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Im Interview mit Gerhard Kleinsasser von KDM Innovation

„Wir haben das Abstellen und Verschieben optimal kombiniert“

GW – Herr Kleinsasser, Sie sind Geschäftsführer von KDM-Innovation. Was ist die Geschäftsidee von KDM?

Gerhard Kleinsasser – Die KDM entwickelt und vertreibt innovative Produktkonzepte. Wir sind Spezialisten für Kinematik, Dämpfung und Mechatronik – daher kommt auch unser Firmenname – und wir verbinden bei den Lösungen Funktion, Komfort und Design.

Gw – Wer steckt hinter diesem Start-up der Fensterbranche?

Kleinsasser – Der Investor der KDM-Innovation ist die Blum Gruppe aus Österreich. Neben der Entwicklung, Herstellung und dem Vertrieb von Funktionsbeschlägen im Schrankmöbelbau möchten wir unser technologisches Know-how in neuen Geschäftsfelder nutzen. So ein Chancenfeld ist die Baubeschlagsbranche. Um innovative Konzepte voranzutreiben habe ich Zugriff auf entsprechende Kapazitäten.

GW – Was war die Idee beziehungsweise der initiale Moment zur Gründung der KDM?

Kleinsasser – 2020 hat die Holzforschung Austria, die TU Wien und Industrieunternehmen verschiedene innovative Bewegungskonzepte unter dem Oberbegriff „das Morgenfenster“ gezeigt (Anm. der Red.: wir berichteten in Ausgabe 04/2020). Danach ist Peter Schober von der HFA auf das Beschlagshaus Blum zugekommen, mit der Frage, ob das Interesse besteht, für diese Konzepte neue Beschläge zu entwickeln. Zunächst ging es eben um diese Variante nach außen Abstellen und Schieben.

GW – Und die Fragestellungen dieser Projektgruppe konnten Sie beantworten?

Kleinsasser – Die Anforderungen passten genau zu unserem Ansatz und unseren Kernkompetenzen: Es ging um die Kinematik beim Abstellen des Fensterflügels, die Dämpfung, die im Schiebebereich benötigt wird und die Mechatronik, die im Abstellvorgang zur Anwendung kommt. Wir haben das Konzept Movista getauft. In diesem Namen stecken die Begriffe Move für die Bewegung und Vista für die Aussicht, also durch das Fenster.

GW – KDM konzentriert sich aktuell auf Movista, langfristig werden Sie sich aber auch mit anderen Produktideen auseinandersetzen?

Kleinsasser – Das ist richtig, wir treiben Kon­zeptideen voran. Anschließend können Entscheidungen getroffen werden, ob Konzepte auch tatsächlich umgesetzt werden. Das ist auch der aktuelle Stand bei Movista: Es ist kein fertiges Produkt, sondern ein fortgeschrittenes Bewegungskonzept für ein innovatives Funktionsfenster.

GW – Was war die größte Herausforderung für Movista auf dem Weg bis zum jetzigen ­Stadium?

Kleinsasser – Die große Herausforderung war, eine Kinematik zu finden, die nicht besonders tief in den Fensterstock hineinbaut, aber sich dann nachher noch verschieben lässt. Wir ­haben mit dem Mechanismus die Kinematik und das Verschieben optimal kombiniert und geben dem Element dabei die erforderliche ­statische ­Festigkeit. Eine Herausforderung war zudem, dass das Fenster im abgestellten Zustand ­stabil ­verharren muss. Insgesamt haben wir jetzt schon einige Patente zu Movista angemeldet.

GW – Wie kommt das Thema Smart-Home ins Spiel?

Kleinsasser – Uns liegt viel daran, eine automatische Lüftungsfunktion zu bieten. Die intelligente, natürliche Lüftung ist eine wichtige ­Anforderung im Markt und lässt sich durch das parallele Abstellen gut gewährleisten. Dabei lässt sich jede Position im Abstellbereich definieren. Was die Anbindung an Smart-Home Systeme angeht, setzen wir stark auf den neuen Standard „Matter“, welches zur Basis für IT-Anwendungen im Smart-Home Umfeld entwickelt wurde.

GW – Bei der Smart-Home Thematik geht es also um den Abstell-Vorgang des Fensters?

Kleinsasser – Genau! Ein vollmechatronisches Öffnen ist aus Sicherheitsgründen nicht zu realisieren. Da würden wir mit der Maschinenrichtline kollidieren in Bezug auf die Fernsteuerung. Deshalb wird der Schiebevorgang rein mechanisch betätigt. Wichtig ist, dass in dem Bewegungsflügel eine Art Griff steckt, der gleichzeitig als Kindersicherung fungiert.

GW – Welche Aspekte sind noch nicht gelöst bei Movista?

Kleinsasser – Beispielsweise der Einbruchschutz. Im geschlossenen Zustand verriegelt das Element an allen vier Ecken mechatronisch, deshalb sind wir zuversichtlich, dass wir eine relativ hohe Einbruchschutzklasse realisieren können. Wir streben RC2 an.

GW – Wie gehen Sie mit dem Thema Absturz­sicherung um?

Kleinsasser – Das ist natürlich ein Thema. In kritischen Bereichen wird wohl nur die Abstellfunktion möglich sein. Es wird also verschiedene Varianten des Fensters geben.

GW – Wie teuer wird das Produkt werden?

Kleinsasser – Das Pricing gehen wir in der nächsten Projektphase an, aber wir werden mit mehr Funktionalität uns in der Größenordnung von vergleichbaren mechatronischen Elementen positionieren können.

GW – Der Prototyp in Salzburg war mit Vakuumglas ausgestattet. Movista lässt sich aber sicher auch mit normalen Glaspaketen bestücken?

Kleinsasser – Wir können mit dem Beschlag 120 kg-Fensterelemente bewegen, es sind also auch Bestückungen mit 3-fach-ISO möglich.

GW – Was ist mit der Schlagregendichtheit?

Kleinsasser – Da liegen wir jetzt schon auf einem sehr hohen Niveau. Mit unserem Prototypen haben wir die höchste Klasse mit bis zu 1050 Pascal erreicht.

GW – KDM treibt Konzepte voran, wer kann oder soll hinterher das Movista produzieren?

Kleinsasser – Wir suchen in der Fensterindustrie Partner, mit denen man dieses Fenster weiterentwickeln kann. Es stecken bekanntermaßen viele Anforderungen in Fenstern drin – der bislang präsentierte Prototyp ist eine mögliche Variante – wie wir finden ein sehr schönes Modell. Wir sind auf der Suche nach Partnern, die auch einen Zugang zu Planern und Architekten haben und gleichfalls sich den Herausforderungen stellen möchten.

Movista ist kein fertiges ­Produkt, sondern ein fort­geschrittenes Bewegungs­konzept für ein ­innovatives Funktionsfenster.

GW – Gibt es bereits jetzt Fensterbau-Partner, mit denen Sie am Movista weiter tüfteln?

Kleinsasser – Ja, das ist die Firma Svoboda in Krems und i+R Fensterbau aus Vorarlberg. Dazu begleitet uns die TU Wien in bauphysikalischen Themen.

GW – Stichwort Elektronik: Ist es zu befürchten, dass die mechanisch geprägten Fensterbauer den Umgang mit mechatronischen Fensterelementen scheuen?

Kleinsasser – Wir haben den Umgang mit der Mechatronik sehr einfach umgesetzt und somit machen wir es den Herstellern und Montagebetrieben auch sehr leicht. Der mechatronische Beschlag ist hinter den Leibungen versteckt und insofern sehr wartungsfreundlich.

GW – Und wie geht es jetzt konkret weiter?

Kleinsasser – Wir müssen zunächst noch den Beschlag fertig entwickeln. Die ersten Fenster, die wirklich montiert werden können, wird es wohl in zwei Jahren geben. Für uns war es bislang mit den Messeauftritten auf der BAU und auf dem FTT wichtig herauszufinden, wie das Produkt ankommt und ob wir weitere Partner hinzugewinnen können.

GW – Und wie kam das Produkt an? Was sagen die Experten, die es gesehen haben?

Kleinsasser – Wir haben tolles Feedback bekommen. In München haben wir mit Architekten, Bauträgern, Beschlagshändlern und Fensterbauern gesprochen und durchweg hervorragende Reaktionen erhalten. Auf dem FTT in Salzburg waren die Fachfragen dann noch spezifischer, die Expertendichte ist hier sehr hoch. Aber auch hier war das Interesse sehr groß.

GW – Herr Kleinsasser, besten Dank für die Einblicke und viel Erfolg mit Ihrem Fensterkonzept!

Das Gespräch führte Chefredakteur Daniel Mund.

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