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Premiumkunden in Sachen Barrierefreiheit

Diese Kunden wollen mehr, als in der Norm steht

_ Häufig sind es gerade Bauwillige aus der Gruppe der 50- oder 60-Jährigen, denen es gut geht und die sich jetzt noch einmal etwas gönnen möchten. Finanzielle Mittel sind meist vorhanden – häufig auch aus gerade ausgezahlten Lebensversicherungen oder Erbschaften. Diese Interessenten suchen Wohnqualität im Sinne einer vorausschauenden Planung für die Zukunft. Die Norm ist für sie zweitrangig.

Um die „Generation 50plus“ zu verstehen, muss man zunächst wissen, mit wem man es zu tun hat. Derzeit sind rund 33 Mio. Menschen in Deutschland 50 Jahre und älter. Das sind mehr als 40 Prozent unserer Bevölkerung. Und davon sind nur die wenigsten krank oder bettlägerig. Im Gegenteil: „Alt-Sein“ fängt heute für viele ältere Menschen erst mit Ende 70 an – alt sind immer nur die anderen. Der „Rentner von heute“ fühlt sich selbst meist noch sehr fit und vital. Und genau diese Vitalität versucht er sich möglichst lange zu erhalten.

Somit unterscheiden sich die Bedürfnisse und Anforderungen der älteren Kundinnen und Kunden nicht wesentlich von denen der jüngeren Klientel – im Gegenteil: Wenn „Barrierefreiheit“ im Sinne von Komfort und Qualität verstanden wird, handelt es sich um ein generationenübergreifendes Thema für alle.

Achtet der Handwerker bei der Produktauswahl also auf „attraktive“ Produkte, so kann er komfortable Lösungen für alle Generationen schaffen.

Beratung als Schlüssel zum Kunden

Wichtig für den Handwerker ist es, umfassend zu beraten. Natürlich können Beratungsgespräche dadurch etwas länger dauern oder müssen es sogar. Ist der Kunde jedoch vom Angebot überzeugt, macht sich dies am Ende bezahlt.

Idealerweise können Fensterbauer und Glasbauer bzw. Glaser auf ein Netzwerk kooperierender Partnerfirmen zurückgreifen, denn gerade in der „Generation 50plus“ wird immer wieder der Wunsch geäußert, nur einen Ansprechpartner zu haben, der ein „Rund-um-sorglos-Paket“ anbieten kann: sobald mehr als zwei Handwerker zu koordinieren sind, überlässt man diese Koordinations- und Abstimmungsarbeit lieber den Profis. Vor allem möchte der Endkunde auch im Laufe des Projektes nur einen einzigen Ansprechpartner, der ihm bei Bedarf als Problemlöser zur Seite steht. Auch hier zeigt die Erfahrung, dass der Kunde für derartige Angebote aus einer Hand ebenfalls bereit ist, etwas mehr zu investieren.

Nicht jedes Projekt muss alle Vorgaben der DIN 18040 einhalten

Normative Anforderungen in Bezug auf die Barrierefreiheit von Fenstern und Türen sind durchaus weitreichend. Allerdings muss nicht bei jedem Projekt die Vorgabe der DIN 18040 im Detail eingehalten werden. Insbesondere im privaten Bereich (DIN 18040 Teil 2) besteht ein weiter Handlungsspielraum, der vertraglich vereinbart und abgesichert werden kann.

Eine wesentliche Forderung der Norm ist die nach der Höhe der Bedienelemente (Fenstergriffe, Türdrücker usw.). Diese sollen nach Norm in einer Höhe von 85 cm angebracht werden.

In der Praxis zeigt sich allerdings, dass dieses Maß weder ergonomisch sinnvoll noch für den Großteil der Nutzer sicher ist. Hier sollte auf die in der Norm eigentlich nur für Ausnahmefälle vorgesehene Höhe von 105 cm ausgewichen werden – mit der Begründung, dass dieses Maß für Fußgänger wie Rollstuhlfahrer gleichermaßen ergonomisch und sicher ist.

Notwendige Kräfte für das Öffnen und Schließen von Türen sind in der DIN 18040 ebenfalls definiert, außerdem erforderliche Abstands- und Bewegungsflächen. Alles in allem eine lösbare Aufgabe, da passende Produkte auf dem Markt verfügbar sind.

Kernforderung ist allerdings die Schwellenfreiheit im Bereich der Türen. Absolut bodengleiche Zugänge sind erforderlich – nicht nur im Bereich der Haus- und Wohnungstüren, sondern auch bei Zugängen zu Balkonen und Terrassen.

Diese Schwellenfreiheit wird auch aus Sicht der „Generation 50plus“ als entscheidendes Komfortmerkmal gesehen und damit ausdrücklich gewünscht, zumindest dann, wenn größere Projekte geplant sind und massivere Eingriffe in die Bausubstanz durchgeführt werden.

Häufig wird von Handwerkern die DIN 18040 so interpretiert, dass eine Schwelle von 2 cm erlaubt sei. Dem ist nicht so. Vielmehr ist der Einbau einer solchen Schwelle nur dann erlaubt, wenn es technisch keine anderen Lösungen gibt.

Da entsprechende Produkte bereits seit Jahren auf dem Markt sind und in der Praxis bewährt eingesetzt werden, stellt eine Schwelle von 2 cm sicherlich nicht mehr den Stand der Technik dar – auch nicht bei Balkon- oder Terrassentüren.

Automatisierung aus Kundensicht

Den Einstieg in die Automatisierung bildet häufig der elektrische Rollladen-Antrieb. Meist, weil Kräfte nachlassen und der Rollladen zu schwer wird, immer häufiger aber auch, um die wahrgenommene Sicherheit zu erhöhen, beispielsweise durch „Anwesenheitssimulationen“.

Die Automatisierung von Türen und Fenstern stellt dagegen einen Zusatznutzen dar, der erst dann erkannt wird, wenn er tatsächlich eingebaut ist. Nur wenige Kunden sprechen dieses Thema von sich aus an. Eine Vorrüstung (Kabel, Leerrohre o. Ä.) für den späteren Einbau ist hierbei unbedingt zu empfehlen.

Im Trend liegen darüber hinaus elektronische Schlösser, die sich per Fernbedienung, Transponder oder Fingerprint öffnen lassen. Hier wird der Mehrwert, den man von der fernbedienbaren Zentralverriegelung aus dem Auto kennt, sehr schnell auch auf die Haustechnik übertragen. Auch dies bietet zusätzlichen Nutzerkomfort.

Bauliche Umsetzung zum Anfassen

Viele Umsetzungsbeispiele verdeutlicht die GGT Deutsche Gesellschaft für Gerontotechnik anschaulich und praxisnah in Iserlohn in einer Ausstellung auf rund 1200 m2. Das Spektrum reicht von sehr komfortablen Lösungen, denen man die Barrierefreiheit überhaupt nicht ansieht, bis hin zu Lösungen, die im Bereich der Pflege und des Objektbaus verwendet werden können.

Ergänzt wird die Ausstellung durch zwei Musterhäuser auf dem Freigelände der GGT – komplette Immobilien für den privaten Bauherren oder den Investoren. Hier werden Konzepte für generationenübergreifendes Bauen gezeigt, mit denen alle Altersklassen angesprochen werden. Es stehen insbesondere Automatisierungslösungen, vernetzte Elektrotechnik sowie altersgerechte Beleuchtung und generationengerechte Badlösungen im Mittelpunkt.—

Marcus Sauer

Schulungen für HandwerkeR

Die GGT Deutsche Gesellschaft für Gerontotechnik bietet in Iserlohn regelmäßig Seminare und Zertifizierungen für Handwerker an. Den Seminarkalender der GGT-Akademie können Verarbeiter anfordern unter Tel. (0 23 71) 95 95-0 sowie bei info@gerontotechnik.de oder unter

https://www.gerontotechnik.de/leistungen/schulung-und-qualifizierung/

Der Autor

Marcus Sauer ist Leiter Schulung und Consulting bei der GGT Deutsche Gesellschaft für Gerontotechnik.

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