_ Die bisherigen Sicherheiten für Auftragnehmer aus den alten Regelungen in § 648 und § 648 a BGB erhalten einen neuen Platz im BGB und teilweise auch einen erweiterten Inhalt. Die Eingliederung der Sicherheiten betraf vorher nur den sogenannten „großen“ Werkvertrag, der ja nun im neuen BGB zum „Bauvertrag“ wird.
Sicherheiten für Unternehmer
Der § 650 e BGB-E bietet dem Unternehmer nach Abschluss eines Bauvertrages die Möglichkeit, seine vertraglichen Forderungen durch eine Sicherungshypothek am Grundstück des Bestellers eintragen zu lassen. Das setzt voraus, dass zum einen Auftraggeber und Grundstückseigentümer grundsätzlich dieselbe Person sind, zum anderen, dass die abzusichernden Leistungen erbracht sind. Ist die Leistung noch nicht vollständig erbracht, kann die Sicherungshypothek in einer Höhe verlangt werden, die der Vergütung für den Teil der bereits geleisteten Arbeit entspricht sowie für die Auslagen, die in der Vergütung nicht inbegriffen sind.
Im § 650 f BGB-E werden Änderungen zur Bauhandwerkersicherung vorgenommen, die für das Handwerk zusätzliche Sicherungsmöglichkeiten bieten. Hinsichtlich der Anwendbarkeit der Bauhandwerkersicherheit gegenüber gewerblichen Auftraggebern (ausschließlich der öffentlichen Hand) ändert sich nichts. Ausgenommen sind auch Privatpersonen, wenn ein Verbraucherbauvertrag sowie ein Bauträgervertrag abgeschlossen werden. Deshalb besteht künftig auch die Möglichkeit bei einem Vertrag, den ein Verbraucher z. B. zur Lieferung und zum Einbau von Fenstern in einem neu errichteten Einfamilienhaus abschließt, eine solche Sicherheit zu verlangen. Der Unternehmer kann vom Besteller Sicherheit für die auch in Zusatzaufträgen vereinbarte und noch nicht gezahlte Vergütung einschließlich dazugehöriger Nebenforderungen, die mit 10 % des zu sichernden Vergütungsanspruchs anzusetzen sind, verlangen (§ 650 f Abs. 1). Die Bauhandwerkersicherung kann auch durch eine Garantie oder ein sonstiges Zahlungsversprechen einer Bank oder Kreditversicherers geleistet werden. Die Inanspruchnahme dieser Sicherheiten kann allerdings erst erfolgen, wenn der Vergütungsanspruch vom Besteller anerkannt oder der Besteller durch ein vorläufig vollstreckbares Urteil zur Zahlung der Vergütung verurteilt worden ist.
Wenn der Auftragnehmer eine angemessene Frist zur Leistung der Bauhandwerkersicherung gesetzt hat und diese Frist erfolglos verstrichen ist, kann er die Leistung verweigern oder den Vertrag kündigen. Nach einer Kündigung kann er die vereinbarte Vergütung verlangen.
Der Auftragnehmer muss sich zwischen Sicherungshypothek und der Bauhandwerkersicherung entscheiden. Wenn eine Bauhandwerkersicherung erlangt worden ist, kann keine Sicherungshypothek mehr eingetragen werden. Allerdings ist denkbar, dass der Auftragnehmer für den Fall, dass er eine Bauhandwerkersicherung nach Anforderung nicht erhalten hat, den Druck über eine Sicherungshypothek erhöht.
Neue Abnahmeregelungen
Die Abnahme ist der Dreh- und Angelpunkt im Baurecht. Mit ihr sind wichtige rechtliche Wirkungen verknüpft, unter anderem:
- Ende der Erfüllungsphase
- Start der Gewährleistungsfrist
- Beweislastumkehr bei Mängeln
- Gefahrübergang
- Anspruch auf Vergütung usw.
Sie besteht in der einseitigen Willenserklärung des Auftraggebers, dass das bestellte Werk im Wesentlichen vertragsgerecht und frei von wesentlichen Mängeln erbracht worden ist. Sie kann förmlich erklärt werden oder durch schlüssiges Verhalten erfolgen. Der Auftragnehmer hat einen Rechtsanspruch auf die Abnahme.
Die Abnahme kann nur bei Vorliegen wesentlicher Mängel verweigert werden. Doch wann liegt ein wesentlicher Mangel vor? Unwesentlich ist ein Mangel, wenn er in seiner Bedeutung so weit zurücktritt, dass es unter Abwägung der beiderseitigen Interessen für den Auftraggeber als zumutbar angesehen werden kann, abzunehmen. Da dies weit häufiger vorkommt als Umstände, die nach der Fertigstellung des Werkes eine Abnahmeverweigerung rechtfertigen, soll dem Auftragnehmer nun offensichtlich der Weg zur Abnahme erleichtert werden, und zwar mit einer Neudefinition der „fiktiven Abnahme“. Bislang gilt das Werk als fiktiv abgenommen, wenn der Auftraggeber es nicht innerhalb einer Frist abnimmt, die ihm der Auftragnehmer gesetzt hat. Allerdings musste das Werk dafür im Wesentlichen mangelfrei fertiggestellt sein. Das ändert sich nun.
Ob der Abnahme wesentliche Mängel entgegenstehen, ist nunmehr kein Entscheidungskriterium für den Eintritt der fiktiven Abnahme. Entscheidend sind eine Fristsetzung zur Abnahme und das Fehlen einer mangelbedingten Verweigerungserklärung durch den Auftraggeber. Will der Auftraggeber die Abnahme verweigern, muss er aktiv werden und dies begründen. Tut er dies nicht und lässt die Frist verstreichen, gilt das Werk als fiktiv abgenommen, auch wenn sich später Mängel herausstellen sollten. Dies bedeutet, dass der Auftragnehmer die Abnahmereife als Voraussetzung für eine fiktive Abnahme nicht mehr nachweisen muss. Dennoch kann sich der Unternehmer nicht darauf verlassen, dass sich die Abnahme praktisch von selbst einstellt und er sollte darauf achten, dass er rechtlich auf der sicheren Seite ist.
Der Auftraggeber hingegen kann die Rechtsfolgen der Abnahme durch einfache Mangelbehauptung vereiteln. In dem Fall hilft dem Auftragnehmer, den Zustand der erbrachten Leistung zum Zeitpunkt des Abnahmeverlangens zumindest technisch zu dokumentieren. Das hilft bei einer späteren Sachaufklärung der Abnahmeverweigerungsgründe. Vor dem Hintergrund, dass die Abnahme zu den Hauptpflichten eines Auftraggebers in einem Bauvertragsverhältnis gehört, weist der § 650 g BGB-E im Falle der Abnahmeverweigerung zumindest auf eine Zustandsfeststellung. Diese ersetzt jedoch nicht die Abnahme. Bleibt der Auftragnehmer auf eine Abnahmeweigerung hin untätig, bleiben sowohl die Rechtswirkungen der Abnahme, als auch die Minimalvorteile einer gemeinsamen Zustandsfeststellung in weiter Ferne.
Wenn sich bei der Zustandsfeststellung kein offenkundiger Mangel zeigt, wird vermutet, dass dieser nach der Zustandsfeststellung entstanden ist. Nun hätte der Auftraggeber zu beweisen, dass der Mangel bereits zum Zeitpunkt der Zustandsfeststellung vorhanden war und somit vom Gewährleistungsumfang des Auftragnehmers abgedeckt ist. Gewährleistungsansprüche bestehen auch, wenn der Mangel nach seiner Art nicht vom Besteller verursacht sein kann. Das ist sachgerecht, weil es Mängel geben kann, die zum Zeitpunkt der Zustandsfeststellung zwar objektiv vorhanden oder angelegt sein können, subjektiv aber eben nicht sichtbar und damit auch nicht offenkundig sein müssen.
Rechtliche Konsequenzen
Zunächst ist die gemeinsame Zustandsfeststellung eine Option aus einer verweigerten Abnahme. Der Gesetzgeber gibt dem Auftragnehmer damit ein Instrument in die Hand, mit dem zwar nicht die rechtlichen Wirkungen einer Abnahme erreicht werden können, aber zumindest gibt es ein Ergebnis zur Feststellung des technischen Status quo und damit ein Stück Rechtssicherheit. Beteiligt sich der Auftragnehmer nicht daran, trägt er das Risiko der Beschädigung oder des Verlustes der Leistung.
Findet eine gemeinsame, aber strittige Zustandsfeststellung statt, wird mit der Protokollierung eine Basis für die spätere Bewertung der Mängel geschaffen. Hier kommt es darauf an, ob die Zustandsfeststellung wesentliche Mängel offenbart oder ob die Mängel eher unwesentlich eingeschätzt werden. So kann die Dokumentation des Ist-Zustandes eine Tatsachengrundlage für die spätere Klärung der Rechtsfrage hinsichtlich der Abnahmeverpflichtung enthalten. In dem Fall wird den Parteien der Gerichtsweg nicht erspart bleiben. Der Weg zur Mangelfeststellung und rechtlichen Bewertung des Mangels bleibt dann nach wie vor über ein selbstständiges Beweisverfahren nach den §§ 485 ZPO offen.
Was die Form der Zustandsfeststellung angeht, schreibt das Gesetz Schriftform vor. Das Dokument soll mit der Angabe des Tages der Anfertigung versehen werden und ist von beiden Vertragsparteien zu unterschreiben (§ 650 g Abs. 1, Satz 2 BGB-E).
Sofern der Auftragnehmer eine einseitige Zustandsfeststellung vornehmen muss, gelten ähnliche Formvorschriften. Auch hier ist ein Dokument zu verfassen, aus dem der Tag der Anfertigung zu ersehen ist, das die Unterschrift des Unternehmers trägt und das als Abschrift dem Besteller „zur Verfügung“ gestellt werden muss.
Neuregelungen zur Kündigung
Hinsichtlich der Kündigungen gibt es Veränderungen im Werkvertragsrecht und auch zum Bauvertrag. Der neu in das Werkvertragsrecht aufgenommene § 648 a BGB-E regelt die Kündigung aus wichtigem Grund für beide Vertragsparteien. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur Vollendung des Werks nicht zugemutet werden kann. Weiterhin ist eine Teilkündigung möglich. Diese muss sich auf einen nach dem Vertrag abgrenzbaren Teil der Leistung beziehen. Nach der Kündigung sind beide Parteien verpflichtet, an einer Feststellung des Leistungsstandes mitzuwirken. Beteiligt sich ein Partner nicht daran, trägt er die Beweislast für den Leistungsstand zum Zeitpunkt der Kündigung – es sei denn, sein Fernbleiben ist nicht selbst verschuldet.
Bauverträge müssen schriftlich gekündigt werden. Das gilt sowohl für die freie Kündigung als auch die aus wichtigem Grund. Mit dieser Regelung will der Gesetzgeber die Parteien vor einer übereilten Kündigung schützen. Der Schritt zur Kündigung soll gut überlegt sei. Eine einfache Mail reicht dafür nicht aus, eine unterzeichnete schriftliche Erklärung kann allerdings als pdf-Datei per Mail versendet werden.
Für Reparatur- oder Wartungsarbeiten, also Verträge, die nicht in die Definition des neuen „Bauvertrages“ fallen, gibt es kein gesetzliches Schriftformerfordernis für Kündigungen.—
Im nächsten Heft: Die neuen Regelungen zur kaufrechtlichen Mängelhaftung im BGB und zum Bestand der Haftungsübernahmevereinbarungen.
Der neue § 640 BGB-E regelt im Abs. 2:
Als abgenommen gilt ein Werk auch, wenn der Unternehmer dem Besteller nach Vollendung des Werks eine angemessene Frist zur Abnahme gesetzt hat und der Besteller die Abnahme nicht innerhalb dieser Frist unter Angabe von Mängeln verweigert hat. Ist der Besteller ein Verbraucher, so treten die Rechtsfolgen des Satzes 1 nur dann ein, wenn der Unternehmer den Besteller zusammen mit der Aufforderung zur Abnahme auf die Folgen einer nicht erklärten oder ohne Angabe von Gründen verweigerten Abnahme hingewiesen hat; der Hinweis muss in Textform erfolgen.
§ 650 g Zustandsfeststellung bei Verweigerung der Abnahme; Schlussrechnung
(1) Verweigert der Besteller die Abnahme unter Angabe von Mängeln, hat er auf Verlangen des Unternehmers an einer gemeinsamen Feststellung des Zustands des Werks mitzuwirken. Die gemeinsame Zustandsfeststellung soll mit der Angabe des Tages der Anfertigung versehen werden und ist von beiden Vertragsparteien zu unterschreiben.
(2) Bleibt der Besteller einem vereinbarten oder einem von dem Unternehmer innerhalb einer angemessenen Frist bestimmten Termin zur Zustandsfeststellung fern, so kann der Unternehmer die Zustandsfeststellung auch einseitig vornehmen. Dies gilt nicht, wenn der Besteller infolge eines Umstands fernbleibt, den er nicht zu vertreten hat und den er dem Unternehmer unverzüglich mitgeteilt hat. Der Unternehmer hat die einseitige Zustandsfeststellung mit der Angabe des Tages der Anfertigung zu versehen und sie zu unterschreiben sowie dem Besteller eine Abschrift der einseitigen Zustandsfeststellung zur Verfügung zu stellen.
(3) Ist das Werk dem Besteller verschafft worden und ist in der Zustandsfeststellung nach Absatz 1 oder 2 ein offenkundiger Mangel nicht angegeben, wird vermutet, dass dieser nach der Zustandsfeststellung entstanden und vom Besteller zu vertreten ist. Die Vermutung gilt nicht, wenn der Mangel nach seiner Art nicht vom Besteller verursacht worden sein kann.
Der Autor
Rechtsanwalt Dr. jur. Hans-Michael Dimanski ist Partner der RA-Kanzlei Dr. Dimanski, Kalkbrenner & Schermaul in 39104 Magdeburg.