Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch
Im Interview mit Björn Kuhnke

Brandschutz an der Fassade – ein Problem für die Sonnenschutzhersteller?

GW – Herr Kuhnke, ist Brandschutz ein heikles Thema für die Sonnenschutzbranche?

Björn Kuhnke – Seit der Aufhebung der Bauregellisten erreichen Sonnenschutzhersteller wie auch den IVRSA vermehrt Anfragen zu der Thematik des Brandschutzes bei technischem Sonnenschutz. Konkret geht es im Rahmen von Ausschreibungen regelmäßig auch um die Fragestellung, welche Brandschutzanforderungen Sonnenschutzanlagen einhalten können bzw. welche Anforderungen an Sonnenschutzanlagen gestellt werden können.

GW – Eigentlich sollte in der europäischen Union doch alles einheitlich geregelt sein. Ist dem so?

Kuhnke – Eine Orientierungshilfe zur Beantwortung dieser Fragestellungen, geben die Musterbauordnung sowie die Landesbauordnungen der einzelnen Bundesländer vor. Hier regelt § 26 der Musterbauordnung (MBO) die allgemeinen Anforderungen an das Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen. Hier dürfen laut § 26 Abs. 1 S.2 MBO leicht entflammbare Stoffe nicht verwendet werden. Dies gilt jedoch nicht, wenn sie in Verbindung mit anderen Baustoffen nicht leicht entflammbar sind.

GW – Wie sieht es bei der Einbausituation aus?

Kuhnke – Art. 28 MBO ist zudem zu entnehmen, dass Außenwände und Außenwandteile so anzubringen sind, dass eine Brandausbreitung begrenzt wird. Dies gilt nicht für Fenster und Türen und entsprechend auch nicht für den Sonnenschutz. Sonnenschutzanlagen sind im Sinne des Brandschutzes nicht als Fassadenbauteil oder raumbildendes Bauteil einzuordnen.

GW – Abgesehen von der Musterbauordnung, wie sieht es mit anderen Vorschriften aus?

Kuhnke – Gemäß der Musterverwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB), einzusehen beim DIBt, existieren keine Vorgaben für den Brandschutz zu technischem Sonnenschutz. Somit fehlt eine gesetzliche Grundlage, dass für eine Sonnenschutzanlage ein Verwendbarkeit- oder Anwendbarkeitsnachweis durch einen Prüfer oder durch das Bauamt eingefordert werden kann. Weitere Anforderungen gibt es nicht, diese könnten sich aber aus privaten vertragsrechtlichen Anforderungen ergeben. Erfahrungsgemäß reagiert die Gesetzgebung erst, wenn Handlungsdruck besteht. Diesen gibt es momentan bei Sonnenschutz nicht, da es keine signifikanten Schäden gibt.

GW – Wie geht der IVRSA mit dem Thema um?

Kuhnke – Aktuell führt der IVRSA unter Federführung des Fachauschusses Raffstoren sogenannte orientierende Prüfungen durch, um branchenübergreifend genaue Festlegungen zur Brennbarkeit von verschiedenen Sonnenschutzprodukten treffen zu können. Hierzu wurden bereits diverse Test mit Raffstoren unternommen, die nach der Norm EN 13823 (Eckbrand), durchgeführt worden sind.

Diese Norm enthält ein Prüfverfahren zur Bestimmung des Brandverhaltens von Bauprodukten bei thermischem Angriff durch einen einzelnen brennenden Gegenstand, ausgenommen Böden und Produkte, die in der Zulassungsverordnung 2016/364 der Europäischen Union der Kommission festgelegt sind. In Bezug auf dieses Prüfverfahren sind Berechnungsverfahren (Anhang A), Angaben zur Genauigkeit des Prüfverfahrens (Anhang B) und Kalibrierverfahren (Anhang C und D) in den Anhängen der jeweiligen Norm enthalten. Geplant ist, diese Versuche auf ZIPs und Rollläden zu erweitern. Der Abschluss der Untersuchungen wird im Jahr 2025 erwartet .

GW – Was kann ein Hersteller tun, damit diese für private vertragsrechtliche Anforderungen an den Brandschutz geeignet sind?

Kuhnke – Für diese Fälle kann über das DIBt (Deutsches Institut für Bautechnik) ,der deutschen Zulassungs- und Genehmigungsstelle für Bauprodukte und Bauarteneine „Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ) mit entsprechender Prüfung erlangt werden. Mit der abZ können regelungsbedürftige – z.B. innovative – Bauprodukte und konstruktive Lösungen deutschlandweit in Einklang mit den Bauordnungen ver- und angewendet werden.

Eine abZ gilt im Gegensatz zur Zustimmung im Einzelfall (ZiE) für den Einsatz von Bauprodukten und Bauarten in allen Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland. Die Zulassung wird im Regelfall für die Dauer von 5 Jahren erteilt.

Das Interview führte Olaf Vögele.

Jetzt weiterlesen und profitieren.

+ Glaswelt E-Paper-Ausgabe – jeden Monat neu
+ Kostenfreien Zugang zu unserem Online-Archiv
+ Fokus GW: Sonderhefte (PDF)
+ Webinare und Veranstaltungen mit Rabatten
uvm.

Premium Mitgliedschaft

2 Monate kostenlos testen