_ Medizinische Studien belegen, dass das Tageslicht den Stoffwechsel reguliert, die Melatoninproduktion (Schlafhormon) unterdrückt, die „Gute-Laune-Hormone“ wie Seratonin und Noradrenalin aktiviert, die Abwehrkräfte verbessert, den Schlaf-wach-Rhythmus steuert sowie die Leistungsfähigkeit und Lernfähigkeit steigert. Dies allein zeigt die enorme Bedeutung von Tageslicht für Kinder in Schulen. Angesichts dieser Fakten sollten alle energetischen und baulichen Aspekte eigentlich in den Hintergrund treten. Aber es gilt natürlich auch die störenden Einflüsse von Blendungseffekten und Überhitzung im Sommer zu vermeiden. Damit wird deutlich, dass die Planung und Umsetzung von Sonnenschutz, Blendschutz und Tageslichtversorgung zu den anspruchsvollsten Planungsaufgaben zählt.
Sommerlicher Wärmeschutz
Den auch in Deutschland spürbaren Konsequenzen der Erderwärmung tragen die Verschärfungen in der EnEV 2016 und der DIN 4108-2 Rechnung. Beide Regelwerke gelten für neue Gebäude sowie für Erweiterungsbauten bzw. neue Gebäudeteile im Sinne der EnEV. Die DIN 4108-2 bietet ein vereinfachtes Verfahren (Sonneneintragskennwert-Verfahren oder Sx-Verfahren) und eine dynamische Gebäudesimulation mit festgelegten Parametern und Randbedingungen an. Durch die Überarbeitung der DIN 4108-2 kann nun auch eine passive Kühlung und Nachtlüftung mit unterschiedlich hohen Luftwechseln berücksichtigt werden. Das vereinfachte Verfahren bewertete früher bei einem fassadenflächenbezogenen Fensterflächenanteil von unter 50 % zu „scharf“ und bei größeren Fensterflächenanteilen zu „weich“. Diese Fehlbewertung wurde nun korrigiert, sodass das vereinfachte Verfahren und die Simulation zu ähnlichen Ergebnissen kommen. Bei größeren Fensterflächen ergibt sich nun eine „strengere“ Bewertung, sodass nun tendenziell bessere Sonnenschutzmaßnahmen als bisher erforderlich sind. Eine Beispielrechnung für eine einfache Fassade mit Lochfenstern, die auf viele Verwaltungsgebäude übertragbar ist, zeigt, dass trotz eines Sonnenschutzglases mit einem g-Wert von 31 % und einem zusätzlichen, außen liegenden Sonnenschutz, der Nachweis über das vereinfachte Verfahren der DIN 4108-2 nur knapp erfüllt werden kann. Im Nichtwohnungsbau wird daher eine thermische Gebäudesimulation das übliche Nachweisverfahren sein.
Die Anhaltswerte für die Abminderungsfaktoren Fc von Sonnenschutzeinrichtungen in Tabelle 7 der DIN 4108-2 unterscheiden zwar zwischen Zwei- und Dreifach-Wärmeschutzglas sowie Sonnenschutzglas, aber eine Angabe konkreter Herstellerangaben für den gtot-Wert führt zu eindeutig besseren Ergebnissen. Es wird häufig nicht berücksichtigt, dass der für die Bemessung relevante Fc-Wert von der Kombination aus Glas und Sonnenschutz abhängt. Die Fc-Werte werden oft übertragen und unbedenklich genutzt, sodass es in der Praxis häufig zu Fehlplanungen kommt. In Bezug auf den Fc-Wert sind bei außen liegendem Sonnenschutz Abweichungen von bis zu 20 % möglich.
Automatische Steuerungssysteme für Verschattungen werden intensiv propagiert und können den Kühlbedarf reduzieren. Diese Systeme greifen in der Praxis oft nicht wie gewünscht, weil eine zentrale Steuerung gerade bei den wechselnden Ansprüchen in Büroräumen die individuellen Bedürfnisse der Menschen nicht ausreichend erfüllt und deshalb nicht akzeptiert wird. Vorteile ergeben sich durch eine Ansteuerung pro Sonnenschutzelement und Arbeitsplatz.
Blendschutz und Tageslichtlenkung
Neben den thermischen Kriterien ist die Lichtqualität der zweite wichtige Faktor für die Planung von Fenstern und Fassaden. Die Beleuchtungsstärke im Freien streut sehr stark und reicht von 5000 bis über 100 000 Lux und erfordert damit eine Regelung der Lichtintensität durch die Fassade. Dennoch wird an 85 % der Tage ein Tageslichtangebot von min. 5000 Lux zur Verfügung gestellt. Dies reicht zur Ausleuchtung der meisten Räume aus, falls keine Verschattung durch Gebäude, Pflanzen oder Verschmutzung der Verglasungen stören; bei starker Verschmutzung innen und außen kann das Tageslicht bis zu 50 % vermindert werden. Als Basis für eine erste grobe Planung der Fenster können folgende Grundsätze angenommen werden:
- farbneutrale Verglasung mit einem Lichttransmissionsgrad von ca. 65 % bis 75 %,
- normal geschnittene Räume (Verhältnis Breite : Tiefe etwa 1 : 2),
- Breite der Fensterfront entspricht etwa der Raumbreite und sollte ca. 20 % der Raumfläche betragen,
- Breite und Höhe der Fenster etwa 1,5 m bis 2,5 m, Brüstungshöhe etwa 0,90 m und deckennahe Fensteroberkante. Keine Glasteilung durch Sprossen,
- Möglichst geringe Abschattung durch Verbauung oder Pflanzen,
- Integrative Planung von Sonnen-, Blendschutz und Tageslichtlenkung.
Eine genauere Planung mit Lichtsimulationen liefern Ingenieurbüros, dieses bietet sich bei Nichtwohnungsbauten an, da eine Berechnung einzelner repräsentativer Räume ausreichen kann.
Oft blendet der Sonnenschutz, weil sich Leuchtdichten am Fenster über 4000 cd/m² ergeben und damit das Lernen erschweren. Ein visuelles Unbehagen kann sich selbst bei geschlossenem oder zu hellem Sonnen-/Blendschutz ergeben, wenn Fenster und Fassaden direkt von der Sonne beschienen werden und sich dann die Sonnenscheibe abzeichnet oder sich Sonnenlichtflecken auf Boden und Tischen bilden. Eine Blendung kann häufig nur durch einen zusätzlichen inneren Blendschutz oder winkelselektive Verschattungssysteme vermieden werden, die die direkte Sonnenstrahlung ausblenden, aber dennoch genügend indirektes und blendfreies Licht in den Raum lassen. Ein Blendschutz gemäß DIN EN 14500 soll deshalb den Grad der Leuchtdichte regulieren, die Leuchtkontraste zwischen verschiedenen Bereichen innerhalb des Gesichtsfeldes verringern sowie störende Reflexionen auf Bildschirmgeräten oder Arbeitsflächen verhindern. Ideal ist daher eine Kombination von Sonnen- und Blendschutz, insbesondere an Bildschirmarbeitsplätzen.
Für anspruchsvolle Sehaufgaben wie in Schulen wird normativ eine Beleuchtungsstärke von min. 500 lx gefordert, mehr ist natürlich besser. Diese Forderungen beziehen sich auf die eigentliche Sehaufgabe und lassen die Entdeckung eines dritten Lichtrezeptors auf der Netzhaut unberücksichtigt, der die biologische Uhr, die Hirnaktivität, das Wohlbefinden und die Gesundheit beeinflusst und erst ab Beleuchtungsstärken am Auge von größer 1000 lx reagiert. Grundsätzlich muss deshalb für die Gesundheit, Konzentrationsfähigkeit und Lernmotivation eine bestmögliche Versorgung mit Tageslicht angestrebt werden. Diese Erkenntnisse erfordern eine gänzlich neue Bewertung von „gutem Licht“, die folgende Faktoren berücksichtigen muss:
- absolute Tageslichtmenge (Quantität),
- natürliche Lichtqualität (Farbe, Richtung, dynamische Wechsel)
- Verlauf bzw. Verteilung des Tageslichts im Raum (Tageslichtquotient),
- optische Wahrnehmungsbedingungen, Direktblendung, Reflexblendung,
- Visueller Bezug nach außen (Transparenz),
- Sonnenschutz (g-Wert als Kennzahl für thermischen Sonnenschutz)
- individuelle Anpassung und Abschaltung von Kunstlicht.
Fazit
Sonnenschutz und Blendfreiheit können nur durch eine integrative Planung energieeffizient, kostengünstig und nachhaltig erreicht werden. Die Tageslichtplanung kann durch Simulationen bereits im Entwurfsstadium deutlich verbessert werden. Die künstliche Beleuchtung muss dabei variabel und adaptiv an das Tageslichtangebot angepasst werden, d. h. die Leitgröße bleibt das Tageslicht, das bezüglich der Intensität, Lichtrichtung und Lichtfarbe erhalten bleiben sollte. Dies ist möglich durch Systeme zur Tageslichtlenkung, die das vorhandene Licht optimal in der Raumtiefe verteilen, den visuellen Komfort erhöhen und die Stromkosten reduzieren. Der Einsatz automatisch regelbarer Systeme und die Planung der Steuerung müssen immer auch einen autonomen Eingriff von Lehrern und Schülern erlauben. Nicht ein „Entweder-oder“, sondern ein „Sowohl-als-auch“ muss deshalb der Grundsatz für die Planung von Fassade, Haustechnik und Beleuchtung sein. Thermischer Komfort ist auch bei großen Glasflächen möglich, wenn dies in der Planungsphase berücksichtigt wird.—