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Energieeffizienz oder Erneuerbare: Streit um die richtige Strategie für den Gebäudesektor

Berlin, ein Aufruf mit Nachhall: Fünf renommierte Wissenschaftler aus Architektur und Ingenieurwesen forderten am 14.11. eine Neuorientierung der Klimapolitik im Gebäudesektor. Unterstützt werden sie vom Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW. Gemeinsam präsentieren sie das Manifest „Praxispfad CO₂-Reduktion im Gebäudesektor“, das eine deutliche Botschaft sendet: Die bisherigen politischen Rahmenbedingungen greifen zu kurz.

Axel Gedaschko, Präsident des GdW, betont: „Deutschland braucht dringend einen Kurswechsel in der Gebäude-Klimapolitik. […] Die politischen Rahmenbedingungen […] müssen konsequent auf einen Praxispfad mit Fokus auf die Reduzierung von CO₂-Emissionen neu ausgerichtet werden.“

Manifest kritisiert hohen energetischen Sanierungsaufwand

Das bisherige, immer weitere Hochschrauben der Gebäudeeffizienz ist der unintelligenteste, weil teuerste Weg in Richtung Klimaziele, heißt es im Manifest. Es wird die jahrelange Konzentration auf energetische Sanierungsmaßnahmen kritisiert, die mit 545 Mrd. Euro immense Kosten verursacht hätten – ohne nennenswerten Erfolg beim Energieverbrauch. Stattdessen schlagen die Autoren eine Kombination aus maßvoller Energieeinsparung und digitaler Technik zur Wärmesteuerung vor. Dies sei günstiger, sozial verträglicher und letztlich effektiver für die Klimaziele.

RTG kontert: Effizienz bleibt unverzichtbar

Thomas Drinkuth, der Leiter der „Repräsentanz Transparente Gebäudehülle“.

Drinkuth

Thomas Drinkuth, der Leiter der „Repräsentanz Transparente Gebäudehülle“.

Der Vorstoß bleibt jedoch nicht unwidersprochen. Die Repräsentanz Transparente Gebäudehülle (RTG), die die Interessen der Glas-, Fenster- und Fassadenbranche vertritt, sieht zentrale Schwächen im Manifest. Geschäftsführer Thomas Drinkuth kritisiert insbesondere die vermeintliche Abwertung der Effizienzstandards.

„Schon im ersten Satz wird eine ‚einseitige Fokussierung auf Energieeinsparung im Gebäudesektor‘ bemängelt, die es aber so in der Realität gar nicht gibt“, erklärt Drinkuth. Er verweist darauf, dass Förderprogramme bereits stärker auf den Umstieg von fossilen auf erneuerbare Energien ausgerichtet seien.

Die RTG argumentiert, dass ohne eine energieeffiziente Gebäudehülle weder Klimaschutz noch bezahlbare Energieversorgung langfristig realisierbar seien. Drinkuth warnt: „Die Frage, woher die enorme Menge an erneuerbarer Energie für den Bedarf des Gebäudebestandes kommen soll, bleibt unbeantwortet. Nur mit energieeffizienten Gebäudehüllen kann der Energiebedarf auf ein Maß gesenkt werden, das dauerhaft die Energieversorgung und die Bezahlbarkeit für Mieter sowie Eigentümer sichert.“

Zwei Perspektiven, ein Ziel

Ein zentraler Streitpunkt bleibt die Betrachtung des Gebäudebestandes. Die Wissenschaftler und der GdW legen ihren Fokus auf die professionell verwalteten Wohnungsbestände, die laut RTG bereits überwiegend energetisch modernisiert seien. Hingegen würden die energetisch oft problematischen Ein- und Zweifamilienhäuser vernachlässigt. Hier sieht die RTG dringenden Handlungsbedarf und fordert zielgerichtete Förderprogramme.

Herausforderungen auf dem Weg zur Klimaneutralität

Beide Seiten betonen die sozialen Aspekte der Energiewende: Weder Eigentümer noch Mieter dürfen durch die Maßnahmen übermäßig belastet werden.

Die RTG bringt einen weiteren wichtigen Punkt ins Spiel: Es fehlt ein klar definierter Mindestzielstandard für Gebäudehüllen. „So einen Standard zu erarbeiten, wäre eine wichtige Aufgabe für die nächste Bundesregierung“, so Drinkuth.

Das Manifest und die Kritik der RTG zeigen, dass der Weg zur Klimaneutralität nicht geradlinig ist. Effizienz und CO₂-Reduktion stehen nicht im Widerspruch, sondern ergänzen sich. Die Herausforderung besteht darin, die Ansätze zu kombinieren und auf die unterschiedlichen Anforderungen des Gebäudebestandes abzustimmen.