Gealan Geschäftsführer Ivica Maurović eröffnete am 2.6.22 das Zukunftsforum und begrüßte die BesucherInnen vor Ort in Oberkotzau und auch an den Bildschirmen. Er hob dabei hervor, dass Fenster und Türen in der Vergangenheit als Bauelemente bezeichnet wurden, künftig werde man Ihnen den Namen „Energieelemente“ und „Designelemente“ geben müssen – schließlich lassen sich diese perfekt in ein Haus der Zukunft einbauen.
Gealan befinde sich am Ende einer Strategieperiode: „Wir haben viele Ziele erreicht!“ Jetzt gelte es neue Themen zu definieren und zu fokussieren, beispielsweise die Nachhaltigkeit und den Service für den Kunden.
Gleich im Anschluss fasste Dr. Greiner von der Munich Strategy in seiner Keynote die neuen Spielregeln für den Fensteranbieter der Zukunft zusammen. Er fragte, was das neue „Normal“ sein werde, nicht ohne auch gleich auf das alte „Normal“ zurückzuschauen: Die Baubranche und insbesondere die Fensterbranche könne auf konstantes Wachstum über Jahre, sogar Jahrzehnte hinweg, zurückblicken. Die Baupreissteigerungen waren ebenfalls relativ konstant und moderat. Der Experte fasste diese Periode zusammen: „Jeder hat Geld verdient und keiner war zufrieden.“
Der Baubranchen-Analyst prophezeite, dass die Zukunft anders aussehen werde: „Wir haben das Phänomen der Gleichzeitigkeit von mehreren Krisen: Klimakrise, Inflationskrise, Nahrungsmittelkrise, Fachkräftemangel.“ Insgesamt stehe das Schreckgespenst einer Rezession im Raum. Aber er machte zugleich Mut: Schließlich sei der Auftragsbestand riesig, über 800 000 Wohnungen seien bereits geplant und wollten noch gebaut werden (Stichwort Bauüberhang). Damit könne man schon noch eine längere Periode durchhalten.
Mit Blick auf die unterschiedlichen Märkte und Werkstoffbereiche gab Dr. Greiner einen profunden Ausblick: Der PVC-Bereich laufe nach wie vor hervorragend – im Vergleich zu anderen Materialien. In Deutschland würden zwar die Produktionsumfänge stagnieren – anders als in Polen beispielsweise – aber hierzulande werde die handwerkliche Fensterproduktion weiter zurückgehen. Auf der Gewinnerseite würden produzierende Betriebe stehen, der sich immer mehr zum industriellen Unternehmen weiterentwickelten, für die also die Digitalisierung und die Verkettung in allen Bereichen gelebt werde.
Was den Markt angeht, so sagt Dr. Greiner voraus, dass Konsumenten nicht mehr zu jedem Preis kaufen werden. Kunden werden sich schlau machen, wann das Renovieren am günstigsten sei. Das Ergebnis: Der Wettbewerbsdruck bei den Leistungsanbietern werde steigen.
Die Inflationsthematik werde weiter brisant sein, es steht zu befürchten, dass der Preisdruck anhalten werde. Dies hat zur Folge, dass die Verteilungskämpfe intensiver geführt werden – auch mit den Vorlieferanten. Ganz klar stehe die Kosteneffizienz und die Einführung weiterer digitaler Prozesse auf der Agenda jedes produzierenden Betriebes.
Energieeffizienz wird zentrales Entscheidungskriterium
Auch an der Nachhaltigkeit komme man nicht vorbei, so Dr. Greiner: Die Energieeffizienz werde zu einem zentralen Entscheidungskriterium bei den Kunden werden – inklusive des Themas der Kreislaufwirtschaft.
In seinem Schlussplädoyer verdeutlichte er, dass die Digitalisierung kein Selbstzweck sei: Diese müsse einzahlen auf Schnelligkeit, Visibilität, Effizienz und smarte Produkte sowie die durchgängige Kommunikation mit dem Kunden (vom Lieferanten bis zum Endkunden). Und in Zukunft komme man auch an der digitalen Bauplanung (Stichwort BIM) nicht mehr vorbei.
Dr. Greiners Fazit: Er geht von neuen Spielregeln aus, die sich etablieren werden: „Der Fenstermarkt wandelt sich zum Leistungsmarkt.“
Neues Allround-Profil vorgestellt
Wie es sich für ein Zukunftsforum gehört, wurde im weiteren Verlauf ein Ausblick auf die Produkt-Weiterentwicklungen bei Gealan gegeben. André Wünsche (Produkt- und Innovationsmanagement) hat im Zuge dessen das neue System „Kontur“ in der Bautiefe von 82,5 mm vorgestellt. Dieses System wird entwicklungstechnisch im Baukasten S 9000 platziert. Auf der Bühne spricht Wünsche vom „vielleicht besten Standardsystem, das es auf dem Markt gibt“, weil man an alles gedacht habe und damit vor allem auch designmäßig alle Gestaltungsoptionen habe – angefangen von der Folierung, über die Aluschalen-Bestückung bis hin zu einer Acrylcolor-Ausbaustufe, die dann spätestens 2024 möglich sei. „Kontur“ selbst werde 2023 verfügbar sein, aktuell würden bereits Pilotkunden mit dem System arbeiten.
Zudem werde, so konnten die Produktentwickler verkünden, mit „Gealan-Comfort“ demnächst eine bodengleiche Schwelle für barrierefreies Bauen verfügbar sein.
Der zweite Tag des Internationalen Zukunftsforums stand im Zeichen der Mega-Themen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Den Auftakt machte Charlotte Röber, Geschäftsführerin der EPPA, die die europäische Nachhaltigkeits-Politik in Bezug auf Kunststoff-Profile, den „Green Deal“, erläuterte. So sei der Gebäudesektor heute für 40 Prozent des Energieverbrauchs in Europa verantwortlich – bis 2050 möchte die EU allerdings klimaneutral werden. Wie das gelingen könne? „Ressourcen sparen – Rezyklate einsetzen“, denn, wie Charlotte Röber erklärte, wurde bereits 2019 der CO2-Ausstoß allein durch den Einsatz von Rezyklaten um rund 726 000 Tonnen gesenkt. Passend dazu erläuterte Dr. Michel Sieffert, Leiter Forschung & Entwicklung bei Gealan, wie das Systemhaus durch Rezyklateinsatz, effizientere Maschinen und verbesserte Transport- und Logistik-Prozesse nicht nur CO2, sondern auch wertvolle Energie einspart.
Weiter vorgestellt wurde auf der Bühne die kürzlich gelaunchte Marke Texino. Hier werde man im Smarthome-Bereich eine neue Produktvielfalt bieten, die über das Fenster hinaus Verbindungen zu anderen Gewerken und Herstellern eröffnet. Eine Vorstellung von weiteren digitalen Services entlang der gesamten Wertschöpfungskette rundete das Hybrid-Event ab: So kann Gealan von Vertrieb über Planung bis hin zu Aftersales-Angeboten den kompletten Prozess von der Fensterskizze bis zur Wartung verbauter Elemente mit modernsten digitalen Lösungen begleiten und erleichtern.