Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch
Hermann Otto GmbH: Fachtagung „Geklebte Fensterkonstruktionen“ in Laufen

Eine starke Veranstaltung

Diese relativ neue Technik ist in der Umsetzung komplex und erfordert die enge Absprache und Zusammenarbeit zwischen Fensterbauer und Zulieferern. „Bei geklebten Fenstern handelt es sich um Hightech-Produkte, für die es keine einheitliche Herangehensweise gibt – jedes System ist anders. Deshalb passen wir auch entsprechend immer unsere Kleber an das jeweilige Projekt an“, erläuterte Dr. Weidmann gegenüber der GLASWELT. „Wichtig ist, dass die Abstimmung aller Beteiligten stimmt; nur so lassen sich passende, maßgeschneiderte Lösungen umsetzten.“ Dazu ergänzt Günther Weinbacher, Projektleiter „Geklebte Fenster“, der die Moderation der Tagung leitete: „Da wir immer wieder gefragt wurden, worauf es in der Praxis ankommt, um geklebte Fenstersysteme herzustellen, haben wir beschlossen eine Tagung zu veranstalten, die die relevanten Punkte des Klebens beleuchtet.“

Auf der Tagung wurde klar, der Erfolg hängt von der richtigen Klebstoffwahl, der fachgerechten Verarbeitung, der geprüften Konstruktion sowie einer konsequenten Qualitätssicherung ab. Bevor der Verarbeiter mit der Planung beginnt, muss er genau wissen, was er mit dem Kleben erreichen will, z.B. eine bessere Fensterqualität oder höhere Taktzeiten etc. und entsprechend eine Checkliste erstellen. Diese gilt es akribisch abzuarbeiten, zusammen mit den beteiligten Zulieferern, u.a. Klebstofflieferanten, Maschinenbauern, Profilherstellern. Da es sich beim Kleben um Hightech handelt, werden erhöhte Anforderungen an die Produktion und die Qualität gestellt. Die Zeitspanne vom Planungsstart bis zur Serienfertigung dauert ca. 6 bis 12 Monate, abhängig vom Automatisierungsgrad.

Warum Kleben?

Mit dieser Frage begann Klaus-Peter Schober von der Holzforschung Austria seinen Vortrag. Heute überlagern sich immer mehr die Grenzen zwischen Fenster und Fassade. Gerade die Nachfrage nach größeren Glasflächen in der Fassade erfordert immer größere Fensterelemente, die sich mit herkömmlichen Verfahren nur erschwert, wenn überhaupt herstellen lassen. Geklebte Konstruktionen bieten hier eine gute Alternative. In seiner klaren Darstellung der Grundlagen des Klebens zeigte er die relevanten Anforderungen auf, die diese Technik in der Praxis stellt. Schober: „Neben Vorteilen wie der schonenden Krafteinleitung wird bei geklebten Konstruktionen das bisher ungenutzte statische Leistungsvermögen des Glases aktiviert.“ Weiter erörterte Schober, was die Grundlage für eine stabile Klebung ist und wie sie sich gegenüber der Beschichtung verhält. Die besten Ergebnisse brachte bei Holzfenstern der direkte Kontakt von Holz und Kleber.

„Das Kleben von Scheiben will gut geplant sein, machen Sie keine Experimente in der Serie“, warnte Schober abschließend.

Spricht man von Kleben in der Fensterfertigung, denkt man i.d.R. an pastöse Kleber. Wie sich auch Klebebänder einsetzen lassen, zeigte Peter Harendt von der Lohmann GmbH. Zusammen mit Otto-Chemie hatte Lohmann ein System entwickelt, das den Einsatz von Kleber und Klebeband kombiniert.

„Unser Ziel war es, für geklebte Fensterkonstruktionen eine wirtschaftliche und prozess-sichere Klebung zu realisieren, die den Anforderungen von Holz- und PVC-Fenstern gerecht wird. Daraus ist das Kombiband entstanden, das zuverlässig den Eintrag einer präzise definierten Klebstoffmenge gewährleistet.“

Dieses Verfahren verbindet die Vorteile des Haftklebebands, d.h. Soforthaftung (ohne Aushärtzeit) mit der definierten Dimensionierung der Klebefuge (entspricht der Breite des Klebebands) und den Vorteilen des pastösen Klebstoffs. Dazu zählen hohe Festigkeit (bei gleichzeitig hoher Elastizität), berechenbares Kriechverhalten, hohe Alterungsbeständigkeit sowie gute Temperaturstabilität. Und: die Kombination eliminiert die Nachteile des jeweiligen Systems.

Das Kombiband ist in Verbindung mit dem Klebstoff Ottocoll S 81 für alle Fensterwerkstoffe, d.h. Holz, PVC, glasfaserverstärkte Kunststoffe und Aluminium geeignet.

Karin Lieb vom ift Rosenheim unterstrich, dass beim Fensterkleben die CE-Kennzeichnung der Produktfamilie Fenster nach Produktnorm EN 14351-1 gilt. Dort steht: „Durch eine geeignete Wahl der Werkstoffe (einschließlich Anstriche, Beschichtungen, Zusammensetzung und Dicke), Bauteile und Montageverfahren muss der Hersteller die Dauerhaftigkeit seines Produktes für eine wirtschaftlich sinnvolle Lebensdauer sicherstellen.“ Wer geklebte Fenster herstellen will, muss vorab definieren, was das neue Fenstersystem erfüllen muss. Wichtig ist eine ganzheitliche Betrachtung des Systems bzgl. seiner Gebrauchstauglichkeit. Die Verträglichkeiten aller angrenzenden Kunststoffe (Folien, Dicht- und Klebstoffe) müssen nachweislich gegeben sein. Auch die Wahl des Isolierglases bedarf der Rücksprache mit dem Glaslieferanten, da sich nicht jedes ISO zum Kleben eignet.

Manfred Wüst, der neben der aluplast GmbH auch die RAL-Gütegemeinschaft Kunststoff-Fenstersysteme vertrat, ergänzte, dass der Eignungsnachweis als gütegeprüftes geklebtes Kunststoff-Fenster nach RAL möglich ist. Ein RALRichtlinienentwurf Teil A liegt für geklebte Fenstersysteme bereits vor; mit dem Inkrafttreten der Richtlinie ist wohl im III. Quartal ’08 zu rechnen.

Die Verträglichkeit muss stimmen

Jürgen Lutz und Thomas Krätschmer, beide von Otto-Chemie, referierten über die „Verträglichkeit“ beim geklebten Fenster. Der eingesetzte Kleber muss sicherstellen, dass es keinen Funktionsverlust bei der Klebung gibt, der das Funktionieren des Fensters bzw. des Isolierglases beeinträchtigt. D.h. alle angrenzenden Materialien müssen verträglich sein z.B. Dichtungen, Klotzung, VSG-Folie, Lacke. Auch die Fugengeo-metrie muss abgestimmt sein auf Gewicht und Größe der Scheibe.

Ursachen für Schäden durch Nichtverträglichkeit können etwa bei Kontakt zwischen Sekundärabdichtung (PS, PU) und Klebstoff auftreten. Auch Stofftransportvorgänge (Migration) aufgrund des Konzentrationsgefälles können problematisch sein. Diese Unverträglichkeiten können das Haftverhalten beeinträchtigen, ebenso wie die Klebstoffeigenschaften (Mechanik) durch Erweichen oder Verspröden. Auch der Verlust der Wärmedämmeigenschaften durch Gasverlust beim Isolierglas kommt vor, sowie Delaminationen/Blasenbildung in der PVB-Folie oder Verfärbungen.

Die Verträglichkeitsproblematik lässt sich durch die Prüfung sicherstellen. Eine Unverträglichkeit kann ausgeklammert werden, wenn es keinen direkten Kontakt von Randverbund und Klebstoff gibt, d.h. indem man sich für eine Überschlagsverklebung entscheidet und hierbei auf Position 4 bei 2-fach-Isolierglas bzw. Position 6 bei 3-fach-Isoliergläsern klebt.

Dietmar Maginot von der t-s-i Misch- und Dosiertechnik GmbH, gab einen Überblick über die Möglichkeiten bei der Maschinenauswahl: „Von der Position der Klebung und dem gewünschten Fertigungsvolumen hängt es ab, ob eine Automatisierung des Kleberauftrags notwendig wird, oder ob eine Handapplikation ausreicht.“

Manfred Wüst von aluplast zeigte auf, wie sich mit geklebten Fenstern Verbesserungspotenziale realisieren lassen. Er erläuterte, dass sich durch Kleben eine schlankere Optik des Fensters (Glaslichte > 10 mm), dadurch mehr Lichteinfall, eine bessere Wärmedämmung im Profilquerschnitt (aus Uf = 1,3 W/m²K wird Uf = 1,1 W/m²K) sowie eine bessere Schalldämmung (direktes Anbinden des Flügels an die Verglasung, Kleber wirkt als Absorber) erreichen lässt. Ebenso lässt sich durch die umlaufende Klebefuge leicht WK2 erreichen, da die Scheibe nicht aus dem Flügel herausgedrückt werden kann.

Vorteile geklebter Konstruktionen

Wirtschaftliche und produktive Vorteile für den Fensterbauer sind beim Kleben geringe Lagerhaltungskosten (kein Vorhalten von Stahl, Klotzbrücken und Klötzen etc.). Durch konstante Produktionsbedingungen und verringerte manuelle Tätigkeiten (z.B. Wegfall der Stahlarmierung und zugehöriger Arbeiten) steigt die Verarbeitungsqualität. Durch eine automatisierte Produktion (Einbringen des Klebers , Einsetzen der Scheibe in den Flügel ) sind kürzere Taktzeiten möglich.

Die Scheibenklebung stellt hohe Anforderungen an die Praxis. So muss in der Werkstatt ein definiertes Klima (Raumtemperatur; Luftfeuchtigkeit) herrschen, die Sauberkeit am Arbeitsplatz muss gewährleistet sein. Sorgfalt bei der Herstellung und geschultes Personal sind ein Muss, ebenso wie regelmäßige Produktionskontrollen.

Ein Besuch am zweiten Tag der Veranstaltung im Werk der Otto-Chemie in Fridolfing rundete die Vorträge ab. Dort fand eine Vorführung des neuen Applikations-Verfahrens mit dem Kombiband statt. Unter Praxisbedingungen wurde eine Isolierscheibe in den Fensterflügel eingeklebt.

mr

mr

Jetzt weiterlesen und profitieren.

+ Glaswelt E-Paper-Ausgabe – jeden Monat neu
+ Kostenfreien Zugang zu unserem Online-Archiv
+ Fokus GW: Sonderhefte (PDF)
+ Webinare und Veranstaltungen mit Rabatten
uvm.

Premium Mitgliedschaft

2 Monate kostenlos testen