Dämmstege stecken im Inneren von Aluminium- und Metallprofilen für Fenster und Fassadenverglasungen – als thermische Trenner zwischen der Außen- und Innenseite. Doch obwohl seit über vier Jahrzehnten etabliert, hat der Dämmsteg noch erhebliches Verbesserungspotenzial: Ein Empa (Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt)-Team um Michel Barbezat und Giovanni Terrasi von der Abteilung „Mechanical Systems Engineering“ arbeitet an einem neuartigen Produkt – zusammen mit Experten des Metallbauunternehmens Hochuli im schweizerischen Wigoltingen, das dazu eigens die Schwesterfirma „hochuli advanced“ gegründet hat.
Der Clou des „Alpet“-Dämmstegs: Im Inneren des glasfaserverstärkten Kunststoffs steckt ein Schaumstreifen aus Polyethylenterephthalat – PET also, aus recycelten Flaschen. Die vielen Luftporen in dieser Schicht dämmen effizient: Die Wärmeleitfähigkeit der Prototypen liegt im Durchschnitt, je nach Stegbreite, bei etwa 0,1 W/mK – weit weniger als bei einem Standard-Dämmsteg aus dem Kunststoff Polyamid (etwa 0,25 W/mK) und auch deutlich tiefer als bei High-End-Produkten, die heute erhältlich sind.
Feinabstimmung mit vielen Tücken
Ein simpler Ansatz, wie es auf den ersten Blick erscheint – doch um die Idee in ein Produkt zu verwandeln, war im Rahmen eines Innosuisse (Schweizerische Agentur für Innovationsförderung)-Projektes viel Konzeptarbeit nötig. Beispiel Produktionsmethode: Nach Tests mit unterschiedlichen Verfahren entschieden sich die Fachleute für die so genannte Extrusion, bei der erhitzter, geschmolzener Kunststoff als weicher Teig durch einen Schlitz gepresst und so geformt wird – um den Streifen aus PET herum. Doch das warf wiederum Fragen auf, zum Beispiel nach dem Anteil der Luftporen in dieser „Füllung“.
„So viele wie möglich“ – lautet die Antwort, um eine hohe Dämmwirkung zu erreichen. Nur: „Zu viele“ hätte die Stabilität des vorbereiteten PET-Stranges gefährdet, weil seine Ummantelung mit dem schwarzen Kunststoff bei Temperaturen bis 300 Grad und hohem Druck geschieht. Auch die Dicke dieser Hülle passten die Forscher den Notwendigkeiten an: möglichst schmal für eine gute Dämmwirkung – doch dick genug, damit der Steg später auch die mechanischen Belastungen gut übersteht; inklusive der Nachbehandlung des fertigen Gesamtprofils, etwa das Pulverlackieren oder Eloxieren.
Aus zahlreichen Mustern destillierten die Entwickler sieben Varianten für Tests heraus – insgesamt rund 1000 Laufmeter Dämmsteg – und daraus schließlich den endgültigen Prototyp als Grundlage für fertige Produkte.
Auf diesem Weg gelang auch ein wichtiger Schritt im Produktionsverfahren: Der Steg verschweißt sich durch die Hitze quasi von selbst – ohne, dass noch eine „Naht“ verklebt werden muss. „Das ist schon ein großer Vorteil“, sagt Metallbauingenieur Frank Hochuli vom Industriepartner. „Es gibt keine lokalen Schwachstellen, an denen sich Material ablösen könnte. Und je weniger Arbeitsschritte, umso günstiger das Produkt.“
Ein langwieriger Prozess, der sich am Ende gelohnt hat, wie auch Empa-Forscher Barbezat findet: „Technisch gesehen haben wir sicher sehr gute Chancen“, sagt er. Die Messwerte und das Produkt, das sich trotz zweier Materialien einfach rezyklieren ließe, seien schon überzeugend. Und auch bei der nötigen Langzeit-Stabilität über viele Jahre, die sein Team mit Experimenten und der innovativen „Stepped Isostress Methode“ abzuschätzen versuchte, sind die Fachleute zuversichtlich.
Unabhängige Prüfungen beim ift in Deutschland
Eine Herausforderung sieht Barbezat freilich darin, ein großes Systemhaus, das Profile für Fensterbauer herstellt und vertreibt, von einer Kooperation zu überzeugen. „Verglichen mit großen Unternehmen sind wir schließlich ‚Nobodys‘“, sagt er. Um Kunden zu gewinnen, braucht es also auch einen unabhängigen Segen von oben – und so schickten die Partner ihren „Alpet“-Dämmsteg an das ift Rosenheim, das in der Branche seit Jahrzehnten als Referenz gilt.
Die Fachleute dort wiederholten die Schweizer Versuche, und setzen die Prototyen auch Brandversuchen, Bruchtests und anderen Belastungen aus. Mittlerweile liegen laut Frank Hochuli offizielle Zertifizierungen zum Brandverhalten und zur statischen Belastbarkeit vor; nur das Attest zur Wärmedämmung steht noch aus – wegen geringfügiger Differenzen bei einzelnen Messwerten, die an den positiven Resultaten freilich nichts ändern würden, so der Ingenieur.
Umweltfreundlicher mit geringem Aufwand
Wie würde sich der neue Dämmsteg im Gesamtsystem mitsamt Glasscheiben, Aluprofilen, Dichtungen und allen anderen Details auswirken? Verglichen mit heutigen High-End-Ausführungen ließe sich die Wärmdämmung, etwa in einem neuen Bürogebäude, durchaus um bis zu einem Fünftel verbessern, schätzt Hochuli. Und weil der Steg mit seinem „Schwalbenschwanz“ als Montage-Anschluss mit allen gängigen Systemen kompatibel ist, könne man bestehende Lösungen damit relativ einfach upgraden – zum Beispiel für hohe Anforderung nach Passivhaus-Standards. „Das schafft man mit Aluminiumprofilen heutzutage ja nur mit größter Mühe“, sagt er, „unser System würde das sicher erleichtern.“
Detaillierte Tests würden die Fabrikanten dann auch selbst übernehmen, in ihren eigenen Labors mit den eigenen Profilsystemen. Gespräche dazu finden bereits statt, so der Entwickler: „Ich bin auf jeden Fall optimistisch!“, sagt er. „Sonst hätte ich ja kaum eine Firma gegründet, um unsere Idee auf den Markt zu bringen.“ Ein Alleingang wird der weitere Weg dennoch nicht: Die Empa-Fachleute werden den Dämmsteg nach der jahrelangen Betreuung auch weiterhin mit ihrem Knowhow begleiten.