_ Auch für Gutachter sind Reparaturen ein interessantes Betätigungsfeld, denn sehr oft landen sie vor Gericht, wenn sich der Kunde und der beauftragte Betrieb nicht über den Erfolg oder die Dauerhaftigkeit der Reparatur einig werden können. Auch bei Reparaturarbeiten gelten für den ausführenden Betrieb die Regelungen der gesetzlichen Gewährleistung, ein Punkt, der oft vergessen wird.
Die Gretchenfrage: Was ist das?
Schön früher haben sich die Fachbetriebe in ihrer Region auf Innungsebene etc. gegenseitig geholfen, wenn sie mal nicht wussten, was für ein Fremdfabrikat sie gerade vor sich haben.
Heute geht es wesentlich schneller: Handy zücken, Fotos machen und in eine fast 1500 Mitglieder große Facebookgruppe stellen, und schon bekommt man innerhalb von wenigen Minuten bis zu wenigen Stunden eine Information, um welchen Typ es sich handeln sollte. Praktischerweise wird in vielen Fällen auch eine Adresse mitgeliefert, wo man die Ersatzteile beziehen kann. Wenn man ein wenig Glück hat, gibt es auch noch die Einstellanleitung oder eine Zeichnung mit dem Bandlauf einer Wintergartenmarkise dazu. Eine gute Sache? Ja, in der Tat oder vielleicht sagen wir doch besser, es kommt drauf an.
Die Problematik fängt immer da an, wo es in die Fremdfabrikate geht. Da fehlt meist typenspezifisches Wissen zu den Produkten und Montage- oder Wartungsanleitungen stehen in den allermeisten Fällen nicht zur Verfügung.
Vorspannen der Feder bei einer Wintergartenmarkise, die richtige Seil- oder Bandlänge? Egal, machen wir wie immer und nach Gefühl. Die Arbeiten werden durchgeführt, die Rechnung geschrieben und der Auftrag ist erledigt. Der Betrieb hat sein Geld verdient.
Ob es sich in diesem Fall für den Kunden lohnt, stellt sich erst später heraus. Wenn das Band wegen falscher Spannung nach wenigen Wochen reißt und die Wintergartenmarkise noch weiter beschädigt wird als vorher, sicher nicht.
Die Reparatur nach der Reparatur
Ein sehr großes Problem für Reparaturbetriebe sind solche Reparaturen, bei denen schon vorher durch eine Kollegenfirma eine Reparatur durchgeführt worden ist. Fehlt hier die Produktkenntnis, kann gar nicht festgestellt werden, ob man den Originalzustand des Reparaturgegenstandes antrifft oder bereits unzulässige oder fehlerhafte Änderungen vorgenommen worden sind.
In diesen Fällen führt der Weg sehr schnell ins Chaos und das Reparaturergebnis ist fraglich. Auch hier muss gelten: Finger weg von Sachen, die man nicht kennt, und nicht den Versuch unternehmen, ein Produkt zu reparieren, zu dem alle wichtigen Informationen fehlen. Leider folgen diesem Grundsatz nicht alle (Fach-)Betriebe.
Problemfall Fassadenarbeiten
Ganz schnell in die Bredouille kommen Betriebe bei beauftragten De- und Montagearbeiten, z. B. wenn die Fassade eines Gebäudes gestrichen wird etc. In diesen Fällen lautet der Auftrag in der Regel, die Markise wieder an gleicher Stelle zu montieren. Finden sich hier aber Umstände wie eine Montage direkt auf den Klinker, Kunststoffdübel, fehlerhafte Unterfütterung usw., dann wird es sehr schnell schwierig mit der Wiedermontage, weil sie so nicht ausgeführt werden kann, ohne gegen die anerkannten Regeln der Technik zu verstoßen. Der Kunde will die Mehrleistung meist weder bezahlen noch zulassen, dass die Montagesituation der Markisenkonsolen aus technischen Gründen verändert wird. Die gleiche Problemstellung gilt auch bei Neubespannungen, wenn bei den Arbeiten festgestellt wird, dass die Konsolen lose sind und neu befestigt werden müssen.
Hier muss der ausführende Betrieb schon bei der Auftragsannahme im Rahmen des Ortstermins auf solche Fälle und eine damit evtl. verbundene und zu bezahlende Mehrleistung hinweisen.
Tut er es nicht, weil er Angst hat, den Auftrag entzogen zu bekommen oder keine zusätzliche Vergütung zu erhalten, verhält er sich grob fahrlässig und macht sich schadenersatzpflichtig.
Sonderfall Denkmalschutz
Besonders viel Fachwissen und handwerkliches Können der Fachbetriebe ist bei Arbeiten im Rahmen des Denkmalschutzes gefragt, da hier meist alte Markisensysteme wieder in einen funktionierenden Zustand versetzt werden müssen.
Für den Fachbetrieb kann das, wie auch für den Kunden, ein sehr lohnendes Geschäft sein. Fällt neben den Reparaturarbeiten meist noch eine Neubespannung, neuer Motor etc. ab, kann der Auftraggeber die gestellten Auflagen des Denkmalschutzamtes erfüllen.
Bei keinem anderen Reparaturbereich trennen sich Spreu und Weizen bei der Definition von Fach- und „Schwach“-Betrieben mehr als in diesem Bereich, da hier eine gute und umfangreiche handwerkliche Ausbildung unerlässlich ist.
3D-Drucker als Ersatzteilbeschaffer?
Die Seitenkappe am Ausfallprofil ist eingerissen oder zersprungen. Für den Kunden sicher kein Grund, gleich eine neue Markise zu kaufen. Wenn das Ersatzteil nicht mehr beschafft werden kann, zeigt sich der 3D-Drucker als kostengünstige Alternative, um den Kunden zufriedenstellen zu können.
Auch wenn so ein Teil mit Fertigungszeichnung und Druck später 50 bis 70 Euro pro Stück kostet, kann es zumindest angeboten und dem Kunden gegenüber die entsprechende Fachkompetenz des Unternehmens nachgewiesen werden. Für die Zukunft ist der 3D-Druck eine Serviceleistung, über die Fachbetriebe nachdenken sollten, um sich von anderen Unternehmen positiv zu unterscheiden.
Ein deutliches Fazit
Auf dem großen Feld der Reparaturen bewegen sich die meisten Unternehmen in der R+S-Branche, die den Namen Fachbetrieb nicht annähernd verdienen. Das Sammelsurium der hier gezeigten Bilder könnte für einen tagesfüllenden Vortrag locker ergänzt werden. Der Vortragstitel: Schlimmer gehts nimmer.
Man muss sehr deutlich feststellen, dass Betriebe bei Reparaturarbeiten besonders gut qualifiziert sein müssen, um diese Arbeiten, die sehr oft auch an Fremdprodukten erfolgen, fachgerecht ausführen und damit auch die Gewährleistungsphase überleben zu können. Oder sie können es nicht, dann müssen sie dem Kunden ebenso fachgerecht erklären, warum sich die Reparatur für ihn nicht mehr lohnt.
Sinnvolle Reparaturen müssen aber beiden Seiten dienen. Angemessene Bezahlung für eine fachgerechte Arbeit des Fachbetriebes einerseits und ein Kunde, der seinen reparierten Sonnenschutz wieder über lange Jahre problemlos nutzen kann, andererseits.
Fachgerecht durchgeführte Reparaturen an 20 Jahre alten Anlagen sind vollkommen unbedenklich und in den meisten Fällen für den Kunden auch wirtschaftlich, wenn die richtigen Ersatzteile vorhanden sind und beim Zusammenbau nach Herstellervorschriften verfahren wird. Übrigens ist die gut ausgeführte Reparatur nach wie vor der Türöffner Nr. 1, wenn es darum geht, sich als Fachbetrieb zu empfehlen und zusätzliche Produkte und Leistungen zu verkaufen.—