Warum ist Internorm zur größten europäischen Fenstermarke aufgestiegen? Und warum ist das internationale Fensternetzwerk (IFN) zu Europas Marktführer für Gesamtlösungen rund um Fenster, Türen, Fassaden und Sonnenschutz avanciert? Diese Fragen galt es anlässlich eines Firmenbesuches in der Konzernzentrale in Traun zu beantworten.
Zunächst aber überrascht nach meiner Anfahrt der etwas „unaufgeregte“ Firmensitz: Hier regiert nicht Protz oder Prunk, sondern vielmehr der Charme reiner Funktionalität. Die Vermutung liegt nahe, dass man es mit einem Unternehmen zu tun hat, welches sich auf seine Produkte konzentriert und weniger auf das äußere Erscheinungsbild seiner Produktionswerke.
Logistik einmal anders
Vom Firmenparkplatz aus fallen einem gleich die unzähligen Container auf, die wohl darauf warten, per Zugmaschine ihren Weg nach Europa anzutreten. Im späteren Gespräch mit den Geschäftsführern Mag. Christian Klinger und Dr. Thomas Vondrak wird meine Annahme aber gleich korrigiert: Die Container werden zum größten Teil zum naheliegenden Bahnhof transportiert – von da an geht ein Großteil der Fenster und Türen per Bahn auf Reise. Ursache dieses etwas ungewöhnlichen Transportwegs ist die Tatsache, dass 1979 in Traun ein Logistikzentrum mit einem Containerumschlagplatz gebaut wurde. Diese Chance nutzte man damals zum Einstieg in den „kombinierten Verkehr“. Auch die Produkte der anderen Werke in Sarleinsbach und Lannach werden über dieses Logistikzentrum ausgeliefert. Nur die letzte Wegstrecke von der Bahn zum Fachhändler wird per Lkw bedient. Damit halte man nicht nur die Logistikkosten auf niedrigem Niveau, sondern zugleich könne dadurch die CO2-Emission durch den Werksverkehr sehr niedrig gehalten werden. 2010 wurden auf diese Weise rund 2000 t CO2 eingespart.
Wie so oft hat sich die Standortfrage auch bei dem familiengeführten Unternehmen Internorm aus der Historie ergeben: In Linz in der Nähe von Traun hat bereits Christian Klingers Großvater Eduard vor 80 Jahren die Bau- und Konstruktionsschlosserei Klinger als Ein-Mann-Betrieb gegründet. Das Jahr 1963 markierte dann eine entscheidende Zäsur für das noch kleine Unternehmen. Klinger erwarb ein Patent zur Kunststofffensterfertigung in Österreich. Damit wurde der Grundstein für die rasante Entwicklung im Fensterbau gelegt. Ab dem Jahr 1966 wurde für diese Fensterherstellung in Traun ein eigenes Werk errichtet.
Erfolgsfaktor Markenbewusstein
Die nachfolgende Generation konzentrierte sich in den 1980er-Jahren auf die Internationalisierung des Unternehmens. Dazu wurde bereits 1966 ein eingängiger Name gefunden: „Internorm“. Dies drückte schon damals die Vision aus: eine internationale Norm im Fensterbau. „Mein Großvater allerdings war gar nicht mit der Wortmarke einverstanden und fragte damals, ob der Name ,Klinger´ jetzt nicht mehr gut genug sei,“ so der jetzige Unternehmenslenker.
Heute ist für das Unternehmen die Marke und die damit verbundene Bekanntheit wesentlicher Erfolgsfaktor: Klinger: „In Österreich kennen auch viele Endverbraucher die Marke Internorm und verbinden damit gewisse positive Werte.“ Diese Markenbekanntheit werde man sukzessive auch in Deutschland und in den anderen 19 Ländern, in denen man aktiv ist, vorantreiben.
Der Fensterhersteller stellt alle seine Bauelemente für den Gesamtmarkt in drei Produktionswerken in Österreich mit folgenden Produkt-Schwerpunkten her:
- Werk Traun: Kunststoff-, Aluminium- und Glas-Produktion
- Werk Lannach (Steiermark): Holz-Alu-Fenster. Zunächst als Kunststofffenster konzipiert, wurden 1988 zunächst Holzfenster produziert. Heute beschränkt man sich dort ausschließlich auf die Herstellung von Holz-Alu-Fenstern.
- Das größte Werk ist in Sarleinsbach und wurde 1977 von einem lokalen Fensteranbieter übernommen. Seit 1979 werden dort PVC-Profile selbst extrudiert.
Der Grund zur eigenen Profilextrusion war die Unabhängigkeit und die Möglichkeit, eigenständige Innovationen schneller vorantreiben zu können. Dieser Innovationswille hat sich bis heute gehalten. Klinger: „Wir haben ganz bewusst einen der schnellsten Innovationszyklen in der Branche und unser Entwicklungsaufwand ist extrem hoch. Das ist ein Merkmal unserer Marke und dieses Bewusstsein ist beim Endkunden vorhanden. Damit differenzieren wir uns deutlich von anderen Unternehmen.“
Generell gilt das Unternehmen als Anbieter hochwertigster Produkte – gerade im Passivhaussegment. Die Neuentwicklungen Thermo Passiv und Thermo Design, die auf der BAU Anfang des Jahres präsentiert wurden, erzielen hervorragende Wärmedämmwerte und verfügen dazu über modernstes Design. Heuer werde man dazu noch eine Innovation im Haustürbereich vorstellen, verrät Dr. Vondrak beim Firmenrundgang: „Durch besondere Einlagen im Inneren der Tür erzielen wir nicht nur hervorragende Dämmwerte, sondern verhindern auch, dass sich das Türblatt verzieht.“ Christian Klinger fügt zum Thema Weiterentwicklungen hinzu, dass man auch auf der fensterbau/frontale im nächsten Jahr wieder einige Neuheiten präsentieren werde. Details mochte er dazu aber noch nicht verraten.
Qualität heißt auch Liefertreue
Neben diesen schnellen Taktzahlen bei der Präsentation neuer Produkte legt man genauso viel Wert auf die Qualität und die Rückkopplung mit den Stellen, mit denen man interagiert. Dabei gelte: Nicht nur das Produkt müsse begeistern, sondern es müsse zugleich auch zum vorausgesagten Zeitpunkt ausgeliefert werden, so Dr. Vondrak, Geschäftsführer mit Schwerpunkt Zukunftstechnologien. Dabei komme es sowohl auf kurze Lieferzeiten als auch auf die Einhaltung der Liefertermine an. Internorm stehe dabei mit 97 Prozent Liefertreue ganz weit oben. Die Lieferzeiten betragen normalerweise vier Wochen – aufgrund der aufgestauten Aufträge sei man aktuell bei ca. sechs Wochen Lieferzeit angelangt.
Wer wie Internorm die Performance in Sachen Qualität und Liefertreue besonders hoch setzt, erwartet auch, dass der Fachhändler dies gegenüber seinen Kunden entsprechend einhält. Dazu werden Händler intensiv geschult und erhalten weitere Unterstützungen. Aber auch beim Endkunden wird die Zufriedenheit überprüft: Bislang hätte man bereits 65000 Endkunden befragt. Das Ergebnis, so Klinger, könne sich sehen lassen: 98 Prozent sind „äußerst“ bzw. „sehr zufrieden.
Äußerst zufrieden dürften wohl auch die Mitarbeiter im Unternehmen sein. Der Firmenlenker sagt im Gespräch: „Branchenteilnehmer beklagen oft das Fehlen des unternehmerischen Denkens der Mitarbeiter, vergessen aber, dass man mit diesem Anspruch bereit sein muss, die Beschäftigten entsprechend zu entlohnen.“ Bei Internorm sind die Mitarbeiter zusätzlich zu dem Grundgehalt auch am Erfolg beteiligt: Im Geschäftsjahr 2010 habe man rund 10 Mio. Euro als Erfolgsbeteiligung ausgeschüttet.
Aber der Grundgedanke, der über allem stehe, sei „Fördern und Fordern“: „Wir erwarten ein hohes Engagement unserer Mitarbeiter, möchten aber auch dieses Engagement durch gezielte Maßnahmen fördern,“ so Betriebsleiter Konrad Wiesinger. Dabei zählt er die Details auf: Es gibt ein firmeneigenes Gesundheits- sowie ein Qualifikationsprogramm. „Wichtig ist uns auch das betriebliche Vorschlagswesen, das zum Ziel hat, das Ideenpotenzial aller Mitarbeiter (nicht nur das der Manager und Experten) zu nutzen.“
Rekord-Investitionsprogramm
Auch in die „Hardware“ – also in die Produktionsstätten und Anlagen – wurde in der Vergangenheit immer kräftig investiert: In diesem Jahr wurden 29 Mio. Euro in die Erneuerung und Erweiterung bestehender Standorte gesteckt: Mit 5 Mio. Euro wurde das Holz/Alu-Bearbeitungszentrum in Lannach modernisiert (Umstellung auf Einzelteilfertigung). Und im Werk Sarleinsbach wurde das Hochregallager den gestiegenen Anforderungen angepasst. Im Stammwerk in Traun wird gerade zusätzlich eine komplette Kunststoff-Linie mit kleiner Kapazität in einer neuen Halle eingerichtet. Damit sei man dann in der Lage, Neuentwicklungen, die noch keine großen Stückzahlen abwerfen, schlank und effektiv zu fertigen.
Die größte Investition (7,5 Mio. Euro) betraf allerdings die eigene ISO-Fertigung: In Traun wurde dazu eine ganz neue Linie vom Maschinenanbieter Lisec eingerichtet. Betriebsleiter Wiesinger dazu: „Im März 2010 wurde mit dem Hallenbau begonnen, im Januar 2011 wurden die Anlagen eingerichtet und im Juni startete die neue ISO-Fertigung. Bereits jetzt läuft die Anlage besser als wir angenommen haben.“ Nötig geworden war die Aufstockung der ISO-Fertigung durch die starke Nachfrage nach 3-fach-ISO: Geplant hatte man noch mit einem Anteil des 3-Scheiben-Glases im Jahr 2011 von gut 50 Prozent. Mittlerweile werden aber schon 70 Prozent der Fenster mit diesen Gläsern ausgeliefert, so Wiesinger. —
Internationales Fensternetzwerk (IFN)
Mit der Gründung des internationalen Fensternetzwerks (IFN) im Jahre 2002 entstehen neben Internorm selbstständige, spezialisierte Unternehmen innerhalb einer Gruppe, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Lösungen rund um Fenster, Türen, Fassaden und Sonnenschutz bereitzustellen. Das Netzwerk soll den Wissenstransfer unterstützen und gemeinsame Synergien heben. Heute gehören zu IFN neben Internorm die Marken Schlotterer (Sicht- und Sonnenschutz), GIG (Fassadenbau), Topic (Haustüren), HSF (Fenster- und Türenbauer in der Slowakei mit hohem Exportanteil; Vertrieb auch über der Marke Actual Fenstertechnik.) Weitere Unternehmenszukäufe werden von der Geschäftsleitung nicht ausgeschlossen: „Denkbar ist, dass wir unser Produktportfolio so ergänzen, dass der komplette Bauelementebereich abgedeckt ist,“ so Klinger.
IFN wird von Mag. Christian Klinger, seiner Cousine Mag. Anette Klinger und dem Cousin DI (FH) Stephan Kubinger, MBA geleitet. Insgesamt peilt IFN 2011 einen Umsatz von knapp 400 Mio. Euro (2010: knapp 360 Mio. Euro) an. Die Gruppe beschäftigt 2472 Mitarbeiter und hat 2010 1142000 Einheiten hergestellt.
Internorm selbst hat 2010 rund 840000 Fenstereinheiten gefertigt. Davon allein 720000 aus Kunststoff. 2010 setzte man 305 Mio. Euro um – davon allein im eigenen Land 46 Prozent. Der Auslandsanteil beträgt demnach 54 Prozent – wichtigster Markt ist dabei Deutschland. Hier stagnierten aber die Absätze im vorigen Jahr.
Besonders interessant für Internorm entwickelten sich dagegen die Schweiz (+11 %), Italien (+14 %) und Frankreich (+10 %). Die Förderungen der thermischen Sanierungen hätten sich hier besonders positiv ausgewirkt, so Klinger. Weniger positiv hätte sich dagegen England (–23 %) und Osteuropa (–8 %) entwickelt: Man sehe sich dort mit einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld konfrontiert.
Grundsätzlich scheue man keine weiteren Markt- und Länderoffensiven, aber fest stehe auch, dass Internorm erst dann neue Märkte bearbeitet, wenn man auch eine entsprechend starke Händlerstruktur aufbauen könne.