Aus der für 2009 erneuten Novellierung der Energie-Einsparverordnung (EnEV) werden sich höhere Anforderungen an die UW-Werte ergeben. Um diese zu realisieren, werden geeignete Maßnahmen an den Fensterkonstruktionen erforderlich. Einer der möglichen Wege ist die Verbesserung des U-Wertes der eingesetzten Verglasung Ug. Die Konsequenz ist aus technologischen und ökonomischen Gründen zurzeit der Einsatz von 3-fach-Isolierglaseinheiten. Dabei sind mehrere Problembereiche zu betrachten:
- Dicke der Verglasungseinheiten/Einbauraum in der Fensterkonstruktion
- derzeit geringere g-Werte (thermisch)
- derzeit geringere τ<sub>V</sub>-Werte (visuell –Kunstlichteinsatz)
- Pumpeffekte/Randverbund
- Interferenz-Erscheinungen
- größere Massen der Verglasung – höhere Gewichtskräfte
Höhere Glasfüllungsgewichte
Pro Millimeter Verglasung kann man mit einer Masse von 2,5 kg/m2 rechnen. Ein Dreifachglas hat gegenüber einer Zweifachverglasung einen 4 mm höheren Glasanteil (insgesamt beträgt der Glasanteil 12 mm) und deshalb erhöht sich die Masse um 10 kg/m2. Schließlich bedeutet die Verwendung von Dreifachglas also ein Ansteigen von durchschnittlich 20 kg/m2 (2-fach-Isolierglas-einheit) auf 30 kg/m2 (3-fach-Isolierglaseinheit). Bei der Ausstattung beweglicher Flügel stellt diese Annahme einen wichtigen Punkt für die verwendeten Beschläge dar.
Diese Erhöhung des Flächengewichtes um 50Prozent muss von Fensterherstellern und Bauelementehändlern in die zukünftigen Überlegungen einbezogen werden, stellt sie auch veränderte Anforderungen an die Logistik dar: An das Handling in der Fertigung über den Transport der Elemente bis hin zu den Abläufen am jeweiligen Bauvorhaben.
Mehr Gewicht auf den Beschlag
Die Tragkraft von Beschlägen ist bekanntlich begrenzt, so auch bei Dreh- und Drehkipp-Beschlägen. Werden nun die Glasfüllungsgewichte entsprechend der Annahme größer, müssen die Konsequenzen daraus an den jeweiligen Anwendungsdiagrammen betrachtet werden. In jedem Falle wird man feststellen können, dass bei der Verwendung von 3-fach-Isolierglaseinheiten die dafür zulässigen Anwendungsbereiche kleiner werden – oder anders ausgedrückt, die Flügel dürfen nicht mehr so groß gebaut werden wie bei Verwendung der bislang überwiegend eingesetzten 2-fach-Verglasungen.
Die vertikal wirkende Gewichtskraft ist dabei zwar ein wichtiger, aber nicht der einzige Aspekt. Bei Betrachtung der Anwendungsdiagramme erkennt man, dass die vertikale Last von marktüblichen Dreh- und Drehkipp-Beschlägen gut beherrscht werden. Die seitlichen Kräfte an den Scheren- und Ecklagern, die aus den jeweiligen Flügelformaten und der Flügelmasse resultieren, sind ein wesentlicher Aspekt, der sich bei der Verwendung von 3-fach-Isolierglaseinheiten deutlicher auswirkt.
Dies wird noch deutlicher, wenn der Wunsch nach größeren Flügeln – eine weitere Herausforderung unserer Zeit – mit betrachtet wird. Das Abtragen der vertikalen Lasten stellt für die heute verwendeten Beschläge eher geringere Probleme dar, werden hohe aber eher schmale Flügel angedacht. Niedrige aber breite Flügel hingegen lassen die Scheren- und Ecklager jedoch schnell an ihre Grenzen stoßen, weil die resultierenden seitlichen Kräfte nicht mehr gesichert abgetragen werden können. Beschlaghersteller sind mit der generellen Freigabe größerer Flügelformate aus folgenden Gründen noch sehr zurückhaltend. Unklarheit besteht noch bezüglich der
- Statik der verwendeten Profile,
- manuellen Bedienung der großen Flügel,
- weiterer Einfluss-Faktoren: Flügelabsenkung, bauseitige Anbindung, etc.
Hier sind noch eingehende Untersuchungen erforderlich, wobei die Betrachtung des Beschlages nicht ausreichend ist.
Beschlaggesamtsystem entwickeln
Aus den zuvor aufgezeigten Sachverhalten heraus muss an optimierten Flügel- und Rahmenkonstruktionen gearbeitet werden. Stichpunkte dabei sind neben eingeklebten Verglasungen auch vergrößerte Querschnitte und Falzräume sowie Ansätze zur verbesserten Lastabtragung. Der Blick über den Tellerrand ist dabei insofern interessant, als Flügelgewichte bis zu 300 kg in den Rahmenwerkstoffen Aluminium/Stahl bereits realisiert sind. Siegenia-Aubi sieht derzeit und zukünftig für das Holzfenster große Chancen durch die Möglichkeit einer individuellen Gestaltung und Optimierung in Hinblick auf den Wärmeschutz und die Realisierung großer und entsprechend schwerer Flügel. Die Beschlagauslegung für diese optimierten Systeme muss dann sinnvollerweise in Zusammenarbeit von Fenster- und Beschlaghersteller erfolgen.
Auswirkungen im Bereich ‚Portal‘
Für Beschläge der Öffnungsarten Hebe-Schiebe, Kipp-Schiebe und Falt-Schiebe sind die Auswirkungen der Annahme, dass zukünftig 3-fach-Isolierglaseinheiten den Standard darstellen, eher gering. Diese Beschlagausführungen sind bereits heute auf entsprechend große Flügelmassen ausgelegt.
Modifizierte Hölzer
Der Schwerpunkt der Betrachtung liegt auf dem Beispiel Accoya und das Problem der Ausdünstung von Säure, wenn Feuchtigkeit dazukommt. Neben der damit auftretenden Gefahr der Korrosion der Beschläge muss das gesamte Umfeld betrachtet werden. Alle metallischen Zubehörteile und Befestigungsmittel, die Einrichtungen in der Fensterfertigung bis hin zu den Absauganlagen müssen betrachtet werden. Über die Gefahr der Korrosion hinaus müssen auch die Parameter für die Zerspanungswerkzeuge und nicht zuletzt die Entsorgung/Verbrennung der Späne und Abschnitte betrachtet werden. Generell sind hier noch eingehende Untersuchungen erforderlich, wenngleich erste Ergebnisse bereits vorliegen; gerade ist hierzu das neue Merkblatt HO.06-4 „Holzarten im Fensterbau – Modifizierte Hölzer“ des VFF erscheinen.
Siegenia-Aubi arbeitet in unterschiedlichen Gremien und Projekten an Untersuchungen zu modifizierten Hölzern mit und bietet mit Titan Extreme eine Oberfläche für die Beschläge an, die in Accoya eingesetzt werden.—
Der Autor
Johannes Trampert leitet bei Siegenia-Aubi die Stabsstelle Technik und Normierung, ist Obmann des „Güteunterschusses (GUA) Drehkipp“ der Gütegemeinschaft Schlösser und Beschläge und arbeitet in verschiedenen nationalen und europäischen Normierungs- und Spiegelausschüssen mit.