_ Die steigenden energetischen Anforderungen an Gebäude verlangen nach Isolierverglasungen mit besseren Dämmeigenschaften. Da die Grenze des Wärmedurchgangskoeffizienten Ug mit gasgefülltem 2-fach-Isolierglas erreicht ist und sich Vakuumgläser am Markt bisher nicht durchsetzen, hat sich 3-fach-Isolierglas als Standard etabliert. Für die Dauerhaftigkeit von 3-fach-Isolierglas liegt jedoch im Gegensatz zu 2-fach-Isolierglas bei den Herstellern kaum Erfahrung vor. Wesentlicher Unterschied ist bei 3-fach-ISO der größere, d. h. verdoppelte Scheibenzwischenraum (SZR) gegenüber 2-fach-ISO, der höhere Lasten aus Druckveränderungen (durch Temperatur- und Luftdruckänderungen) des mit Dichtstoffen hermetisch abgeschlossenen SZR bedingt.
Die Dauerhaftigkeit der Isolierverglasung ist durch den Eintrag von Wasserdampf in den SZR und die Gasdiffusion des Edelgases aus dem SZR heraus bestimmt. Hierbei fällt dem Isolierglasrandverbund und seiner dauerhaften Belastbarkeit eine entscheidende Rolle zu. Ist die Beladungsgrenze des Trocknungsmittels (im Abstandhalter) überschritten, bildet sich Kondensat im SZR, sodass die Scheibe blind und damit unbrauchbar wird. Entweicht zu viel Edelgas, durch den Randverbund, verschlechtern sich die Dämmeigenschaften.
Über die mechanischen Eigenschaften der Dichtstoffe im Randverbund und über den Einfluss der Belastungen (z. B. Klimalasten, Kaltverformung) auf die Dauerhaftigkeit existieren nur wenige wissenschaftliche Veröffentlichungen.
In Forschungsarbeiten von F. Feldmeier [1] und J. Neugebauer [2] wurde das mechanische Verhalten von Randverbund- und Dichtstoffproben untersucht, wobei keine detaillierte Betrachtung der Abhängigkeit des mechanischen und permeablen Verhaltens der Dichtstoffe von der Temperatur, der Dehnrate sowie der Alterung erfolgte.
Eine überschlägige Bemessung mit Grenzwerten zur Sicherstellung der Dauerhaftigkeit oder der Tragfähigkeit mittels vereinfachter Modelle ist bisher nur eingeschränkt möglich.
Bei nach ETAG 002 Teil 1 [3] zugelassenen Dichtstoffen sind Grenzwerte vom Dichtstoffhersteller vorgegeben [4, 5], sofern der Randverbund als tragende Verklebung dient. Ferner sei auf die französische Norm Cahier 3488 [6] verwiesen, deren Bemessungskonzept des Randverbunds jedoch stark vereinfacht und dichtstoffunabhängig mit einem definierten Grenzwert in Form einer konstanten Linienlast erfolgt.
Unklar bleibt in beiden Fällen, inwiefern die Dauerhaftigkeit mit diesen Grenzwerten beeinflusst wird. Die genannten Modelle sind nicht dazu geeignet, die tatsächliche Belastung des Randverbundes – insbesondere in Verbindung mit der Wasserdampf- und Gasdiffusion – zu ermitteln.
Seit Jahren dient hauptsächlich das Prüfverfahren nach DIN EN 1279 Teil 2 und Teil 3 [7, 8] zur Qualifizierung des Randverbundsystems und des Herstellungsverfahrens. Dabei werden Isolierglasscheiben zeitraffend durch einen Klimawechseltest und einer anschließenden Konstantlagerung bei hohen Temperaturen sowie hoher Feuchtigkeit künstlich gealtert. Die Norm bezieht sich aber nur auf 2-fach-Isolierglas mit Standardaufbau 4/12/4 als Prüfkörper.
Daraus folgt, dass der Randverbund herstellerseitig nach Erfahrungswerten und ggf. mehrfacher Prüfung nach DIN EN 1279 dimensioniert wird. Für 2-fach-ISO sind so Gewährleistungsansprüche weitgehend ausgeschlossen und Schäden i. d. R. auf Produktionsfehler zurückzuführen. Für 3-fach-Isolierglas liegen jedoch keine ausreichenden Erfahrungen vor.
Forschungsprojekt DuraSeal
An der Staatlichen Materialprüfungsanstalt Darmstadt (MPA) wird derzeit das von der AiF geförderte Forschungsprojekt DuraSeal durchgeführt. Ziel ist es, durch eine Untersuchung von Mehr-scheibenisoliergläsern mit verschiedenen Randverbundsystemen Rückschlüsse auf die mechanischen Eigenschaften und Belastungen des Randverbunds in Verbindung mit Gasverlust und Wasserdampfdiffusion zu ziehen. Grundlage ist eine Prüfung in Anlehnung an DIN EN 1279 Teil 2 und Teil 3. Ausgehend von Standardproben der Dicke 4/12/4 (2-fach-ISO) sowie 4/12/4/12/4 (3-fach-ISO) und einer Fläche von 500 x 350 mm² werden die Parameter SZR, Glasdicke, Material und Größe des Abstandhalters, Material der zweiten Dichtstufe sowie Butylmenge der ersten Dichtstufe variiert. Daraus folgen 20 Prüfserien. Diese wurden im Werk an einer Linie am gleichen Tag hergestellt, um die Produktionseinflüsse weitgehend zu minimieren. Je Serie wurden vier Prüfkörper dem Klimawechseltest und der anschließenden Konstantlagerung gemäß Teil 2 sowie vier weitere gemäß Teil 3 der DIN EN 1279 ausgesetzt.
Durch die Ermittlung der Trocknungsmittelbeladung im Anlieferungszustand sowie nach der Klimawechselprüfung kann auf die absolut stattgefundene Wasserdampfdiffusion geschlossen und die Serien auch untereinander verglichen werden. Die Messung des Gasverlusts über die Zeit (mi) sowie des Gasfüllgrads findet für alle Serien nach der Prüfung statt, sodass durch den Vergleich innerhalb der Serien eine Verbindung zwischen Belastung und Gasverlust hergestellt werden kann.
Zusätzlich wird der Gasverlust (mi) einiger ISO-Einheiten vor der Prüfung gemessen. Der Gasfüllgrad kann jedoch nur mit einer zerstörungsfreien Prüfung ermittelt werden, bei der höhere Messtoleranzen gegenüber einer sonst üblichen Restsauerstoffanalyse berücksichtigt werden müssen. Dadurch sind für ausgewählte Serien auch Informationen über den absoluten Gasverlust vorhanden.
Für das Projekt wurden Druck- und Temperatursensoren auf Funkmodulen implementiert und in zwei Prüfkörper je Serie eingebaut. Mit gleichzeitiger Außendruckmessung ist so die resultierende Belastung auf die Scheiben direkt ermittelbar.
Gegenüber einer analytischen Methode nach TRLV [9] bzw. Feldmeier [1, 10] sind damit auch den Innendruck beeinflussende Effekte aus der Randverbundausdehnung, der Randeinspannung und aus Membrantraganteilen der ISO-Scheiben berücksichtigt. Diese Effekte können bei der Glasbemessung zwar auf der sicheren Seite liegend vernachlässigt werden, sind aber im Rahmen des Projekts zur Reduzierung der Fehlerquellen notwendig. Neben den in den Scheiben vorhandenen Druck- und Temperatursensoren, werden diese außen mit Dehnungsmessstreifen beklebt und die Glasdehnungen an fünf Messstellen je Scheibe über die Prüfdauer aufgenommen. Gleichzeitig wird die Ausdehnung und Stauchung des Randverbunds senkrecht zu den Scheiben an einer Ecke sowie in der Mitte der kurzen Kante gemessen.
Mithilfe der Messwerte und eines vereinfachten FE-Modells soll dann indirekt auf Ersatzfedersteifigkeiten des Randverbunds geschlossen werden. Basierend auf dem gemessenen Gasverlust und der Feuchteaufnahme des Trocknungsmittels können Grenzwerte und Anwendungsfälle definiert werden, sodass der Randverbund im Hinblick auf die Dauerhaftigkeit der Gläser in einem festgelegten Rahmen dimensioniert werden kann. Zudem ist eine Aussage über den Unterschied der Dauerhaftigkeit von 2-fach- und 3-fach-Isolierglas möglich.
Unabhängig von der Dauerhaftigkeit ist mit den Daten aus diesem Projekt auch die Möglichkeit gegeben, den Randverbund z. B. im Rahmen von statischen Nachweisen abzubilden.
Stand und Ausblick des Projekts
Die ersten fünf Test-Serien werden seit September einer Klimawechselprüfung mit anschließender Konstantlagerung unterzogen, sodass hierfür Ergebnisse Anfang 2014 vorliegen. Die Experimente werden 2014 beendet sein, der Abschluss des Projekts wird für Ende 2015 erwartet.
Das Rückschließen auf die Randverbundbelastung bestimmter Randverbundsysteme durch die beschriebene Untersuchung von Mehrscheibenisoliergläsern in DuralSeal, führt jedoch ohne genaueres Wissen über das Verhalten der verwendeten Dichtstoffe zu größeren Toleranzen bei der Wahl der Versagenskriterien. Auch eine Extrapolation auf andere Isolierglasaufbauten ist nicht ohne weiteres möglich. Deshalb ist ein weiteres Forschungsprojekt zur direkten Ermittlung der quantitativen mechanischen und permeablen Eigenschaften der gebräuchlichen Dichtstoffe in Abhängigkeit von der Temperatur, der Dehnrate und der Belastung nötig. Aus der Kombination beider Projekte soll ein physikalisch realitätsnahes und komplexeres Randverbund-Modell entwickelt werden. Mit dem Wissen über das Verhalten der Dichtstoffe lässt sich so das mit DuraSeal entwickelte vereinfachte Modell verfeinern und auf andere Isolierglasaufbauten erweitern.—
Tipp der Redaktion:
Die Autoren
Dr. Jörg Beyer und Stephan Buddenberg arbeiten für die Staatliche Materialprüfungsanstalt am Zentrum für Konstruktionswerkstoffe der TU Darmstadt.