Glaswelt – Herr Laubenstein, seit einem Jahr sind Sie jetzt in der Geschäftsführung. Was haben sie vorher gemacht?
Peter Laubenstein – Ich habe einen Bau-Hintergrund, kenne die Zementbranche ganz gut. Aus diesem Zusammenhang kenne ich auch den jetzigen Deceuninck-Konzern-CEO Francis Van Eeckhout, der mich hierhin geholt hat.
Glaswelt – Was sind hier Ihre Aufgaben?
Laubenstein – Es geht mir darum, die alte Inoutic-Gesellschaft in die neue Deceuninck Gruppe zu überführen.
Jörn Schütte – Und ich bin froh, dass wir ihn an Bord haben, so kann ich mich sehr intensiv um unsere Kunden kümmern. Peter Laubenstein kann bei der Restrukturierung die Zügel in den Händen halten.
Glaswelt – Können Sie uns etwas mehr über die Umstrukturierungspläne im Konzern und auch hier in Bogen mitteilen?
Laubenstein – Über den ganzen Konzern denken wir jetzt in der „OneEurope“-Strategie. Das bedeutet, dass wir einerseits eine einheitliche Produktstrategie in Angriff genommen haben und andererseits auch die einzelnen Standorte neu bewerten, um die Wertschöpfung insgesamt zu erhöhen. Die Länderorganisationen werden enger mit der Zentrale in Belgien verbunden. Hier in Bogen werden wir künftig hauptsächlich sogenannte „Highrunner-Profile“ produzieren. Profile mit einer weniger hohen Relevanz für die DACH-Region sollen dann in anderen Werken produziert werden. Aber der Kundenservice, der technische Service und das Marketing bleiben hier. Unsere Kunden sollten von unseren Restrukturierungen eigentlich gar nichts spüren.
Jörn Schütte – Der Kern von OneEurope ist auch, dass wir uns im Konzern viel intensiver austauschen – und zwar nicht nur auf Management-Ebene, sondern quasi in allen Bereichen. Wir versuchen oben ein gemeinsames Ziel zu definieren und deklinieren das dann runter auf die einzelnen Ländereinheiten. Es folgt dann die länderspezifische Anpassung. Verbunden damit ist auch ein enormes Kostensenkungspotenzial auf der einen Seite. Ein noch viel größeres Potenzial sehen wir in der Weiterentwicklung unseres Unternehmens. Das wird schon auf der FRONTALE für jeden ersichtlich werden.
Glaswelt – Wird für den Extrusionsbereich in Bogen weniger Personal gebraucht?
Laubenstein – Es wird leider auch zum Abbau von Arbeitsplätzen in Bogen und Hunderdorf kommen. Den Prozess wollen wir bis Ende des Jahres abgeschlossen haben, die Gespräche mit dem Betriebsrat laufen.
Glaswelt – Um viele Arbeitsplätze geht es?
Laubenstein – Wir sprechen hier von rund 100 Arbeitsplätzen, aber betreffen wird es weniger Arbeitskräfte, da wir einiges auch durch Vorruhestandsregelungen und Ähnliches auffangen.
Glaswelt – Herr Schütte, haben Ihre Kunden die Umbenennung zu Deceuninck schon abgehakt?
Jörn Schütte – Ja, das kann man so sagen. Viele können sogar mit dem Namen Deceuninck noch mehr anfangen als mit dem Kunstnamen Inoutic. Mit „Deceuninck Germany“ wird impliziert, dass wir ein eigenständiges Konzernmitglied sind mit den Wurzeln und Bindung zur DACH-Region.
Glaswelt – Kommen wir zu den Produktneuheiten. Sie stellen eine Weltneuheit vor?
Schütte – So ist es. Das Konzept, dass unter den verschiedenen Profilsystemen eine hundertprozentige Kompatibilität besteht, ist völlig neu. Wir stellen diesem Konzept mit dem iCOR-Kern aber noch weitere Produkte zur Seite, sodass der Fensterbauer wirklich aus einem interessanten Baukasten sein individuelles Fenster generieren kann.
Glaswelt – Welche Produkte meinen Sie?
Schütte – Die Fensterflügel lassen sich mit eingebetteten endlosen Glasfasersträngen verstärken. Wir nennen die Idee ThermoFibra. Das Fenster wird enorm stabilisiert und gleichzeitig werden bessere Wärmedämmwerte ermöglicht. Damit wird die Stahlarmierung überflüssig gemacht, maximale Fenstergrößen können mit deutlich geringerem Gewicht realisiert werden. Minimalistische Gestaltungen wie beim Elegant profitieren davon, da der Überschlag von 9 mm auf 7 mm reduziert werden kann. Durch ThermoFibra werden die technischen Grenzen des PVC extrem optimiert. Wir eröffnen ganz neue Möglichkeiten für die Realisierung von großen, farbigen Elementen.
Glaswelt – Sie sprechen vom System Elegant und nicht wie bekannt „Elegante“?
Schütte – Das ist auch ein Ergebnis unserer neuen Ausrichtung: Produktnamen sind jetzt in allen Ländern gleich – So ist das „e“ beim deutschen Markennamen Elegante weggefallen.
Glaswelt – Gibt es Verarbeiter, die das System besonders erfolgreich verkaufen?
Schütte – Ja, tatsächlich alle, die es eingeführt haben. Wir haben die Produkteinführung mit Pilotkunden vorgenommen. Diese haben mit dem neuen Fenster deutlich zugelegt. Durch die neue Technik haben wir aber auch den Fuß in die Tür bei Kunden bekommen, die bislang noch Systeme anderer Anbieter verarbeiten.
Glaswelt – Aber kommen wir noch mal zurück zu den Profilverstärkungen. ThermoFibra-Rahmen bestehen nicht mehr nur aus PVC…
Schütte – Ich weiß, worauf Sie hinauswollen. Das Material ist vollständig recyclingfähig. Die Glasfasern können im eigenen Recycling-Werk in Diksmuide komplett vom PVC getrennt werden. Die Verstärkung ist nicht sichtbar, aber sicher revolutioniert diese Technik das Fenster. Wir erzielen damit eine unerreichte Steifigkeit im Profil. Übringens ist das Verfahren sogar in einem Haustürprofil anwendbar. Durch ThermoFibra wird die thermische Verformung von PVC extrem eingeschränkt. Das bedeutet generell auch weniger Reklamatonen für unsere Kunden und uns.
Glaswelt – Und wie lässt sich eine Elegant-Stange mit ThermoFibra verarbeiten?
Schütte – Die Maschinenanpassungen zur Produktion dieser Technik sollten je nach Maschinenpark nur marginal sein. Wir haben die Verarbeitseigenschaften selbstverständlich auch bei unseren Kunden ausgiebig getestet.
Glaswelt – Was hat es mit Forthex auf sich?
Schütte – Forthex bewirkt im Blendrahmen die entsprechende Verstärkung. Ein aufgeschäumter PVC-Glasfaser-Kern sorgt für den wärmedämmenden Ansatz. Die mit Stahlkabeln armierte Verstärkung kann optional in den Rahmen eingeschoben werden. Insgesamt haben wir somit die perfekte Lösung im Markt für Fenster ohne Stahlarmierung, mit verbesserter Wärmedämmung und einzigartiger Stabilität. Ein extremer Vorteil ergibt sich auch bei der Beschlagsverschraubung. Die Auszugskräfte der Schrauben in Forthex sind um ein Vielfaches höher als bei einer Verschraubung in Stahl. Ich bin überzeugt, dass das Konzept sehr gut ankommen wird. Unser Kunden werden damit in die Lage versetzt, ohne Verklebung im Standard ein farbiges oder weißes RC2-Fenster herzustellen. Dazu kommt: Das Fenster wird deutlich leichter: Bis zu 30 Prozent gegenüber stahlverstärkten Systeme sind möglich.
Glaswelt – Wie viel Erfahrung hat der Konzern mit den Neuentwicklungen?
Schütte – Die Technologie, die in ThermoFibra steckt, wird bereits seit 2012 in Produkte für den westeuropäischen Markt verkauft. Die Erfolge dort sind groß, denn in den Märkten mit hoher Sonneneinstrahlung kann das System seine ganzen Vorteile ausspielen. Von der Forthex-Armierung sind auch
schon über eine Millionen Laufmeter verkauft worden. Insofern können sich alle Verarbeiter auf eine bereits getestete Technologieeinführung freuen.
Glaswelt – Um wie viel verteuert sich ein PVC-Rahmen mit Forthex-Technologie?
Schütte – Wir sprechen hier von einer Profil-Verteuerung von unter 10 Prozent. Wir glauben aber auch an eine finanzielle Kompensation durch den Wegfall der Stahlarmierung und dem damit verbundenem leichteren Handling.
Glaswelt – Gibt es bei Deceuninck Pläne, das Fenstersystem zu digitalisieren?
Schütte – Wir sind kein Lieferant für ein fertiges Produkt. Welcher Endgebraucher möchte mit einem Chip erfahren, aus welchen Komponenten sich ein Fensterprofil zusammensetzt? Das wird erst dann wieder interessant, wenn das Fenster recycelt wird. Dieser Prozess wird aber erst in einigen Jahrzehnten stattfinden, wenn auch wieder ganz andere Technologien zur Verfügung stehen. Deshalb fehlt mir die Idee, das Fensterprofil selbst mit einem Chip o. Ä. zu digitalisieren. Sicherheitstechnik und die Lüftungsthemen machen beispielsweise Smarthome-Sinn – aber diese Themen finden am Fenster und nicht am Profilsystem statt.
Glaswelt – Können Sie uns zum Schluss noch einige wirtschaftliche Rahmendaten benennen?
Laubenstein – Durch die neue Konzernstruktur können wir tatsächlich für den deutschen Markt keine expliziten Aussagen treffen. Wir haben in den letzten Jahren einige Kunden im Zuge der Umstrukturierung verloren. Mit den neuen Entwicklungen mit eigenen Alleinstellungsmerkmalen und einer neuen Vertriebsstruktur glauben wir aber an den Erfolg in der Zukunft und freuen uns auf die FRONTALE, weil die Kunden sehen werden, dass sie mit uns erfolgreich arbeiten können.
Glaswelt – Besten Dank meine Herren für das Interview.
Die Fragen stellte Chefredakteur Daniel Mund
Das steckt in ICor
Das erste universelle Baukastensystem mit einer gemeinsamen Verbindung für unterschiedlichste Fenster- und Türprofile nennen die Deceuninck-Systemgeber iCOR. Unterschiedlichste Stile und Technologien können damit miteinander kombiniert werden. iCOR wird zum Kernbestandteil aller Profile aus dem Hause Deceuninck in Europa.
Und mit dem Kern lässt sich spielen: Ob elegantes oder minimalistisches Design, ob flächenbündige oder flächenversetzte Fenster, ob Glasfaser verstärkt, mit zusätzlicher Schaum-Dämmung, ob für Neubau oder Sanierung: Der Kern könne problemlos mit jeder Flügelserie kombiniert werden. Auch lassen sich Profiltypen unterschiedlicher Bautiefen damit austauschen. Zeitersparnis und höhere Flexibilität in der Produktion sind die Vorteile des neuen Systems. Hinzu kommt eine stark reduzierte Komplexität, womit sich auch die Lagerhaltung reduzieren lässt.
www.deceuninck.com
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