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 Dr. Eckhard Keill und Marcus Sander im Interview

Das denkt die Roto-Chefetage über den Rohstoff- und Materialmangel

Der von den Ereignissen direkt betroffene Bauzulieferer Roto geht der „komplexen Gemengelage“ im exklusiven GLASWELT-Interview auf den Grund. Erfahren Sie, was Roto-Holding-Chef Dr. Eckhard Keill und Marcus Sander, Vorsitzender der FTT-Geschäftsführung, über die Situation denken und ob sie glauben, dass die gegenwärtigen Schwierigkeiten dazu führen können, die positive Baukonjunktur nachhaltig zu schädigen. 

GLASWELT _ Worauf führen Sie die aktuelle kritische Situation an den Beschaffungs- und Logistikmärkten zurück?

Gerade in der gegenwärtigen Phase erweist sich das Roto-Produktionsmodell als „entscheidender Erfolgsfaktor“, erklären die GLASWELT-Interviewpartner. Es folge den Lean-Prinzipien und gewährleiste daher eine größtmögliche Flexibilität. So ließen sich Maschinen- und Personalkapazitäten etwa bei Lieferspitzen bedarfsgerecht anpassen. Allein in Europa umfasse das effiziente Netzwerk neun Werksstandorte.

Roto

Gerade in der gegenwärtigen Phase erweist sich das Roto-Produktionsmodell als „entscheidender Erfolgsfaktor“, erklären die GLASWELT-Interviewpartner. Es folge den Lean-Prinzipien und gewährleiste daher eine größtmögliche Flexibilität. So ließen sich Maschinen- und Personalkapazitäten etwa bei Lieferspitzen bedarfsgerecht anpassen. Allein in Europa umfasse das effiziente Netzwerk neun Werksstandorte.

Dr. Eckhard Keill – Die Corona-Krise sorgte für völlig unterschiedliche Branchenentwicklungen. Während z. B. der Maschinenbau und die Automobilindustrie in der Anfangsphase komplett abstürzten, boomten etwa alle baunahen Bereiche. Die stark steigende Nachfrage der „Gewinner-Branchen“ stieß auf ein Rohstoff- und Materialangebot, das während der Pandemie oft bewusst gedrosselt wurde. Der Engpass war also vorprogrammiert. Die logische Folge: kräftige Preiserhöhungen. Wir haben es also insgesamt mit einem sehr differenzierten Bild zu tun, das sich aber nach meiner Überzeugung im Zuge der generellen Wirtschaftsbelebung kurz- bzw. mittelfristig wieder normalisiert. Dazu bedarf es keiner staatlichen Eingriffe, sondern ausschließlich der selbst regulierenden Marktkräfte.

Marcus Sander _ Das sehe ich genauso. Es ist im Kern eine klassische Angebots- und Nachfrage-Thematik, die gegenwärtig eine extreme Eskalation aufweist. Beispiele dafür sind Zink und Metalle. Dem Einbruch und der Kapazitätsdrosselung im Vorjahr folgte plötzlich wieder eine steile Gegenbewegung. Die Nachfrage verlief also V-förmig und wies zuletzt eine starke Dynamik auf. Das galt übrigens für alle Branchen und damit auch für Maschinenbau und Automotive. Im Zeitalter internationaler Lieferketten entstanden dadurch automatisch Engpässe. Aber das alles pendelt sich durch entsprechende Anpassungen auf der Angebotsseite wieder ein. Ich habe keine Zweifel daran, dass die Marktmechanismen auch diesmal funktionieren.

GLASWELT _ Die jüngsten Statements aus der Branche und von Verbänden zeichnen ein düsteres Bild durch die aktuelle Entwicklung. Danach geraten Betriebe sogar in eine Existenz bedrohende Situation. Teilen Sie diese Befürchtungen?

Der Materialmangel dürfte bald der Vergangenheit angehören. Allerdings schließe ich nicht aus, dass die Marktversorgung dann generell auf einem etwas höheren Preisniveau als vor dem Beginn der aktuellen Störungen erfolgt.

Dr. Eckhard Keill

Roto

Dr. Keill _ Ich weiß u. a. von Dachdeckerfirmen, die ihre Mitarbeitenden in Kurzarbeit schicken mussten, da sie aufgrund fehlender Materialien vorhandene Aufträge nicht erledigen konnten. Zu bedenken ist dabei jedoch: Dass das Instrument Kurzarbeit derzeit schnell eingesetzt werden kann, beruht natürlich auch auf der Tatsache, dass diese Möglichkeit im Moment sehr viel einfacher durchführbar ist als früher. Die Folge einer dauerhaften Existenzbedrohung durch das unerfreuliche Geschehen an der Material- und Preisfront kann ich nicht erkennen.

GLASWELT _ Das Gesamtthema wird eher „ganzheitlich“ diskutiert. Fehlt es den Beteiligten an der nötigen Differenzierung?

Dr. Keill _ Auch das. Vor allem aber vermisse ich die wichtige Tugend, ein Thema ohne Hektik anzugehen. In Deutschland neigen wir leider zu Aufgeregtheiten und dazu, Dinge in dunklen Farben zu malen. Denken Sie nur an den Satz „Nach Corona ist nichts mehr wie vorher“. Wie viele Krisen gab es schon, bei denen wir sinngemäß das Gleiche hörten? Die Realität war in der Regel eine andere. Diesmal wird es auch so sein.

„Kunden unvermittelt vor vollendete (Preiserhöhungs-)Tatsachen zu stellen, war, ist und bleibt nicht Roto-like.“

Marcus Sander

Roto

GLASWELT _ Können die gegenwärtigen Schwierigkeiten am Ende dazu führen, die positive Baukonjunktur nachhaltig zu schädigen?

Dr. Keill _ Das glaube ich nicht, denn die Dinge werden sich wieder regeln. Eine eventuelle Bedrohung der Baukonjunktur kommt ausschließlich durch den Endverbraucher. Wenn der weltweit sein Verhalten ändert und z. B. nach der Fertigstellung seines Hauses zum „Renovierungsmuffel“ wird, dann haben wir alle ein substanzielles Problem.

Sander _ […] Bei diesen Preissteigerungen kommen wir bald wieder in normales Fahrwasser. Wir erwarten jedoch eine generelle Zunahme inflationärer Tendenzen. In diesem Kontext dürfte das Thema „Preisanpassungen“ künftig regelmäßig auf der Branchenagenda stehen.

Beschlagfertigung: Seit dem 1. Quartal 2021 stellt die Beschaffung von Kunststoff, Zink und Metallen für Roto auf der Mengen- wie auf der Preisseite eine „große Herausforderung“ dar. Bei allen Materialien seien zweistellige Teuerungszuschläge zu verzeichnen.

Roto

Beschlagfertigung: Seit dem 1. Quartal 2021 stellt die Beschaffung von Kunststoff, Zink und Metallen für Roto auf der Mengen- wie auf der Preisseite eine „große Herausforderung“ dar. Bei allen Materialien seien zweistellige Teuerungszuschläge zu verzeichnen.

GLASWELT _ Sie hatten zuletzt die Bedeutung der uneingeschränkten Lieferfähigkeit für die gute Unternehmensentwicklung hervorgehoben. Können Sie diese Zusage jetzt auch noch geben?

Sander _ Trotz der sehr herausfordernden Preis- und Mengensituation auf der Beschaffungsseite halten wir diese Zusage derzeit weitgehend ein. Das bleibt auch so, wenn sich das weitere Jahr im Rahmen unserer Forecast-Planungen bewegt. Sie basieren auf einem kräftigen zweistelligen Wachstum. […]

Dr. Keill _ […] Während Wettbewerber bereits seit Wochen mit deutlich längeren Lieferzeiten operieren, kann Roto nach wie vor gut liefern. Das sieht und honoriert der Markt. Handelt es sich hier doch um ein elementar wichtiges Kaufkriterium. Letztlich tun wir in der gesamten Gruppe alles, um eine unserer größten Stärken – die Lieferfähigkeit – weiter zu sichern. Klar, wenn die Welt untergeht oder es zu einer regelrechten Umsatzexplosion kommt, sind auch wir machtlos. Aber bei allem, was wir selbst beeinflussen können, sehen wir uns eindeutig im Vorteil. Roto hat den Anspruch, besser zu sein als andere.

GLASWELT _ Mussten Sie in der Division FTT bereits Preisanpassungen aufgrund der Situation durchführen? Oder planen Sie sie konkret?

Sander _ Als Konsequenz der sehr angespannten Lage in den Beschaffungsmärkten mussten wir Mitte des Jahres einen Materialteuerungszuschlag erheben.

Dr. Keill _ Nach heutiger Einschätzung wird sich der von der Rohstoffpreissituation ausgelöste Preiserhöhungsdruck 2021 in der Roto-Gruppe in Richtung 7 % bewegen. Es bleibt abzuwarten, was der Markt tatsächlich hergibt. Natürlich hoffen wir, diese Zahl zumindest annähernd zu erreichen.

Chefredakteur Daniel Mund
Lesen Sie das umfangreiche und ungekürzte Exklusiv-Interview mit den Herren Dr. Eckhard Keill und Marcus Sander in der Augustausgabe der GLASWELT, die unseren Abonnenten am 03.08.2021 vorliegt.