Die großzügige und unbürokratische Hilfe der französischen Kommune und ein Joint Venture mit Pilkington ermöglichen es, dass in kürzester Bauzeit eines der modernsten Floatglaswerke auf der grünen Wiese entsteht. In den nächsten fünf Jahren werden hier über eine Million Tonnen Floatglas und Verbundscheibensicherheitsglas produziert. Das Joint Venture mit Pilkington rechnet sich für alle Beteiligten. Im Juni 2006 wird Pilkington von dem japanischen Konzern Nippon Sheet Glass übernommen. Dank eines Vorkaufsrechtes kann Interpane das Floatglaswerk in Eigenregie übernehmen. Der Interpane Gründer Georg F. Hesselbach ist somit nach 36 Jahren an seiner Vision angekommen. Doch im Herbst 2006 muss noch eine Hürde genommen werden. Ein abenteuerlicher und spannender Prozess beginnt:
Düsseldorf, 24. Oktober 2006
Jörn Hesselbach trifft sich während der GlassTec auf dem Messestand von Albat+Wirsam mit dem langjährigen Geschäftspartner und Vorstand Günter Befort und berichtet von seinem Problem. Er wird die Anteile am Floatglaswerk von Pilkington übernehmen und zum 1. März 2007 soll die gesamte Steuerung des Geschäftsprozesses aus dem Pilkington Netzwerk herausgelöst werden. Im Moment steuert Pilkington das Werk mit seiner firmeninternen SAP-Lösung. Die Frage steht im Raum: „Könnte die Branchensoftware ALCIB die Software von SAP ersetzen, könnt Ihr das schaffen?”
Düsseldorf, 24. Oktober 2006
Günter Befort bespricht am Abend mit seinen Führungskräften die Anfrage. Schon vom ersten Moment spürt man die Dramatik, denn der Termin 1. März 2007 steht unverrückbar fest. Bis jetzt hat man mit der SAP-Software noch kein Floatglaswerk in den Prozess eingebunden. Die ALCIB-Entwickler lieben Herausforderungen, doch es gibt viele offene Fragen und man vereinbart ein erstes Treffen mit Interpane im November.
Linden, 8. November 2006
Das Expertenteam von Interpane, voran Erich Pohlmann, Interpane und Thomas Diehl, Interpane-Softwareberater trifft sich mit dem Projektmanager Georg Volkmann und dem ALCIB-Entwicklungsteam unter Leitung von Rainer Schepp. Eigentlich ist man schnell überzeugt, mit viel Engagement ist es zu schaffen. Gemeinsam erstellt man eine Spezifikation für die zukünftige betriebswirtschaftliche Abbildung der Floatproduktion, wie sie durch ALCIB möglich wäre. Eine Sache wird schnell erkannt, jetzt hat man die Chance, Vorgaben zu definieren, um damit den Geschäftsprozess Float mit ALCIB abzubilden.
Linden, 9. November 2006
Der Startschuss für das Projekt ist gegeben. Wenn man Weihnachten abrechnet, dann bleiben jetzt noch 100 Tage bis zum 1. März 2007. Langsam werden die Ausmaße sichtbar. Es gilt, ALCIB so zu entwickeln, dass täglich Hunderte von Lagerbewegungen, 80 LKWs mit An- und Auslieferungen und vieles mehr über die Software angesteuert werden. Aber die Herausforderungen motivieren alle Beteiligten. Jeder ist bereit, sein Bestes zu geben, wie ein großes Puzzlespiel ergänzen sich die Kompetenzen auf beiden Seiten. In den kommenden Wochen gilt es, alle Anforderungen festzulegen.
Seingbouse, 5. Dezember 2006
Wieder einmal trifft man sich im Werk. Jetzt ist klar, man wird keine Chance haben, irgend etwas zu testen. Es ist nicht möglich, den laufenden SAP-Prozess zu unterbinden und Module oder Teile der Programmierung zu testen. Das gilt nicht nur für die Software sondern auch für die Hardware. Parallel zur vorhandenen Softwarestruktur müssen alle Arbeitsplätze mit neuer IT-Infrastruktur ausgestattet werden. Eine weitere Herausforderung ist die Programmierung der Schnittstellen zum Produktionsprozess. Leider gibt es keine Dokumentationen darüber und man muss unendliche Analysen machen, bis man weiß, welche Daten überhaupt ausgetauscht werden. Der Slogan: „Wir schaffen das!“ wird zum geflügelten Wort.
Linden, 20. Dezember 2006
Täglich kommen weitere Anforderungen an die Programmierer hinzu. Die Komplexität scheint im Quadrat zuzunehmen. Über 2500 Stapel Glas werden im Lager verwaltet und am 1. März darf kein Stapel „softwaremäßig“ verloren gehen. Dank des Wissenstransfers der Mitarbeiter von Pilkington konnten in den letzten Wochen viele Fragen bezüglich der Schnittstellen gelöst werden. An Weihnachten soll nicht gearbeitet werden.
Seingbouse, 5. Januar 2007
Die Spannung steigt. Es sind noch knapp 50 Tage bis zum Tag X. Alle Beteiligten spüren die Chance, die in dieser Idee steckt. Das bisherige SAP-System, welches bei Pilkington eingesetzt wird, ist in jahrelanger Nutzung gewachsen, neue Prozesse mussten integriert werden, alte Schnittstellen konnten nicht entfernt werden und so befanden sich natürlich auf den Bildschirmen oft die notwendigen Daten in unterschiedlichen Masken. Teilweise musste man zehn Unterebenen anklicken um an notwendige Informationen zu kommen. Die Neuprogrammierung bot hier die Chance, dem Mitarbeiter die Informationen so zu präsentieren, dass er mit einem Blick auf eine Maske alle notwendigen Details erkennen konnte. Die ersten Bildschirmmasken werden fertig.
Linden, 31. Januar 2007
Der Countdown läuft. Viele Module und Schnittstellen sind fertig programmiert. Immer wieder werden alle Möglichkeiten theoretisch durchgespielt. Alle wissen, wir haben nicht mal eine Generalprobe, es wird nur eine Premiere am 1. März geben, wenn die nicht hinhaut, war die ganze Arbeit umsonst. Jetzt kommt den Mitarbeitern von Albat+Wirsam ihre langjährige Erfahrung und Kompetenz zu Gute. Trotz der hohen Anspannung spürt man beim Kunden und bei den Entwicklern eine große Gelassenheit.
Seingbouse, 15. Februar 2007
Das Projekt-Team wird ab jetzt im Werk weiterarbeiten. Auf allen neuen Computer-Stationen wird ALCIB aufgesetzt und vernetzt. So wird parallel zu der kompletten bestehenden Computeranlage ein System aufgesetzt. Schritt für Schritt, Detail für Detail wird weiter bedacht und umgesetzt. Die Zeit wird knapp, aber es ist zu schaffen.
Seingbouse, 28. Februar 2007
Zehn IT-Mitarbeiter von Pilkington sind eingetroffen, um die Deinstallation der SAP-Software vorzubereiten. Es ist eine spannende Konferenz, 35 Mitarbeiter von Interpane, die Mitarbeiter von Albat+Wirsam, die IT-Mitarbeiter von Pilkington sprechen in allen Einzelheiten den Ablauf des morgigen Tages durch. Die Spannung ist enorm.
Seingbouse, 1. März 2007
Das Floatglaswerk wird für die nächsten 24 Stunden auf „Handbetrieb“ umgeschaltet. Die Produktion von 800 Tonnen Glas täglich kann nicht so einfach mal einen Tag Pause machen. Jetzt beginnen die Pilkington Mitarbeiter alle Rechner herunterzufahren und aus dem Pilkington Netz zu entfernen. Dies dauert bis zum Nachmittag. Um 15.00 Uhr wird der erste ALCIB-Rechner in Betrieb genommen, alle Schnittstellen werden verbunden, und die aktuellen Stammdaten müssen ins System integriert werden. Während die Mitarbeiter von Pilkington diesen Vorgang mit viel Skepsis beobachten (bereit ihr altes System bei einem Crash wieder in Betrieb zu setzen) gelingt die ALCIB-Premiere nahezu perfekt. Als um 19.00 Uhr abends das Floatglaswerk wieder online geschaltet wird, gibt es keine Fehlermeldung oder irgendwelche gravierenden Kommunikationsprobleme.
Fazit
Der Mut und das Vertrauen der Interpane Geschäftsleitung in seinen langjährigen Partner Albat+Wirsam hat sich ausgezahlt. Jörn Hesselbach, Vorstand der Interpane AG, hat in seiner Rede vor Vertretern der Glasindustrie und den lokalpolitischen Repräsentanten diese Leistung hervorgehoben und explizit Albat+Wirsam als das Unternehmen dargestellt, das es Interpane ermöglicht hat, die Eigenständigkeit des Werkes und der Interpane-Gruppe zum 1. März 2007 umzusetzen.
Die Informationen über das produzierte Glas wurden deutlich erweitert. So sehen die Mitarbeiter neben der Glasart, die Größe, die Stärke und die Eigenschaften des Glases auf den ersten Blick. Die hohe Transparenz des Programmes und die Verknüpfung mit allen relevanten Daten ermöglicht es, alle Zu- und Abgänge, oder z. B. Lagerunterdeckung sofort zu erkennen. Die Anbindung dieser ALCIB-Daten an alle anderen Interpane Standorte wird in der Zukunft erfolgen. Hierzu stehen die Mitarbeiter von Albat+Wirsam und Interpane schon jetzt in den Startlöchern.|
“ALCIB“ goes FLOAT
Die Albat+Wirsam Software „ALCIB“ hat im Interpane Floatglaswerk in Seingbouse folgende Aufgaben übernommen:
- Verkauf, Auftragsabwicklung
- Einkauf, Beschaffungswesen
- Produktionsplanung, Bedarf Lieferqualitäten
- Materialzuführung VSG-Produktion
- Materialzuführung Beschichtungsanlage
- Glasstapelspezifikation
- Lager, Lagerlogistik Kaltbereich
- Versand, Lade- und Auslieferlogistik
- Rechnungswesen, Auftragsabrechnungen
- Schnittstelle Float-Produktions- und Informationssystem
- Schnittstelle Finanzwesen
- Schnittstelle Web-Portal für Spediteure
- B2B-Schnittstelle elektronische Auftragsannahme
- Vernetzung aller Unternehmen im Geschäftsverbund