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Ein Denkanstoß Von Matthias König

Havanna ist überall – es kommt darauf an, wie man damit umgeht

Der Havanna- oder Kubaeffekt ist ein Marktphänomen, das man aus der Automobilbranche kennt. Darunter wird verstanden, dass der Absatz einbricht, weil die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wie Inflation, Zinsen und hohe Preise und anderes die Konsumenten verunsichern und sie vom Neukauf eines Fahrzeuges absehen. Sie fahren dann ihr altes Auto weiter, solange es geht, was man eindrucksvoll auf den Straßen Havannas beobachten kann. Nicht betrachtet wird dabei die Umweltbelastung, der Spritverbrauch und vieles andere, was dem wichtigen Streben nach Nachhaltigkeit entgegenkommt.

Für meinen Geschmack sehen wir hier viele Parallelen zur Bauelemente- und Glasbranche im speziellen und zur Baubranche in Deutschland allgemein. Was bei uns noch hinzukommt, ist die Gefahr, dass die Konsumentenverunsicherung durch fehlende Planungssicherheit in Ermangelung klarer und wirksamer politischer Rahmenbedingungen und verfehlter Förderpolitik deutlich verstärkt wird.

Die Zeichen stehen auf Tristesse

Die Baugenehmigungen im Wohnungsbau brechen massiv ein, so wurden im Mai laut dem Statistischen Bundesamt nur 23 500 neue Wohnungen genehmigt, ein Rückgang um 26 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Auch in den nächsten Jahren wird es wohl nicht besser: Das Ifo-Institut erwartet einen drastischen Rückgang beim Wohnungsbau in Deutschland – allein für 2025 rechnen die Forscher nur mit der Fertigstellung von 200 000 neuen Wohnungen. Das sind halb so viele, wie von der Bundesregierung jährlich versprochen.

Im Jahr 2022 sind den Angaben zufolge noch 295 300 Wohnungen fertiggestellt worden. Bereits in diesem Jahr wird diese Zahl laut Ifo-Prognose auf 245 000 und im Jahr 2024 dann auf 210 000 neue Wohnungen fallen (Quelle: ifo Institut).

In den letzten Jahren erlebten wir einen beispiellosen Boom, der uns gepaart mit den Effekten der Corona-Pandemie wie u. a. Lieferkettenprobleme, hohe Krankenstände sowie Verzögerungen auf den Baustellen in den Jahren 2020 bis 2022 an Kapazitätsgrenzen gebracht hat. Nun erleben wir im Jahr 2023 langsam aber sicher ein Kontrastprogramm, das deutlicher kaum sein kann und es wird uns sehr wahrscheinlich mindestens bis 2025 begleiten.

Von Seiten der Politik sieht man trotz des wachsenden Drucks aller bauorientierten Branchenverbände kein koordiniertes Handeln und auch keine ausreichenden Aktivitäten, den Bauherren ein Gefühl der Planungssicherheit zu vermitteln und Förderprogramme aufzulegen, die wirklich greifen. Das beeinflusst den Bereich der Re­­­no­vation nachhaltig negativ, was sich auch in den Auftragsbüchern unserer Betriebe allmählich abzeichnet. So können wir auch mit dem bisher sicheren Auftragsvolumen aus der Sanierung nicht rechnen.

Jetzt heißt es umsteuern, den Kurs wechseln

Höchste Zeit die Zeichen der Zeit richtig zu deuten. Aus meiner Sicht bedeutet das für alle Unternehmen der Bauzulieferindustrie sich den veränderten Rahmenbedingungen anzupassen und deutlich umzusteuern. Jetzt kommt es darauf an folgende zwölf wichtige Punkte in der strategischen und praktischen Führungsarbeit zu beherzigen:

  • Eigenes Geschäftsmodell im Hinblick auf die vorgelagerten (Lieferanten und ­Dienstleister) und nachgelagerten Prozesse (Kunden) auf Veränderungsbedarf prüfen (Insourcing, Outsourcing, Allianzen), um zusätzliche Synergie- und Skaleneffekte zu heben.
  • Umschalten auf das aktive Verkaufen im Vertriebsinnen- und -außendienst mit klaren Zielsetzungen für den Vertrieb (Umsätze, Deckungsbeiträge, Kunden) und Herausstellen der Alleinstellungsmerkmale (USP) eines jeden Unternehmens verbunden mit einer signifikanten Steigerung der Kundenorientierung.
  • Sicherstellung der Preiswürdigkeit aller Produkte und Dienstleistungen.
    Das Preis-Leistungs-Verhältnis muss stimmen!
  • Ständiges und intensives Verhandeln der Preis- und Zahlungskonditionengestaltung der Vorlieferanten und Dienstleister – in den meisten Bereichen sind die Erzeugerpreise in der letzten Zeit deutlich gesunken, diese Preisentwicklungen müssen auch beim Hersteller ankommen.
  • Flexibilisierung der Personalkosten durch intensive Nutzung von flexiblen Arbeitszeitmodellen, Kurzarbeit und Einführung von zielerreichungsbasierten Anreizsystemen für die Vergütung.
  • Hohe Transparenz bei allen Kosten – insbesondere bei den Sachkosten – sicherstellen und auf Basis klarer Zielstellungen konsequent Kostensenkungsprogramme durchsetzen.
  • Die Effizienz und Effektivität aller Geschäftsprozesse auf den Prüfstand stellen und bei Bedarf konsequent Prozess- und Strukturreorganisationen durchführen (Business Process Reengineering), dabei klare quantifizierte Ziele setzen.
  • Optimierung des Working Capitals durch Reduzierung der Bestände an Vorprodukten und Hilfs- und Betriebsstoffen sowie an Fertigerzeugnissen mit dem Ziel der Erhöhung der Umschlaggeschwindigkeit der Bestände.
  • Verbesserung des Debitorenmanagements durch kürzere Zahlungsziele und konsequentes Nachverfolgen der Außenstände mit dem Ziel der Beschleunigung des Kapitalumschlags.
  • Größtes Augenmerk auf das Kreditrisikomanagement, Eindecken von Warenkreditversicherungen und Arbeiten mit Zahlungsbürgschaften oder Vorkasseregelungen.
  • Rechtzeitige Ansprache der Finanzierer zur Sicherstellung ausreichender Spielräume für kurzfristigen Liquiditätsbedarf mit dem Ziel, sofort auf zusätzliche Liquidität zugreifen zu können und ggf. Umschichtung der Finanzierungen im Kurzfrist- und Langfristbereich.
  • Überprüfung aller Investitionen auf Wirtschaftlichkeit, Durchführungszeitraum und einen ausreichenden Return on Investment (ROI) mit dem Ziel, Investitionen nur dann durchzuführen, wenn sie sich innerhalb von drei Jahren rentabilisieren.
  • Der Autor

    Matthias König
    ist Diplomökonom und seit mehr als 25 Jahren Geschäftsführer in der Bauzulieferindustrie. In dieser Zeit hat er mehrere Unternehmen in der Restrukturierung sowie in Wachstumsphasen geführt. In den letzten fünf Jahren war er Sprecher der Geschäftsführung der Unternehmensgruppe Alfred Bohn.
    Bei Fragen oder Anregungen:
    matthias.koenig.privat@gmx.de
    linkedin.com/in/matthias-könig-312b4318

    Foto: Matthias König

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