Im Vergleich zu anderen Sachgebieten des Bauwesens sind die Zusammenhänge zum Schutz vor Überhitzung nicht in hinreichendem Umfang geklärt:
- Welche Temperaturen dürfen sich in Innenräumen höchstens einstellen?
- Was müssen Planer und Ausführende beachten?
- Welche Planungsgrundlagen sind zu beachten?
In den mitteleuropäischen Breiten freuen wir uns über solare Energiegewinne und über eine gute Versorgung mit Tageslicht in den Innenräumen. Diese Wünsche können vor allem durch große und lichtdurchlässige Glasflächen erfüllt werden. Die Kehrseite zeigt sich bei falscher Planung und Nutzung durch überhöhte Energieverluste und Überhitzung. Dabei darf man nicht dem Fehler verfallen, den sommerlichen Wärmeschutz auf die Größe der Glasflächen zu reduzieren. Vielmehr ist der sommerliche Wärmeschutz das Ergebnis vieler Einflüsse und muss dementsprechend als Bestandteil einer integralen Planung verstanden werden.
Einflüsse auf den sommerlichen Wärmeschutz
Es gibt drei wesentliche Bereiche, die die Qualität des sommerlichen Wärmeschutzes prägen: Die Begrenzung des Energieeintrags, die Abführung überschüssiger Wärme und die zeitweise Speicherung von Wärme.
Für die Berücksichtigung dieser Einflüsse auf den sommerlichen Wärmeschutz in der Bauplanung ist es wichtig, dass diese quantifiziert und durch charakterisierende Kenngrößen dargestellt werden. Diese sind die Grundlage für eine ingenieurmäßige Planung.
In Deutschland sollte man versuchen auf Kühlgeräte zu verzichten. Bei Wohnnutzung und einfacher Büronutzung stellt dies kein besonderes Problem dar. Bei höheren Kühllasten, können abhängig von der Höhe der Kühllast geeignete technische Kühleinrichtungen berücksichtigt werden. Nicht immer muss eine Kältemaschine eingesetzt werden. Passive Kühlung bei der regenerierbare Wärmesenken genutzt werden, weisen zwar meist höhere Investitionskosten auf, der Einsatz von Kältemaschinen belastet die Nutzer jedoch langfristig stärker durch die Betriebskosten.
Aus dieser Sicht werden bereits zwei Planungsaufgaben für den sommerlichen Wärmeschutz deutlich: die Begrenzung der Überhitzung ist eine Frage der Auslegung des Bauwerks und der technischen Anlagenteile, während die Minimierung der Lebenszykluskosten auf der Basis einer energetischen Bewertung zu erfolgen hat.
Wer nachweisen kann, dass mit einfachen baulichen Mitteln der sommerliche Wärmeschutz eingehalten wird, spart sich auch den Planungsaufwand für die energetische Bewertung der Kühlenergie. Nach der neuen EnEV 2007 ist für Nichtwohngebäude die energetische Bewertung unter Einbeziehung der Kühlenergie vorgeschrieben.
Die einzelnen Einflüsse auf den sommerlichen Wärmeschutz werden regelmäßig in Planungen übergangen – vielleicht deshalb, weil man meint sie gefühlsmäßig und aus Erfahrung in den Griff zu bekommen. Die vielen Beschwerden über mangelnden sommerlichen Wärmeschutz sollten einen jedoch eines Besseren belehren. Wichtige Faktoren, die Beachtung finden müssen sind:
- Glasfläche (richtungsabh.), Verglasung und Sonnenschutz
- Wärmespeicherung
- Interne Wärmequellen
- Lüftung
- Bauteilhülle
Was für die Wärme gut ist, ist bei unseren Gebäuden auch für die Kälte gut – nämlich ein niedriger Wärmedurchgangskoeffizient der Außenbauteile. Die Temperaturen auf einer sonnenbeschienenen Außenoberfläche können 60 °C und mehr erreichen. Die Temperaturdifferenz zum Innenraum führt dementsprechend zu einem Wärmestrom, der umso geringer ist, je niedriger der U-Wert ist. Die baulichen Voraussetzungen für den sommerlichen Wärmeschutz stehen an erster Stelle eines Raumkühlkonzeptes. Dies bedeutet, dass zunächst der Kühlbedarf eines Gebäudes minimiert werden muss. Das Zusammenwirken der genannten Einflüsse auf den sommerlichen Wärmeschutz führt zur Kühllast eines Raumes.
Die Kühllast zur Auslegung von Kältemaschinen wird nach VDI 2078 „Berechnung der Kühllast klimatisierter Räume (VDI Kühllastregeln)“ vorgenommen. Zur Auslegung von passiven Systemen empfiehlt es sich, eine thermische Gebäudesimulation durchzuführen. Die Festlegung der zulässigen Raumtemperatur ist für die Auslegung außerordentlich wichtig. Nach Möglichkeit sollten nicht starre Temperaturgrenzwerte, sondern gleitende Regelungen getroffen werden. Hierzu gehört z.B. ein Temperaturabstand zur Außenlufttemperatur und die Definition von Zeitangaben, in denen jährlich die Grenzwerte überschritten werden dürfen. Derartige Angaben führen zu wirtschaftlichen Auslegungen.
Anforderungen an den Wärmeschutz
Die „DIN 4108 Wärmeschutz und Energieeinsparung in Gebäuden Teil 2 - Mindestanforderungen an den Wärmeschutz“ ist eine der eingeführten Technischen Baubestimmungen. Sie ist daher grundsätzlich einzuhalten - auch bei Sanierungen oder nicht genehmigungspflichtigen Baumaßnahmen.
In der Norm ist im Abschnitt 4.3 „Wärmeschutz im Sommer“ allgemeine Hinweise und im Abschnitt 8 „Mindestanforderung an den sommerlichen Wärmschutz“ das Nachweisverfahren dargestellt. Beim Nachweisverfahren wird ein sogenannter zulässiger Sonneneintragskennwert aus den Gebäudedaten ermittelt, in dem die zuvor geschilderten Einflüsse quantifiziert werden. Diesem Wert wird ein Sonneneintragskennwert gegenübergestellt, der sich aus den verglasten Flächen mit dem Gesamtenergiedurchlassgrad einschließlich Sonnenschutz und der Nettogrundfläche des jeweiligen Raumes ergibt. Das Verfahren ist allerdings nicht sehr genau, in Zweifelsfällen sollten bessere Verfahren herangezogen werden. Die Norm gibt hierzu folgenden Verweis:
Der Nachweis ist bei Bedarf mithilfe genauerer, ingenieurmäßiger Berechnungsverfahren unter Beachtung der Randbedingungen (…) zu führen. Die Anwendung solcher Verfahren ist generell zulässig.
Die DIN 4108-2 ist nicht geeignet, um das Bauwerk dahingehend zu dimensionieren, dass eine vorgesehene Raumtemperatur nicht überschritten wird. Es werden zwar Raumtemperaturen angegeben, die bei der Ausgestaltung dieses Verfahrens zugrunde gelegt wurden, jedoch können diese Raumtemperaturen einem Bauherrn nicht zugesichert werden, auch nicht als statistische Grenzwerte – z.B. in der Weise, dass die genannten Werte im Mittel nur an x Tagen überschritten werden.
- Energiesparender Wärmeschutz
Der energiesparende Wärmeschutz wird in Deutschland länderübergreifend durch die Energieeinsparverordnung (EnEV) umgesetzt, die im Jahr 2007 novelliert wurde - mit Konsequenzen für den sommerlichen Wärmeschutz. Die EnEV verweist zum sommerlichen Wärmeschutz auf die DIN 4108-2. Der dort genannte höchstzulässige Sonneneintragskennwert ist einzuhalten. Damit ist auch klar, dass nicht mehr der Fensterflächenanteil des Gesamtgebäudes betrachtet wird, sondern die als kritisch einzuschätzenden einzelnen Räume. Werden Wohngebäude gekühlt, so muss der einzuhaltende bzw. der im Energieausweis anzugebende Jahres-Primärenergiebedarf einen Zuschlag erhalten. Bei Nichtwohngebäuden muss der Nachweis nach EnEV mit der DIN V 18599 „Energetische Bewertung von Gebäuden“ durchgeführt werden. In dieser Norm wird der Energieaufwand für die Kühlung mitbilanziert. Dieser Energieaufwand muss durch andere Maßnahmen im Gebäude ausgeglichen werden.
- Arbeitsschutz
In der Verordnung über Arbeitsstätten ArbStättV ist formuliert, dass in Arbeitsräumen eine gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur bestehen muss. Diese Vorgabe ist in den Arbeitsstättenrichtlinien (ASR 6 Raumtemperaturen) genauer dargestellt. Die Lufttemperatur in Arbeitsräumen soll + 26 °C nicht überschreiten. Bei darüber liegender Außentemperatur darf in Ausnahmefällen die Lufttemperatur höher sein. An Fenstern, Oberlichtern oder Glaswänden sind wirksame Schutzvorrichtungen gegen direkte Sonneneinstrahlung vorzusehen.
Für die Planung und die Bewirtschaftung von Immobilien gilt, dass die Vertragsparteien schriftlich Transparenz herstellen sollten. Hierzu gehört, dass dargestellt wird, wie der sommerliche Wärmeschutz in dem Objekt geplant und nachgewiesen wurde. Dies erlaubt Hinweise darauf, mit welchem Temperaturniveau in Hitzeperioden zu rechnen ist, von welchem Nutzerverhalten man ausgegangen ist und mit welchen Wärmelasten gerechnet wurde. Zwischen Bauherren und Planern sollte ein präzise formuliertes Pflichtenheft erarbeitet werden, mit den Angaben zum sommerlichen Wärmeschutz und den einzuhaltenden Raumtemperaturen. Bauherren müssen allerdings auch akzeptieren, dass es, über den Pflichtnachweis des sommerlichen Wärmeschutzes nach DIN 4108-2 hinaus, eine zusätzliche Ingenieurleistung erfordert, um den sommerlichen Wärmeschutz sicher zu planen und zu dimensionieren. Diese ist notwendig, um die späteren Betriebskosten niedrig zu halten.
Im bisherigen Text wurde deutlich, dass bei der Planung von sommerlichem Wärmeschutz vielfältige Einflüsse zu beachten sind. In der nächsten Ausgabe der GLASWELT lesen Sie mehr über die Planungsabläufe. Fortsetzung folgt|