Der Kurs in der Bau- und Sanierungspolitik stimmt nicht, so die Meinung von Thomas Drinkuth von der RTG, der Lobbyvertretung der Fenster-, Glas- und Sonnenschutzbranche in Berlin. Die Fördererhöhung für die Sanierung von Fenstern auf 30 % ist jedenfalls erstmal vom Tisch. Und auch sonst lässt Drinkuth kein gutes Haar an den Ampel-Beschlüssen.
In den laufenden Verhandlungen zum Haushalt 2024 zeichnet sich deutlich ab, dass die Bundesregierung die angekündigte Fördererhöhung für energetische Sanierungsmaßnahmen auf 30% zurückziehen wird.
Die Repräsentanz Transparente Gebäudehülle, die die Branchen Glas, Fenster, Fassade, Sonnenschutz und Automation im politischen Berlin vertritt, kann dafür wenig Verständnis aufbringen. Thomas Drinkuth, Leiter des Hauptstadtbüros, kommentiert: „Die Fördererhöhung sollte – zusammen mit der Sonderabschreibung für Wohnungsneubauten – das Herzstück des vom Kanzler im September verkündeten Unterstützungspaketes für die Bauwirtschaft bilden. Drei Monate später hat sich an der Bau- und Sanierungskrise nichts zum Positiven verändert – aber die Bundesregierung zieht die wichtigste Unterstützung zurück. Das ist ein Tiefschlag für alle betroffenen Branchen.“
Nicht zum ersten Mal in dieser Legislaturperiode hat die Bundesregierung in der Gebäudeenergiepolitik umgesteuert und damit die Rahmenbedingungen für Neubau und Sanierung weiter verschlechtert. Der mehrfache abrupte Stopp der Neubauförderung und die Kehrtwende bei der Novelle der EU-Gebäuderichtlinie, die von der Bundesregierung erst unterstützt und später abgeschwächt wurde, sind nur zwei Beispiele. „Der Gebäudesektor ist auf Grund der langen Planungszeiträume und der hohen Investitionen wie kein anderer auf verlässliche politische Rahmenbedingungen angewiesen. Wenn man eine Förderung ankündigt, muss sie auch kommen. Langes Hin und Her ist Gift für den Markt – vor allem wenn am Ende immer eine Enttäuschung steht. So eine Politik wird der wirtschaftlichen Bedeutung der Baubranchen nicht gerecht“, kritisiert Drinkuth.
Die Folgen seien absehbar: Die Sanierungsrate werde weiter sinken, die energetisch schlechten Gebäude würden nicht für Wärmepumpen fit gemacht. Der Energieverbrauch des Gebäudesektors bleibe insgesamt auf einem viel zu hohen Niveau und damit anfällig für Versorgungskrisen wie im vergangenen Winter. Auf lange Sicht könne der hohe Energiebedarf nicht von erneuerbaren Energien gedeckt werden. Und nicht zuletzt: In der Bauwirtschaft drohe der Abbau von Arbeitsplätzen, was dann auch die Krise im Neubau und auf den Wohnungsmärkten verschärfen würde. Wenn die Baunachfrage wieder steigt, kann sie lange Zeit nicht bedient werden. „Die Sparpolitik der Bundesregierung verschlimmert die Investitionskrise beim Bauen und Sanieren und damit auch die Wohnungsnot“, so Drinkuth weiter. „Entweder die Bundesregierung korrigiert diesen Kurs, oder sie geht mit einer fatalen Bilanz in die nächste Bundestagswahl. Noch ist Zeit, das Ruder herumzureißen.“
Dazu erklärt der GIH-Bundesvorsitzende Stefan Bolln
„Die gute Nachricht für Hausbesitzende und Energieberatende ist, dass sich die Bundesregierung mit ihrer Entscheidung, die leider unumgänglichen Kürzungen vor allem in anderen Bereichen vorzunehmen, klar zur Gebäudesanierung und zur Wärmewende bekannt hat. Auch die Rückkehr zum ursprünglichen Pfad der CO2-Bepreisung lesen wir als Zeichen in diese Richtung. Bauchschmerzen bereiten uns jedoch die Kürzungen bei den Bauprogrammen sowie die Rücknahme eines Großteils der bereits beschlossenen Ausweitung der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) – darunter auch die Aufstockung der Fördersätze für Effizienzmaßnahmen an Gebäuden. Mit Blick auf die Zielvorgabe der Weltklimakonferenz, das Tempo bei der Energieeffizienz bis 2030 zu verdoppeln, müsste das Pendel hier eigentlich in die andere Richtung ausschlagen.“
[…] Kurzfristig ist vor allem wichtig, dass die aktuell auf Eis liegenden Förderprogramme unverzüglich wieder geöffnet werden und die Bundesregierung schnellstmöglich die finale Fassung der ab 2024 geltenden BEG veröffentlicht. […] Je länger Sanierungsprojekte durch formale Hindernisse blockiert werden, desto stärker sinkt die Motivation, diese auch in die Tat umzusetzen.“ (GiH: Gebäudeenergieberater im Handwerk e.V)
So sieht der VFF-Geschäftsführer die Beschlusslage
Maßnahmen an der Gebäudehülle werden wie in der Vergangenheit jetzt nur mit 15 Prozent gefördert, zzgl. weiterer 5 Prozent, wenn ein individueller Sanierungsfahrplan (iSFP) vorliegt. Damit reduziert sich die zunächst in der Förderrichtlinie verabschiedete Förderung von bis zu 30 Prozent auf jetzt nur noch bis zu 20 Prozent.
Die Diskussionen um das GEG (Heizungsgesetz) und die Unsicherheiten bei der BEG-Förderung haben viel Verunsicherung gebracht. Viele Investitionen in energetische Sanierung wurden zurückgestellt. „Zumindest herrscht jetzt Klarheit, wie es weitergeht. Die Auswirkungen des Verzichtes auf einen ´Konjunkturbooster` in die energetische Sanierung werden sich aber bald zeigen", so Frank Lange, Geschäftsführer des VFF. „Es könnte dazu führen, dass sich die Baukrise verschärft, Arbeitsplätze verloren gehen und die Klimaziele im Gebäudebereich unerreichbar werden. Wir werden uns mit unseren Gesprächspartnern dafür einsetzen, dass die Bundesregierung diesen Kurs einer unzureichenden Bau- und Sanierungspolitik korrigiert."