Glaswelt – Herr Engelhardt, wir sitzen hier in der Konzernzentrale, in einem Gebäude welches Sie Schüco One nennen und sowohl äußerlich wie in seiner inneren Struktur begeistert. Was war der Anstoß zu diesem neuen Schüco-Campus?
Andreas Engelhardt – Wir haben die Entscheidung für den neuen Campus inklusive Schüco One vor vier Jahren getroffen. Es ist uns ganz wichtig, hier am Gebäude unsere eigenen Produkte zu zeigen. Außerdem ging es darum, unseren Mitarbeitenden einen Arbeitsplatz in der Zentrale und nicht in Mietobjekten hier in der Umgebung zu bieten. Zudem haben wir mit dem Welcome Forum eine tolle Möglichkeit, unsere Gäste in einer umfassenden und aktuellen Ausstellung zu empfangen. Wir haben jetzt schon seit der Eröffnung im Mai rund 6000 Besucher (Anm. d. Red.: Stand Mitte Oktober) empfangen und planen mit rund 20 000 Besucherinnen und Besuchern – Architekten, Planer, Investoren, Geschäftspartner, Verarbeiter – jährlich.
Glaswelt – Kommen wir gleich zu den Wirtschaftsdaten: Wie läuft es in diesem Jahr?
Engelhardt – Eines kann ich sagen: Wir werden den Umsatz aus dem letzten Jahr überschreiten. Einerseits konnten wir unsere Leistungen deutlich steigern, andererseits kommen natürlich auch die Preissteigerungen hinzu. Die Umsatzhöhe jetzt genauer einzugrenzen wird immer schwieriger, denn wir haben seit ca. 2 Monaten ein deutliches Abkühlen der Nachfrage festzustellen – und das in einem Tempo, wie ich es mir nicht gedacht und auch noch nie erlebt habe.
Glaswelt – Worauf führen Sie die Abkühlung am Bau zurück?
Engelhardt – Wir haben einerseits noch Nachwehen aus den Lieferketten-Problemen, Objekte werden nach wie vor nicht rechtzeitig fertiggestellt. Dabei will ich dazusagen, dass wir als Schüco lieferfähig sind, was ja im letzten Jahr nicht immer der Fall war. Jetzt haben wir vorgesorgt und unsere Bestände deutlich hochgefahren.
Die Abkühlung wird aber auch durch eine immense Verunsicherung ausgelöst – und damit adressiere ich klar die Verantwortlichen dafür.
Der Krieg in der Ukraine und die dadurch entstandene Energiekrise treibt die Preise nach oben. Diese Verunsicherung über die Energiekosten führt dazu, dass alle, die vorgehabt haben zu renovieren oder zu bauen, das zunächst zur Seite stellen. Die Situation ist toxisch, weil Ihnen keiner sagen kann, wie hoch die Gas- und Ölpreise in einem Jahr sein werden. Diese Unsicherheit muss sich schnellstens auflösen.
Dazu kommen die rasant gestiegenen Zinsen auf Baukredite. Die Nachfrage nach Krediten ist am Boden. Und das betrifft das Geschäft ab 3. Quartal 2023. Das beschreibt die augenblickliche Lage, aber ich bin optimistisch und glaube nicht, dass das so bleibt.
Glaswelt – Was machen Sie mit dieser schwierigen Gemengelage?
Engelhardt – Wir planen mit angezogener Handbremse. Wenn es besser läuft, können wir die Handbremse wieder etwas lösen, aber auch für den umgekehrten Fall sind wir vorbereitet.
Glaswelt – Wie ist die aktuelle Ertragslage?
Engelhardt – Noch ist sie stabil, aber wenn mit weniger Umsatz zu rechnen ist, müssen wir unsere Ertragslage sicherstellen, indem wir ein kluges Kostenmanagement an den Tag legen. Wir werden dann, falls möglich, Ausgaben verschieben.
Glaswelt – Mit einem immer stärkeren Fokus auf die Renovierung gilt es, das Portfolio anzupassen. Schlägt jetzt die Stunde des Kunststoff-Bereiches bei Schüco?
Engelhardt – Im Bereich Renovierung wird sich eine Menge auftun. Ich rechne damit, dass die europäischen Regierungen Renovierungen anders fördern werden als bisher und sehe in diesem Bereich großes Potenzial für beide Materialgruppen, Aluminium und Kunststoff. Unsere Strategie beinhaltet, im Metallbereich mehr Produkte im mittleren Preis- und Leistungssegment zur Verfügung zu stellen. Im Premiumbereich sind wir sehr gut aufgestellt, jetzt wollen wir uns im mittleren Segment noch mal deutlich verstärken, um den Metallbau für preissensitive Objekte attraktiver zu machen.
Das individuelle Bauen, bei dem der Architekt sagt, ich möchte mein Gebäude so kreativ gestalten wie ich oder mein Investor das haben möchte, wird bleiben und hoffentlich auch bald wieder anziehen. Ein Bereich im mittleren Segment tut sich auf, wo das Thema Vorfertigung und serielles Bauen immer mehr Bedeutung gewinnt. Unser Unternehmen hat sich darauf eingestellt, beide Ansätze perfekt zu bedienen. Wir betrachten dies als Schlüssel für die Zukunft. Auf diese Marktsituationen hat sich ein Metallbaubetrieb genauso einzustellen wie wir bei Schüco.
Glaswelt – Sind Sie mit den aktuellen politischen Rahmenbedingungen für eine Steigerung der Sanierungsquote einverstanden, oder gibt es Ihrerseits Anlass zur Kritik?
Engelhardt – Ein völlig falsches Signal war, jedem einzelnen weniger Zuschuss zu geben, damit mehr Projekte zum Zuge kommen können. Wir müssen vielmehr die KfW-Förderung erhöhen, mindestens auf das alte Maß, wenn nicht darüber hinaus. Dann könnte es auch einen Booster geben in Richtung Renovierung. Machen wir das nicht, werden die Klimaziele in der EU und insbesondere in Deutschland nicht erreicht werden können. Was wir brauchen ist eine konzertierte Aktion von Politik und Wirtschaft, die die Bauwirtschaft – das Rückgrat der deutschen Wirtschaft – wieder auf Spur bringt. Darüber müssen wir reden und zwar sehr intensiv. Wir müssen es zeitnah machen, es muss schnell gehen. Wenn wir das nicht tun, werden Bauzulieferer verschwinden aus Deutschland, Kapazitäten werden dann in andere Länder verlagert.
Ich erwarte auch bei einer konzertierten Aktion, dass der Staat selber in Vorleistung geht mit allen Gebäuden der Gebietskörperschaften – von der Schule angefangen bis zu den Ministerien.
Glaswelt – Was ist Ihre Definition von Nachhaltigkeit? Zahlt sich eine nachhaltige Haltung auch langfristig unternehmerisch aus?
Engelhardt – Wie gehen wir mit unseren eigenen Ressourcen um, welche Produkte müssen wir entwickeln, um die Erderwärmung zu begrenzen? Für uns ist das eine Frage der Haltung und kein Marketing-Gag. Dieser Mega-Trend ist indiskutabel. Wir als Familienunternehmen dürfen das Geld, das wir verdienen, wieder reinvestieren und sind somit in der Lage, diese Wertschöpfung im nachhaltigen Sinn zu erzeugen.
Unsere Aufgabe ist es, Stoffkreisläufe zu schließen. Gebäude werden nach Ablauf ihrer Nutzungsphase wieder säuberlich zerlegt, das ist die Zukunft. Die Gebäude, die jetzt gebaut werden, sind das Rohstofflager der Zukunft.
Glaswelt – Steht der Fahrplan auf dem Weg zur Klimaneutralität bis 2040? Was sind spezielle Meilensteine auf dem Weg zu einem klimaneutralen Unternehmen?
Thomas Lauritzen – Es gibt wie so oft Fortschritte und Rückschritte. Alles, was Scope 1 und 2 betrifft, also mit allen unseren internen Prozessen, sind wir aktuell bei 70 Prozent Einsparung in 10 Jahren und damit im Plan. Der große Hub entsteht aber vor allem durch die Zulieferer, insbesondere beim Materialbezug, da ist noch viel zu tun. Wir spüren aber, wie sich das Bewusstsein auch bei den Aluminiumhütten verändert und verstärkt auf Sekundäraluminium gesetzt wird. Noch aber macht dieser Teil nur ungefähr 15 Prozent aus. Wir denken inzwischen ein Gebäude vom Ende aus, also vom End-of-life. Das eingesetzte Fenster muss sich gut rückbauen und zerlegen lassen, damit es auch in vielen Jahrzehnten als Rohstofflager dient.
Engelhardt – Unsere Zulieferer sind sich bewusst, dass man diese Herausforderungen angehen muss, sonst katapultiert man sich in der Zukunft aus diesem Geschäft. Man muss dem Markt aber auch sagen, in welchen Quantitäten der Sekundärrohstoff verfügbar ist, welche Recyclingraten machbar sind. Ich halte nichts davon, wenn man das Blaue vom Himmel verspricht, dieses Material aber kapazitiv gar nicht zur Verfügung steht.
Glaswelt – Inwieweit beeinflusst der WWF Ihre Aktivitäten?
Engelhardt – Wir haben mit dem WWF jemanden an unserer Seite, der mit uns unsere Strategie weiterentwickelt, der uns darauf hinweist, wo wir noch mehr tun müssen. Der WWF hat uns sehr sensibilisiert, was die Verwendung von Primäraluminium angeht. Hier wollen wir uns mit den richtigen Partnern auf den Weg begeben.
Thomas Lauritzen – Aber auch der WWF hat seine Lernkurve hinter sich. Anfangs haben die WWF-Experten das Aluminium generell negativ beurteilt. Wir haben den WWF davon überzeugt, dass es einen geschlossenen Wertstoffkreislauf beim Aluminium gibt. Das geht also in beide Richtungen.
Glaswelt – Wie hoch ist der gesamte Recyclat-Anteil bei Schüco im Kunststoffbereich?
Lauritzen – Unser Ziel ist es natürlich, diesen Anteil möglichst hoch zu bringen. Aktuell stehen wir zwischen 22 und 25 Prozent. Wir haben gemeinsam mit der Remondis die Re:Core gegründet, mit dem Ziel, den Schüco eigenen PVC-Wertstoffkreislauf zu schließen und Partnerbetrieben einen exklusiven Recycling-Service für Profilreste
aus dem Fensterbau sowie Altfenster anzubieten.
Engelhardt – Das ist übrigens keine Opposition zu Rewindo. Aber wir wollen mehr partizipieren an den vielen Tonnagen, die wir in den Markt bringen, dass diese auch in unsere eigenen Kreisläufe zurückgeführt werden.
Glaswelt – Es gibt die Idee, dass PVC aus Non-fossilen Rohstoffen erzeugt werden kann…
Engelhardt – Wir sind mit unseren Entwicklungsbereichen auch da dran. Die Frage ist, ob man die Prozesse hier serienreif gestalten kann, in Einzelfertigung funktioniert das schon jetzt ganz gut, aber es geht ja um eine Massenfertigung.
Glaswelt – Wie steht Schüco zu Messeauftritten bei der BAU und bei der FRONTALE 2024?
Engelhardt – Wir freuen uns auf die BAU im April und ich hoffe, dass die Messe auch etwas Druck auf die Rahmenbedingungen in der Politik bringt, die uns dann den Rücken stärken. Die Messe wird anders werden, die Internationalität wird beispielsweise leiden. Auch zu der Fensterbau Frontale 2024 haben wir uns angemeldet.
Glaswelt – Wie sehen Sie generell die Zukunft der Messen? Sie haben hier am Standort einen beeindruckenden Treffpunkt gestaltet und wollen künftig 20 000 Gäste hier empfangen…
Engelhardt – Es wird eine starke Veränderung stattfinden, von der wir alle das Ende noch gar nicht kennen. Letztendlich entscheiden unsere Kunden, welches Konzept am besten greift. Ich stelle fest, dass der Wunsch, sich zu treffen und sich auszutauschen, sehr groß ist. Ich glaube auch, dass sich der Charakter einer Messe deutlich verändern muss, um auf Dauer Bestand zu haben.
Lauritzen – Ein Aspekt sind die stark gestiegenen Kosten für eine Messe – angefangen bei den Hotelkosten bis hin zu den hohen Reise-Aufwänden. Unsere Kunden werden zur BAU kommen, aber nicht mehr zu zehnt, wie es früher einmal war, sondern eben nur noch zu zweit. Das heißt für uns, die Entscheider sind da. Das heißt aber für die Messe, dass die Besucherzahlen zurückgehen können.
Engelhardt – Es wäre nicht sinnvoll, wenn wir die Messeauftritte mit den Auftritten vor der Pandemie vergleichen. Allerdings sind die Aussteller jetzt auch gefordert, einen ganz anderen Auftritt zu gestalten. Der Besucher sollte am Ende überrascht werden und den Eindruck bekommen, dass man sich neu erfunden hat.
Glaswelt – Meine Herren, besten Dank für die Auskünfte.
So tickt Schüco
Die Schüco Gruppe beschäftigte im Jahresdurchschnitt 2021 insgesamt 6330 Mitarbeitende. 3940 Mitarbeitende davon in Deutschland, davon wiederum 2355 in Ostwestfalen-Lippe. Die Investitionssumme lag 2021 mit 87,5 Mio. Euro und damit 62 % über Vorjahr. Das wirtschaftliche Eigenkapital der Schüco Gruppe liegt unverändert bei rund 70 %.
Im 1. Halbjahr 2022 lag das Unternehmen ca. 20 Prozent über Vorjahr.
So tickt der Geschäftsbereich Metallbau
Der Geschäftsbereich Metallbau (Aluminium und Stahl) erzielte 2021 weltweit mit knapp 1,6 Mrd. Euro ein Umsatzplus von 13,6 %. Innerhalb Europas konnte der Bereich den Umsatz um 11,3 % auf 1,2 Mrd. Euro steigern. Gehemmt wurde dieses Wachstum von der weltweit angespannten Lieferproblematik und den stark angestiegenen Rohstoffpreisen. Der Geschäftsbereich Metallbau lag in seinem Heimatmarkt mit einem Umsatz von 558 Mio. Euro 7,3 % über Vorjahresniveau.
So entwickelt sich der Kunststoff-Bereich
Für die in Weißenfels ansässige Tochtergesellschaft Schüco Polymer Technologies KG gab es ähnliche herausfordernde Rahmenbedingungen. Die Produktions- und Logistikkapazitäten konnten teilweise nicht ausgeschöpft werden, da Materialien für die Produktion fehlten. Trotz dieser Erschwernisse entwickelte sich der Geschäftsbereich durchweg positiv – allen voran Deutschland, Italien, Benelux, Frankreich und Polen. So konnten im 21er-Geschäftsjahr 389 Mio. Euro Umsatz erzielt werden – fast 40 % über Vorjahr. Speziell im Kernmarkt Deutschland lag der Umsatz mit 143 Mio. Euro 24 % über Vorjahr.
Nachhaltiges Handeln bei Schüco
Schüco will seine Gesamtemissionen bis 2025 um 30 % gegenüber dem Referenzjahr 2018 reduzieren und bis 2040 keine klimaschädlichen Emissionen mehr verursachen.
Aluminium(Block)-Fenster mit Eichenholz-Leisten
Für das Schüco Blockfenster aus Aluminium gibt es die Möglichkeit, die Fensterflügel im Innenraum mit einer Holzdekorleiste zu gestalten. So ergeben sich individuelle Gestaltungsmöglichkeiten passend zum Interieur. Die aus Eichenholz bestehenden Dekorleisten bei AWS (Aluminium Window System) können aus sieben unterschiedlichen Varianten gewählt werden: Pure, Natural, Walnut, Chocolate, Gris Beige, Savanna und Super White. Weitere Oberflächen sind auf Anfrage möglich. Passende Griffdesignvarianten wurden eigens für die Holzapplikationen entwickelt: ein Steckgriff mit Rechteckrosette, ein Steckgriff mit Rundrosette sowie ein Standardgriff mit Ovalrosette, mit dem Einbruchhemmung bis RC 3 realisierbar ist. Die Griffe sind je nach Ausführung in den Basisfarben Schwarz, Weiß sowie in Edelstahl-Optik erhältlich.
So kommt das Eichenholz-Kit zum Verarbeiter
Ist die Auswahl der Holzoptik getroffen, kann das Eichenholz-Kit über ausgewählte Schüco Systempartner (Tischler) bezogen werden. Festgelegte Standards erleichtern dem Schüco Partner die Prozessabwicklung. Alternativ gibt es die Möglichkeit, einen Holzverarbeiter der eigenen Wahl zu beauftragen. Die Holzdimensionen können aus SchüCal generiert und zur Verfügung gestellt werden. Die Holzdekorleisten werden mithilfe eines speziellen Klebebandes auf das gereinigte Aluminium-Blockfensterprofil aufgebracht.
Das Besondere am Blockfenster ist der vom Blendrahmen verdeckt liegende Flügelrahmen. Der Vorteil: Blend- und Flügelrahmen sind optisch nicht überlappend. www.schueco.de/aws-wooddesign