einkaufen und ein ’Standardfenster’ auf Lager halten, das dann entsprechend dem Kundenwunsch bedruckt wird.
Glaswelt – Wann macht Digitaldruck für den Fensterverarbeiter Sinn?
Dr. Leimgruber – Bei Holzfenstern ist die Drucktechnologie mittelfristig vor allem ein Thema für die Kreativen und Pioniere, für Hersteller im oberen Qualitätssegment, die ihren Kunden individuelle, hochwertige Gestaltung und außergewöhnliche Optiken bieten wollen. Bei Kunststofffenstern sehe ich noch deutlich mehr Potenzial. Die weiße Eigenfarbe verlangt geradezu nach einer Gestaltung, und neben monochrom lackierten Fenstern wird sich hier der Druck etablieren.
Glaswelt – Adler hat sich vor allem als Oberflächen-Lieferant für Holz verarbeitende Unternehmen einen Namen gemacht – sieht man mit der Digitaldruck-Initiative jetzt auch im PVC- Fenster-Segment einen potenziellen Markt?
Dr. Leimgruber – Adler ist aus seiner Historie eng mit dem Material Holz verbunden, aber in erster Linie sehen wir uns schlicht als Anbieter hochwertiger Oberflächenveredelung, unabhängig vom Untergrund. Neben unseren Beschichtungssystemen für Holz- und Holz-Alu-Fenster sind wir derzeit auch mit dem Fensterbeschichtungssystem Polycolor 2K SQ sehr erfolgreich, das speziell für die Beschichtung von Kunststoff- und Aluminiumfenstern entwickelt wurde. Dasselbe gilt für unseren Print Protect-Beschichtungsaufbau für bedruckte Flächen, der für alle relevanten Untergründe geeignet ist: Holz, verschiedene Kunststoffe, Metall, Glas, Folien etc. – und ich bin überzeugt, dass wir damit derzeit das beste Print-Angebot am Markt haben, insbesondere wenn es um den Außenbereich geht.
Glaswelt – Geht es darum, einen synthetischen Werkstoff wie PVC so zu gestalten, dass er in der Anmutung und Haptik dem natürlichen Werkstoff Holz noch näherkommt?
Dr. Leimgruber – Das ist eine Möglichkeit. Wir beschäftigen uns heute bereits mit dem sogenannten 2,5-D-Druck. Hier wird zusätzlich zum farbigen Druck eine deutlich fühlbare Struktur auf die Fläche aufgebracht. So kann die Oberflächenstruktur von Holz sehr naturgetreu simuliert werden. Mit einem hochwertigen Decklack kann ein Kunststofffenster so in Optik und Haptik einem Holzfenster schon sehr nahekommen.
Glaswelt – Die Technologie erlaubt es, viele Fensterdekore im schnellen Wechsel wirtschaftlich zu drucken. Der Druck findet dann also beim Fensterhersteller selber statt?
Dr. Leimgruber – Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, die wir aktuell schon im Möbel- oder Fassadenbereich beobachten: Für große Hersteller, die stark auf bedruckte Flächen setzen, lohnt sich die Anschaffung einer eigenen Anlage. Daneben gibt es aber auch die Möglichkeit, den Druck an spezialisierte Anbieter auszulagern oder die bedruckten Materialien zuzukaufen.
Glaswelt – Ließen sich auch Fichte- und Kiefernkanteln im Meranti-Look gestalten?
Dr. Leimgruber – Ja, das ist im Druckverfahren problemlos möglich. Ich würde sogar noch weiter gehen: Der Fensterhersteller kann seinem Kunden verschiedene Meranti-Optiken anbieten, mit grober oder feiner Maserung und in unterschiedlichen Farbtönen – und der Kunde wird exakt die Oberfläche wie am Muster erhalten.
Glaswelt – Wie haltbar ist der Druck auf den Oberflächen?
Dr. Leimgruber – Grundsätzlich ist zu sagen, dass bedruckte Flächen in jedem Fall einen hochwertigen Beschichtungsaufbau mit Grundierung und vor allem Decklack benötigen, um eine dauerhafte Haftung am Untergrund und einen soliden Oberflächenschutz zu gewährleisten. Die Anforderungen sind im Außenbereich sehr hoch: Die Bewitterung erfordert einen Beschichtungsaufbau mit hervorragender Haftung, Dauerelastizität und Härte, dazu braucht es auch noch einen lang anhaltenden UV-Schutz, denn die Drucktinten neigen stark zum Ausbleichen und zu Verfärbungen. Ohne geeignete Deckbeschichtung ist die Lebensdauer von Flächen im Außenbereich auf einige Jahre beschränkt – für Bauelemente wie Fassaden oder Fenster natürlich viel zu wenig.
Bei Adler haben wir deshalb eine Lösung für bedruckte Flächen im Außenbereich gesucht und gefunden. Unser neuer Print-Protect UV+ 2K SQ deckt alle vorhin genannten Herausforderungen ab und bietet einen hochwertigen UV-Schutz, der die Optik der bedruckten Fläche langfristig erhält. Wir haben die Beschichtung unter Witterungsbedingungen getestet, wie sie in Arizona herrschen, und die Resultate haben sogar unsere eigenen Erwartungen übertroffen: Während von unbeschichteten Vergleichsflächen nicht mehr viel übrig war, hat Print-Protect UV+ 2K SQ den Untergrund perfekt geschützt.
Glaswelt – Wie groß schätzen Sie in der Zukunft den Markt im Fensterbereich ein?
Dr. Leimgruber – Wie vorhin schon beantwortet: Speziell im PVC-Bereich rechne ich mit einem merkbaren Wachstum, beim Holzfenster ist es die Entwicklung aktuell noch schwer einzuschätzen – ich gehe davon aus, dass der Druck hier vorerst nur vereinzelt zur Anwendung kommen wird.
Glaswelt – Noch steckt der Digitaldruck in der Entwicklungsphase. Welche Hürden müssen noch genommen werden?
Dr. Leimgruber – Aktuell gibt es zwei Hürden: Zum einen die Anlagentechnologie, die für plane Flächen bereits breit verfügbar ist, für komplexe Geometrien aber noch nicht – es ist aber davon auszugehen, dass sich hier in den nächsten Jahren sehr viel tun und die steigende Nachfrage nach bedruckten Flächen auch die Entwicklung der entsprechenden Technologien ankurbeln wird.
Dazu gibt es auch im Bereich der Grund- und Deckbeschichtungen spannende Entwicklungen. Wir sind zuversichtlich, unsere Print Protect-Beschichtung schon bald in einer Voll-UV-Variante anbieten zu können. Auch die Anwendung der Excimer-Technologie, die derzeit von Möbelherstellern genutzt wird, ist eine spannende Perspektive.
Die zweite und vielleicht noch größere Hürde besteht in den Köpfen der Hersteller. Das enorme Potenzial von Druck für die Oberflächengestaltung wird im Moment noch massiv unterschätzt, dazu fehlt auch häufig das nötige Wissen. Wer bedruckte Fassaden, Haustüren oder Fenster anbieten will, muss selbst kein Druck-Experte sein, aber natürlich benötigt es ein Basiswissen über Möglichkeiten und Grenzen der Technologie sowie die entsprechenden Kontakte. Deshalb hat Adler vor einigen Jahren die Digitaldruck-Vereinigung DIPA mitbegründet, die genau diese Lücke schließen will: Wissen vermitteln, Möglichkeiten schaffen, Best Practice-Beispiele aufzeigen und Interessenten miteinander in Kontakt bringen. In diesem Jahr wird darüber hinaus die DIPA Academy starten, in der eine fundierte Ausbildung für Drucktechnologien angeboten wird.
Glaswelt – Besten Dank für die interessanten Einblicke! Ich bin gespannt, mit welchen Designs in Zukunft Fenster bedruckt werden.
Die Fragen platzierte Chefredakteur Daniel Mund