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ift-Holzfensterfachtagung im Zeichen des Holzschutzes

“Was man konstruktiv verbockt, kann man chemisch nicht heilen“

„Wir werden bei Holzfenstern auf die abgedichtete Glasleiste nicht verzichten können“, war eine der Aussagen von Prof. Ulrich Sieberath auf der Tagung. Für ihn gilt auch im Jahr 2013, dass die ­Details die Qualität bestimmen. Und die Bauherrenwünsche wie große Formate, ­ schmale Ansichtsbreiten, Ganzglasecken, Wartungs- und Pflegefreiheit könnten schwer ignoriert werden. Gerade bei der Pflege und Wartung der Elemente würde es aber großen Nachholbedarf in der Branche geben.

In seinen Ausführungen schnitt er viele relevante Themen rund um das Holzfenster an: Er zeigte die Vorteile auf, wie das geklebte Glas-Fenster-System zur Stabilisierung des Flügels beitragen kann, nicht ohne den warnenden Zeigefinger zu heben, dass man immer nur abgestimmten Systemen vertrauen solle. Er griff die Gewichtsproblematik der Fenster auf, die seiner Meinung nach nicht minder dramatisch auch durch den gestiegenen ­Sicherheitsaspekt der Bauelemente verschärft wurde: Schließlich würden die Elemente nicht nur durch ihre großen Dimensionen und durch das 3-fach-ISO schwerer werden, sondern häufig auch durch VSG-Kombinationen. Und was den Holzschutz angeht, so brachte er es auf eine simple Formel: „Was man konstruktiv verbockt, kann man chemisch nicht heilen.“

CE-Zeichen gehört auf das Fenster

Nicht zu nehmen war ihm auch noch der Hinweis auf die zum 01.07.2013 verbindlich geltende Bauproduktenverordnung. Dabei rät er allen Akteuren: „Platzieren Sie das CE-Kennzeichen direkt auf das Fenster.“ Es sei zwar noch strittig, ob man wirklich dazu verpflichtet sei, aber so wäre man auf jeden Fall auf der sicheren Seite.

Nach viel technischem Input nahm Paul Prunty, Produktmanager Fenstertechnik beim Gastgeber und Beschlagshersteller G.U., die Teilnehmer mit auf eine kurzweilige Zeitreise der Fensterbeschlagtechnik – angefangen hatte alles mit dem Atlas-Beschlag zum Kippen der Fenster: Der Techniker Viktor Gretsch gründete 1907 die beiden Firmen Gretsch und Unitas Metallwarenfabrik und in seiner Werkstatt in Stuttgart fertigt er mit zehn Mitarbeitern Fensterfeststeller, Kleinbeschläge und den Oberlichtschnurzug Atlas.

Chemischer Holzschutz – ja oder nein?

Die fachliche Leiterin der Tagung, Odette Moarcas vom ift, berichtete über ein Forschungsprojekt von ift und WKI: „Optimierung des chemischen Holzschutzes“ und kam dabei zu dem ­Ergebnis: Eine Vorhersage von Fäulnis sei generell nicht möglich. Anschließend sensibilisierte sie die Teilnehmer für die Inhalte der neuen DIN 68800: Das Ziel der DIN sei es, die Reduzierung des chemischen Holzschutzes auf ein notwendiges Minimum zu drücken.

Auch Martin Wiesmann vom Oberflächenanbieter Remmers wies in seinem Vortrag darauf hin, dass die Branche kein grundsätzliches Problem mit Holzfensterschäden habe und man nicht alles mit Holzschutz „vollpumpen“ müsse. „Wir bauen so viele Holzfenster, die keine Probleme machen – ich habe manchmal den Eindruck, dass wir zu viel über diese Probleme im kleinen einstelligen Prozentbereich sprechen. Die Kunststofffensterhersteller machen auch Mist, aber verschweigen diesen viel eher.“

Dazu kamen zwei Tipps von ihm: Die Abdichtung der Glasfalzleiste sei ein wichtiges konstruktives Qualitätsmerkmal. Und: „Vereinbaren Sie im Bauvertrag die durchgeführten chemischen Holzschutzmaßnahmen.“

Der Fensterbauer Detlef Timm schilderte im Anschluss seine eigenen Erfahrungen im Umgang mit Holzfenstern und spitzte sein Fazit auf die Formulierung zu: „Hirnholzschutz und Fugensiegel – damit ist schon viel gewonnen.“ Probleme würden bei einem mit chemischen Holzschutz behandelten Fenster nur zeitlich verzögert auftreten – die konstruktiven Schutzmaßnahmen bleiben das A und O für den Fensterbauer und -monteur.

Die rechtlichen Aspekte zum chemischen Holzschutz lieferte Jörg Teller von der Rechtsanwaltsgesellschaft SMNG. Es zeigte auf, dass es keine Verpflichtung zur Anwendung eines chemischen Holzschutzes gebe, weil in der Norm nur eine informative Empfehlung – dort werde das Wort „soll“ benutzt – stehen würde. Der Fensterbauer müsse aber seine Erkundigungs-, Hinweis- und Aufklärungspflicht erfüllen. Dies werde zweckmäßigerweise vor Angebotsabgabe erledigt. Sein Tipp: „Machen Sie eindeutige Wartungshinweise, sonst kann der Auftraggeber davon ausgehen, dass er seine Fenster nicht warten und pflegen müsse.“

In der abschließenden Diskussion wurde noch einmal deutlich, dass viele Holzfensterhersteller dem chemischen Holzschutz lieber weniger als mehr Beachtung schenken möchten: Beispielsweise beklagten nochmals Jan Sehlmann und Eduard Appelhans, dass der chemische Holzschutz viel zu wichtig genommen werde. Es komme doch zuerst auf den konstruktiven Holzschutz an. Und, vielmehr solle man doch auf solchen Veranstaltungen die Vorteile und positiven Aspekte des Holzfensters thematisieren.

Auch der Gastredner aus Österreich, Peter Schober von der Holzforschung Austria, schlug in die gleiche Kerbe: „Ich kann die Aufregung in Deutschland nicht so recht verstehen. Man sollte doch bestrebt sein, auf den Holzschutz zu verzichten, denn wir wissen alle, dass wir damit keinen konstruktiven Mangel ­korrigieren können.“ —

Daniel Mund

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