GLASWELT: Herr Tschorn, der deutsche Fenstermarkt muss 2007 im Vorjahresvergleich einen deutlichen Einbruch von 7,8 Prozent hinnehmen, das war ja so nicht zu erwarten gewesen, woran lag dieser Rückgang?
Tschorn:
Das Jahresende 2007 gab speziell im Wohnungsbau ein düsteres Bild ab. Wie befürchtet brachen aufgrund des Wegfalls der Eigenheimzulage und der Mehrwertsteuererhöhung die Baufertigstellungen regelrecht ein. Der Einbruch bei der energetischen Modernisierung und Renovierung im Wohnbestand kam aber überraschend.
Diese beiden negativen Effekte konnte auch die erfreuliche Nachfragebelebung im Nicht-Wohnbau nicht ausgleichen, sodass 2007 der Fenstermarkt in den Sog der negativen Bauinvestitionsentwicklung geriet.
Gemessen am Absatz ist der Umsatz bei Fenstern und Türen aufgrund der steigenden Werthaltigkeit aber insgesamt etwas weniger drastisch ausgefallen.
GLASWELT: Und warum ist der Renovierungsmarkt 2007 eingebrochen?
Tschorn:
Diese Entwicklung können wir selbst nicht richtig nachvollziehen, da die in breiter Öffentlichkeit geführte Diskussion über Energieeinsparung und Klimaschutz sowie die exorbitant steigenden Energie- und Strompreise eine deutliche Nachfragebelebung nach energieeffizienten Fenstern hätten erwarten lassen.GLASWELT: Nach der aktuellen Studie gibt es bestimmt schon Prognosen für den Fenstermarkt 2008. Wie sehen diese aus und können Sie schon einen Ausblick auf 2009 geben?
Tschorn:
Für 2008 wird sowohl im Fenster- als auch im Außentürenmarkt wieder eine moderate Belebung erwartet. Wir rechen im gesamten gesehen mit einem Wachstum von 1,1 Prozent, das entspricht etwa 11,8 Mio. Fenstereinheiten. Für den Wohnbau sehe ich aus heutiger Sicht allerdings keine wesentlichen Verbesserungen, wir rechnen eher mit einem Rückgang um -1,5 Prozent bei den Neubauten. Das trifft allerdings nicht für den Bestand zu. Wenn ich Chancen sehe, dann bei der Renovierung, hier liegt ein großes Potenzial.
Im Objektbau sieht die Situation um einiges besser aus: Hier rechnen wir mit einem Wachstum von 5 Prozent.
Was das Jahr 2009 angeht, lassen sich keine fundierten Aussagen treffen. Aber klar ist, dass wir als Fenster- und Fassadenhersteller es selbst in der Hand haben, das zukünftige Marktwachstum voranzutreiben. Wir müssen aktiv sein und uns verstärkt den politischen Schwerpunktthemen Energieeinsparung und Klimaschutz annehmen. Denn diese Umweltfragen bieten eine sehr gute Chance Fenster und Fassaden zu positionieren.
Wie
gesagt in 2007 ist der Wohnbau mit -15,7 Prozent stark zurückgegangen, und damit waren auch die dort eingesetzten Rahmenmaterialien, wie Kunststoff und Holz, stark rückläufig (-11 Prozent). Und Holz-Alu musste auch einen Rückgang von -4,1 Prozent hinnehmen.
Eine komplette Kompensation durch den Nichtwohnungsbau (NWB), der sich um 8,6 Prozent steigerte, war nicht möglich. Im Zusammenhang mit der Steigerung im NWB lag der Zuwachs beim Rahmenmaterial Aluminium bei 5 Prozent. Da wir, wie gesagt, nicht von einer Erholung des Wohnbaumarktes ausgehen, rechnen wir für Kunststoff und Holz mit einem vergleichbaren Absatz wie 2007.
Für die gesamte Bauentwicklung bei Gebäuden rechne ich mit einem Zuwachs bei Aluminiumsystemen von rund 4 Prozent; und bei Holz-Alu mit einem Plus, das bei etwa 1 Prozent liegt.
GLASWELT: Und wie sahen 2007 die Zahlen im Türenmarkt aus?
Tschorn:
Auch der Außentürenmarkt ging 2007 zurück, und zwar um -4,5 Prozent auf 1,139 Mio. Für das Jahr 2008 rechnen wir aber wieder mit einem Zuwachs von 0,4 Prozent auf 1,144 Mio. Außentüren.
Was den Rückgang im letzten Jahr angeht, war dieser besonders im Wohnbau und hier bei Neubauten zu beobachten, wo sich der Außentürenmarkt um -11,7 Prozent verringerte. Die Prognosen für Türen im Wohn-Neubau liegen im Jahr 2008 bei -4,9 Prozent.
Demgegenüber konnte aber der Nicht-Wohnbau Zuwächse verzeichnen. Hier wurde ein Plus von 8,5 Prozent erreicht. Für 2008 erwarten wir +5,4 Prozent.
Auch beim Renovierungsmarkt, rechnen wir für das laufende Jahr bei den Außentüren mit einem Zuwachs (+3,2 Prozent), im Gegensatz zum vergangenen Jahr mit seinen -0,3 Prozent.
GLASWELT: Welche Chancen sehen Sie 2008 für die deutschen Fenster- und Fassadenbauer?
Tschorn:
Hier gibt es noch einiges an Potenzial, das gehoben werden kann. Ich will Ihnen ein Beispiel geben: Neulich bin ich in meinem Wohnort Gütersloh etwa eine halbe Stunde durch die Stadt gegangen, dabei habe ich schnell 40 Gebäude gesehen, die noch mit Einfachverglasungen ausgestattet waren. Ich meine, jeder Fensterbauer, der mit offenen Augen durch seine Stadt geht, wird solche Gebäude finden. Hier kann er gezielt potenzielle Auftraggeber ansprechen und Ihnen aufzeigen, was für Ersparnisse ein Fensteraustausch für den Geldbeutel bringt. Dazu kommt die Verminderung des CO&sub2;-Ausstoßes; und damit leistet der Sanierer auch noch etwas für den Klimaschutz. Das sind sehr gute Argumente. Unser Appell an alle Haus- und Wohnungseigentümer lautet: „Neue Fenster – Klimaschutz mit Durchblick.“ |
Info
Stimmen aus den Verbänden
Ralf Olsen
Geschäftsführer Pro-K – Industrieverband Halbzeuge und Konsumprodukte aus Kunststoff, Frankfurt: „Die aktuellen Zinskonditionen von derzeit 1,75% beim CO&sub2;-Gebäudesanierungsprogramm, gepaart mit hohen Tilgungszuschüssen bis zu 12,5% oder lukrative Barzuschüsse bis zu 8750 Euro müssten eigentlich Haus- und Wohnungsbesitzer zu energetischen Maßnahmen animieren. Deshalb ist der deutliche Einbruch des Fenstermarktes nicht nachvollziehbar.
Werner Hülsken
stellvertretender Geschäftsführer des Fachverbandes Schloss- und Beschlagsindustrie e.V., Velbert: „Der erfreuliche Anstieg im Nicht-Wohnbau speziell im Industriebau, bei Büroimmobilien und Hotels brachte eine Verschiebung der Rahmenmaterialanteile zugunsten von Aluminium (+5,0%). Der Beschlagsanteil im transparenten Fassadenbau des Objektgeschäftes ist zwangsläufig geringer als im fensterorientierten Wohnbau. Daraus ergibt sich für den Absatz der Fensterbeschläge ein Nachgeben des Inlandsmarktes gegenüber der vergleichsweise sehr guten Entwicklung 2006. Es bleibt festzuhalten, dass die weltweit führende deutsche Beschlagindustrie die expandierende Auslandsmärkte bedient und somit 2007 mit einem positiven Gesamtergebnis abschließen konnte.
Jochen Grönegräs
Hauptgeschäftsführer Bundesverband Flachglas e.V., Troisdorf: „Im Gegensatz zum Fenstermarkt, zeichnet sich die Entwicklung in der Flachglas-Branche weniger rückläufig ab. In Tonnagen gerechnet dürfte sich der Absatz nahezu auf Vorjahresniveau bewegen; dies ist u.a. auf die stetig zunehmenden Glasdicken, und den wachsenden Anteil der Verglasungen im Objektsegment zurückzuführen. Zudem ist vermehrt ein Anstieg des Glastausches bei qualitativ hochwertigen Fensterrahmen der Generation vor 1995 festzustellen. Allerdings verzeichnete der Absatz von Isolierglas im Jahr 2007 in Deutschland einen geschätzten Rückgang in der Größenordnung von 6,5 Prozent.“