GLASWELT – Herr von Vulté, eine Schulungspflicht für die Verwendung von PU-Schäumen – können Sie verstehen, dass nicht alle Anwender diese neue Verpflichtung nachvollziehen können?
Alexander von Vulté – Ich kann verstehen, dass die Schulungspflicht nicht immer sofort auf Verständnis stößt. Denn bei ordnungsgemäßer Anwendung ist PU-Schaum vollkommen sicher und ungefährlich. Genau deshalb halte ich es für sehr sinnvoll, Verarbeiter in der richtigen Verwendung zu schulen. Schließlich sollen sie in ihrem Arbeitsalltag vor potenziellen Risiken geschützt werden. Durch die Auffrischung alle paar Jahre werden sie stets aufs Neue im Umgang mit PU-Schaum sensibilisiert.
GLASWELT – Für wen gilt diese verpflichtende Schulung und ab wann?
von Vulté – Verarbeiter müssen bis zum 24. August nächsten Jahres im sicheren Umgang mit diisocyanathaltigen Produkten geschult und zertifiziert sein. Dies gilt für alle gewerblichen und industriellen Verwender von Produkten mit einer Gesamtkonzentration an monomerem Diisocyanat von ≥ 0,1 %. Solche Produkte werden ab dem 24. Februar 2022 mit einem Hinweis auf dem Etikett gekennzeichnet sein, der auf den Schulungsbedarf hinweist. Die neue gesetzliche Regelung betrifft nur PU-Produkte im gewerblichen und industriellen Bereich. Für private Endverbraucher ist vor einigen Jahren eine separate REACH-Beschränkung in Kraft getreten.
GLASWELT – Muss der Anwender sich darum selbst kümmern oder ist das eine Sache des Montagebetriebes?
Von Vulté – Nach dem 24. August 2023 muss der Arbeitgeber bzw. Montagebetrieb sicherstellen, dass professionelle Anwender vor der Nutzung entsprechender Stoffe eine Schulung über die sichere Verwendung von Diisocyanaten erfolgreich abgeschlossen haben. Für eine einfache Anwendung werden Online-Schulungen zur Verfügung gestellt. Zusätzlich wird es Schulungsmaterial für individuelle Präsenz-Schulungen geben. Je nach Risiko der Anwendung variiert der Schulungsinhalt. Für jede spezifische Anwendung wird es passende Schulungsmodule geben.
Ein dokumentierter Nachweis der Teilnahme an einer Schulung ist für alle gewerblichen und industriellen Verwender der betreffenden PU-Produkte zwingend erforderlich.
Soudal
GLASWELT – Auf dem Bau wird schon mal das Leiharbeitsgesetz oder die Konformitätserklärung für das CE-Zeichen kontrolliert. Glauben Sie, dass ein PU-Schaum-Anwender jemals seine Schulungsbestätigung vorweisen muss?
von Vulté – Ein dokumentierter Nachweis der Teilnahme an einer Schulung, einschließlich einer erfolgreich absolvierten Abschlussprüfung, ist für alle gewerblichen und industriellen Verwender der betreffenden PU-Produkte zwingend erforderlich. Es sind allerdings die Arbeitgeber, die dokumentieren müssen, dass ihre Mitarbeiter die notwendigen Sicherheitsschulungen erfolgreich absolviert haben. Arbeitgeber müssen Aufzeichnungen über die Zertifizierung führen, um im Falle einer Kontrolle nachweisen zu können, dass ihr Personal geschult wurde. Die Schulung muss mindestens alle fünf Jahre erneuert werden.
SCHULUNGSPFLICHT FÜR PU-SCHAUM-VERWENDUNG
Eine in 2020 in Kraft getretene EU-Verordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) nimmt Industrie und Handwerk diesbezüglich jetzt europaweit in die Pflicht: Sie schreibt ab August 2023 eine EU-weite Schulungspflicht zum Umgang von Produkten mit Diisocyanaten vor. So sollen durch eine möglicherweise unsachgemäße Verwendung von PU-Schäumen verursachte Haut- und Atemwegssensibilisierungen verhindert werden. Ein entsprechender Hinweis auf den Verpackungen wird schon ab 2022 zur Pflicht.
FEICA (der Verband der europäischen Kleb- und Dichtstoffindustrie ) verweist unter https://www.feica.eu/PUinfo mit einer englischsprachigen Seite auf die Schulungsseiten für die EU. Soudal bietet eine eigene Website zum Thema an.
GLASWELT – Wie steht Soudal zur Schulungspflicht? Wenn der Umgang mit Diisocyanaten so problematisch ist, warum versucht man dann nicht eher, auf diese Produkte zu verzichten?
von Vulté – Wie im Falle aller chemischen Stoffe, sind auch Diisocyanat-Anwendungen sicher, vorausgesetzt die relevanten Risikomanagementmaßnahmen werden angewendet bzw. eingehalten. Die Beschränkung verfolgt das Ziel, unsichere Verwendungen zu vermeiden, aber nicht die Verfügbarkeit der entsprechenden Produkte zu reduzieren. PU-Klebstoffe und -Dichtstoffe haben einzigartige Eigenschaften, weshalb sie weiterhin zum Einsatz kommen und nachgefragt werden. Soudal arbeitet natürlich auch an alternativen Technologien. Isocyanatarme sowie isocyanatfreie Rezepturen stehen bereits zur Verfügung, Soudafoam PURe z. B. ist ein halogenfreier, schwer entflammbarer (DIN 4102-1), sehr isocyanatarmer (<0,1 %), einkomponentiger Polyurethan-Füllschaum mit nachhaltig guten Werten in den Bereichen Gesundheit, Arbeitsschutz, Ökologie und Energieeffizienz. Soudafoam PURe erfüllt die DGNB-Kriterien Qualitätsstufe 1 – 4 in den Anwendungen Fenster- und Türmontage.
GLASWELT – Wie unterstützt Soudal die Anwender in der Schulungsverpflichtung? Muss man dazu zu Ihnen nach Leverkusen anreisen?
von Vulté – Nicht unbedingt. Es wird neben Präsenzschulungen auch Webinare und webbasiertes Online-Training geben. Schulungsmaterial wird von der FEICA, dem Verband der europäischen Kleb- und Dichtstoffindustrie, in Abstimmung mit ISOPA und ALIPA, den europäischen Industrieverbänden der Diisocyanathersteller, vorbereitet. Soudal ist Teil dieses Industriekonsortiums, welches zudem eine Schulungsplattform entwickelt hat, die das Schulungsmaterial digital auf verschiedene Weise bereitstellt, als Webinar und E-Learning.
Über Soudal-Produkte und deren fachgerechte Anwendung können Verarbeitende sich unter www.pu-training.com informieren. Darüber hinaus haben wir Schulungsunterlagen für individuelle Präsenz-Schulungen erstellt. Diese können wir am Standort in Leverkusen anbieten. Dazu haben wir ein Konzept mit akkreditierten Trainern vor Ort und im Handel ausgearbeitet.
GLASWELT – Werden Ihrerseits nur Soudal-Kunden geschult, oder kann zu Ihnen jeder kommen?
von Vulté – Wir bieten Kunden Schulungsmöglichkeiten, da es unser Interesse ist, die Nutzer bestmöglich zu informieren und im Umgang mit unseren Produkten zu schulen und zu unterstützen. Über Soudal-Produkte und deren fachgerechte Anwendung können sich alle Verarbeitende auf einer eigenen Website informieren, darüber hinaus sind wir an der Erstellung von Schulungsunterlagen auf Industrieebene beteiligt.
GLASWELT – Welche anderen Schulungsangebote bieten Sie Ihren Kunden?
von Vulté – Wir bieten qualifizierte Schulungen für Verarbeitungen, Einweisungen am Objekt, Tandembesuche beim Verarbeiter, Online-Seminare, Video-Tutorials, Roadshows und hoffentlich bald auch wieder Messen. Denn wir möchten die Zusammenarbeit mit uns und unseren Produkten so einfach und effektiv wie möglich machen.
Wir glauben, dass zu einer umfassenden Unterstützung unserer Kunden und Partner mehr gehört, als hochwertige Produkte zu produzieren. Wir kennen die Herausforderungen und möchten mit unseren vielseitigen Angeboten die erfolgreiche Arbeit vielfältig unterstützen.
GLASWELT – Vielen Dank für Ihre Auskünfte