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BGB-Reform des Bauvertragsrechts

Besteller kann Bauvertrag einseitig ändern

_ Im BGB wird es zukünftig einen eigenen Abschnitt mit spezifischen Vorschriften zum Bauvertrag geben. Erstmals wird der Bauvertrag im BGB im Kapitel 2 unter dem Werkvertragsrecht gesetzlich definiert.

Wesentliche Gebäudebestandteile

Der § 650a BGB-E (Entwurf) lautet: (1) Ein Bauvertrag ist ein Vertrag über die Herstellung, die Wiederherstellung, die Beseitigung oder den Umbau eines Bauwerks, einer Außenanlage oder eines Teils davon. Für den Bauvertrag gelten ergänzend die folgenden Vorschriften:

(2) Ein Vertrag über die Instandhaltung eines Bauwerks ist ein Bauvertrag, wenn das Werk für die Konstruktion, den Bestand oder den bestimmungsgemäßen Gebrauch von wesentlicher Bedeutung ist.

Der Bauvertrag ist jetzt als Art des Werkvertrages ausdrücklich im BGB erwähnt und umfasst inhaltlich das, was früher im Wesentlichen als „großer“ Werkvertrag, eben mit der langen fünfjährigen Gewährleistungsfrist (§ 634a Abs. 1, Nr. 2 BGB alt), verstanden wurde. Ob die Vertragsleistungen eines Handwerkers als Herstellung, Wiederherstellung, Beseitigung oder Umbau eines Bauwerks zu werten und damit zukünftig als „Bauvertrag“ zu fassen sind, hängt vom Inhalt und Umfang des jeweiligen Vertrages ab.

Dreh- und Angelpunkt ist hier zunächst der Begriff des „Bauwerks“. Ein Bauwerk ist eine unbewegliche, durch Verwendung von Material und Arbeit in Verbindung mit dem Erdboden hergestellte Sache. Sowohl die Herstellung einzelner wesentlicher Teile des Gebäudes oder auch Erweiterungen der Gebäudesubstanz wie Auf-/Anbauarbeiten fallen darunter.

Die wesentlichen Bestandteile des Gebäudes werden auch zu solchen des Grundstückes (BGHZ 79, 712) und Gebäude, die mit dem Grundstück verbunden werden, gehören wiederum zu den wesentlichen Bestandteilen des Grundstücks (§ 94 Abs. 1 BGB). Fenster und Türen gehören zu den wesentlichen Bestandteilen eines Gebäudes, selbst dann, wenn sie in einem Gebäude nachträglich eingebaut wurden. Die „Wesentlichkeit“ definiert das Gesetz bezogen auf solche Teile, die „nicht voneinander getrennt werden können, ohne dass der eine Teil oder aber andere Teile zerstört, in seinem Wesen geändert oder in seinem Wert gemindert wird“ (§ 93 BGB). Fenster, Türen und Rolläden, die fest und funktionsbezogen in das Gebäude eingebaut werden, gehören demnach in diese Vertragskategorie.

Allerdings sei darauf verwiesen, dass die Zuordnung der Tätigkeiten und Leistungen von Schreinern, Fenster- und Rollladenbauern entweder zum Baurecht oder zum Kaufrecht oft nicht einfach ist. Für die rechtliche Einordnung von handwerklichen Leistungen kommt es darauf an, ob der Schwerpunkt der Leistung auf der Lieferung oder der Montage liegt. Geht es schwerpunktmäßig um die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender beweglicher Sachen, gilt Kaufrecht.

Wird der Einbau von Einzelteilen in ein Bauwerk übernommen und verlieren die Teile dadurch ihre Eigenschaft als selbstständige Sache, spricht dies für einen Werkvertrag. Verträge, die sich inhaltlich auf Instandhaltungsarbeiten beziehen, werden nicht ohne Weiteres in die Vertragskategorie des „Bauvertrages“ fallen. Nur dann, wenn Reparatur-, Erneuerungs-, Einbau- oder Umbauarbeiten an einem bereits errichteten Bauwerk für Konstruktion, Bestand, Erhaltung oder Benutzbarkeit des Gebäudes von wesentlicher Bedeutung sind, liegt ein Bauvertrag vor.

So werden gemäß § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB die Mängelansprüche bei Bauverträgen auch in Zukunft in fünf Jahren ab Abnahme des Werkes verjähren. Die Verjährungsfrist kann bei Verträgen mit einem gewerblichen Auftraggeber oder der öffentlichen Hand durch ausdrückliche Vereinbarung der VOB Teil B auf vier Jahre verkürzt werden. Reparatur- oder Wartungsleistungen, die von untergeordneter Bedeutung sind (sog. „kleine“ Werkverträge mit zweijähriger Gewährleistungsfrist), fallen nicht unter den „Bauvertrag“.

Der Verbraucherbauvertrag

Die Definition zum Verbraucherbauvertrag enthält der neue § 650i BGB-E. Es handelt sich um einen Vertrag, durch den der Unternehmer von einem Verbraucher zum Bau eines neuen Gebäudes oder zu erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude verpflichtet wird. Für den Verbraucherbauvertrag legt das Gesetz Textform fest (§ 650i Abs. 2 BGB-E). Erhebliche Umbauarbeiten sollen dann vorliegen, wenn diese Arbeiten dem Bau eines neuen Gebäudes gleichkommen. Maßgeblich sollen Umfang, Komplexität sowie Ausmaß des Eingriffs in die bauliche Substanz des Gebäudes sein. Insofern sollten Handwerksunternehmer für die von ihnen angebotenen Leistungen wissen, dass ein Bauvertrag, der mit einem Verbraucher abgeschlossen wird, nicht zwangsläufig ein „Verbraucherbauvertrag“ ist. Würde man die Regelungen zum Verbraucherbauvertrag auf alle Werkverträge ausweiten, hätte dies unverhältnismäßig starke Belastungen der Unternehmer zur Folge, die der Gesetzgeber mit der BGB-Reform nicht angestrebt hat. Das führt nun weitgehend dazu, dass die zum Verbraucherbauvertrag festgelegten Folgeregelungen auf die Verträge, die Handwerksunternehmer gewöhnlich abschließen, nicht anzuwenden sind.

Anordnungsrecht des Bestellers

Bislang war es im Werkvertragsrecht des BGB nicht vorgesehen, dass ein Besteller einseitig Anordnungen zur Änderung oder Ergänzung des abgeschlossenen Vertrages vornehmen konnte. Wollte der Auftraggeber nach altem BGB-Recht Änderungen, musste ein neuer BGB-Vertrag abgeschlossen werden. Jetzt sehen § 650b BGB-E ein Anordnungsrecht des Bestellers für Leistungsänderungen und § 650c BGB-E eine für diese Fälle vorgesehene Vergütungsanpassung vor. Das ist eine Referenz des Gesetzgebers gegenüber der VOB/B (§ 2 Abs. 3, 5 und 6 VOB/B). Abgesehen davon bleibt es bei der Privilegierung der Regelungen der VOB/B, wenn die jeweils zum Vertragsschluss gültige Fassung der VOB/B-Regelung zum Anordnungsrecht und zur Vergütungsanpassung ohne inhaltliche Abweichung insgesamt in den Vertrag einbezogen wurde.

Die BGB-Reform führt nun ein einseitiges Anordnungsrecht des Bestellers für Leistungsänderungen bei Bauverträgen ein. Das gilt nicht für alle Typen des Werkvertrages, sondern eben nur für Bauverträge i. S. d. § 650a BGB-E. Hinsichtlich der Bauverträge wird man sich an das neue Anordnungsrecht deshalb schnell gewöhnen, weil es vom Grunde ja schon aus VOB/B-Verträgen bekannt ist.

Nachträgliche Änderung

Wenn es allerdings um eine nachträgliche Änderung des vereinbarten Werkerfolges geht, wird das werkvertragliche Ziel geändert. Damit können – abgesehen von dem nun gesetzlich verbrieften zusätzlichen Vergütungsanspruch – verschiedene negative Folgen für den Unternehmer entstehen. Wenn z. B. in einem neu gebauten Einfamilienhaus Fenster eingebaut werden und sich der Auftraggeber nun während des Einbaus für erhebliche Erweiterungen der Arbeiten (z. B. zusätzlichen Einbau von Türen) entscheidet, bietet nun das BGB dem Auftraggeber die Möglichkeit, den Unternehmer zu verpflichten, dies mit auszuführen, sofern er auf diesen Leistungsbereich eingestellt ist. Nach der neuen gesetzlichen Regelung wäre der Handwerker verpflichtet, ein Angebot über die Mehr- oder Mindervergütung zu erstellen, außer die Ausführung der Änderung ist für ihn nicht zumutbar. Kriterien für die Unzumutbarkeit legt das Gesetz nicht fest.

Solche Anordnungen können die geplanten Abläufe bei der Auftragsplanung und Abarbeitung erheblich durcheinanderbringen. Zusätzliche Leistungen erfordern zusätzliche Zeit für die Vorbereitung und Organisation dieser Leistungen sowie die Abarbeitung. Auch auf den Personaleinsatz kann es angesichts der angespannten Arbeitskräftesituation negative Auswirkungen geben.

Erwartet wird von den Vertragsparteien im Falle von einseitig durch den Besteller begehrten Änderungen, dass sie Einvernehmen über die Änderung und deren finanzielle Folgen erzielen. Das ist eine etwas kuriose Konstruktion, weil hier zunächst unterstellt wird, dass diese Änderungen auch im Interesse des Unternehmers liegen. Oft wird das aber nicht so sein, weil inhaltlich jede Änderung auch eine Störung des ursprünglich abgeschlossenen Vertrages darstellt. Wird keine Einigung erreicht, kann der Besteller die Änderung mit der genannten Einschränkung (Zumutbarkeit einer Änderung des Werkerfolgs) anordnen. Entsteht darüber Streit, besteht für beide Vertragsseiten die Möglichkeit einstweiligen Rechtsschutzes. Ob das zielführend ist, muss bezweifelt werden.

Unternehmerischer Vorteil

Mit dem Änderungsrecht des Bestellers korrespondiert der Anspruch auf Vergütungsanpassung des Unternehmers nach § 650c BGB-E. Der Vergütungsanspruch soll auf den tatsächlich erforderlichen Kosten mit Zuschlägen für allgemeine Geschäftskosten sowie Wagnis und Gewinn basieren. Der Unternehmer kann sich auf seine Urkalkulation beziehen, die als richtig unterstellt wird. Da er aber auch die tatsächlichen Kosten in Ansatz bringen kann, ist mit der neuen gesetzlichen Regelung ein unternehmerischer Vorteil im Unterschied zur VOB/B-Regelung der Nachtragsvergütungen gegeben. Denn für VOB/B-Verträge heißt es bei Nachträgen: „Einmal schlechter Preis, immer schlechter Preis“.

Risikominimierend für den Unternehmer ist weiterhin die Regelung zu den Abschlagszahlungen. Eine infolge der Änderungsanordnung entstehende Mehrvergütung kann der Unternehmer bei seinen Abschlagszahlungen mit berücksichtigen und hierfür grundsätzlich 80 % der in dem „Änderungsangebot“ genannten Mehrvergütung ansetzen (§ 650c Abs. 3 Satz 1 BGB-E).

Die 80 %- Regelung kompensiert einen erheblichen Teil des Zahlungsrisikos bei Änderungsanordnungen. In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass der inhaltlichen Vertragsklarheit nach wie vor eine große Bedeutung zukommt. Gerade wenn es um Änderungen des Bauvertrages geht, ist der Unternehmer dafür beweisbelastet, dass er den ursprünglich geschuldeten Leistungsumfang von den Zusatzleistungen trennen kann und zu den Änderungsanordnungen auch noch den Zusatzauftrag des Bestellers nachweisen kann.

Das neue Änderungs- bzw. Anordnungsrecht hatte die Bauwirtschaft massiv kritisiert. Vor allem auch das Handwerk hatte eingewendet, dass eine vorausschauende Kalkulation unmöglich gemacht und unverhältnismäßig in die Vertragsfreiheit eingegriffen werde. Es bleibt zu hoffen, dass das neue System der Abschlagszahlungen und die schnelle Definition von Zumutbarkeitskriterien durch die Rechtsprechung in der Praxis den Bedenken des Handwerks entgegenwirken. —

Im nächsten Heft: Fortsetzung zur BGB-Reform des Bauvertragsrechts; die neuen Regelungen zu Sicherheiten, zur Abnahme und zur Kündigung im BGB.

Der Autor

Rechtsanwalt Dr. jur. Hans-Michael Dimanski ist Partner der RA-Kanzlei Dr. Dimanski, Kalkbrenner & Schermaul in 39104 Magdeburg.

www.ra-dp.de

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