Redaktion – Herr Fischer, die Vorgaben haben 2015 erheblichen Einfluss auf Ihre Produktion genommen. Wie sind Sie damit umgegangen?
Rüdiger Fischer – Grundsätzlich haben wir diese Entscheidung natürlich befürwortet. Nichtsdestotrotz mussten wir unsere Produktion maßgeblich umstellen, schließlich mussten wir uns auf die neuen Materialeigenschaften einstellen, die sich aus der Rezeptur-Änderung ergeben haben. Insgesamt ist uns das sehr gut gelungen und wir konnten hier vor allem auf die Unterstützung unseres langjährigen Partners Begra Granulate GmbH & Co. KG setzen.
Redaktion – Wie waren Ihre ersten Erfahrungen nach der Rezepturänderung?
Fischer – Nach dem ersten halben Jahr ist unsere Reklamations-Quote gestiegen. Wir lagen bis dahin bei etwa 0,07 - 0,08 %, Mitte 2016 waren es dann 0,52 %. Dem sind wir in Zusammenarbeit mit Begra unverzüglich auf den Grund gegangen. Man muss immer bedenken, dass hier viele Faktoren zusammenkommen und man das Material, die Fertigung und das Endprodukt gemeinsam analysieren muss. Dazu kam der extreme heiße Sommer in 2016. Letztendlich konnte die Rezeptur erfolgreich angepasst werden, so dass unsere Reklamationsquote bereits 2017 wieder in unserem vorherigen Bereich lag.
Redaktion – Was musste denn an der Rezeptur geändert werden?
Fischer – Bei den Optimierungen ging es insbesondere um den Vicat-Wert, der die Wärmeformbeständigkeit von Kunststoffen beschreibt. Als noch das Schwermetall Blei verwendet wurde, lag dieser bei 80,7. Nach der Umstellung auf Calcium-Zink ist er auf 78,5 gesunken. Begra hat im Zuge zahlreicher Tests am Prüfstand sowohl das Gleit- als auch am Stabilitätspaket optimiert, so dass wir nun mit der neuen Rezeptur wieder bei einem Wert von 80,7 liegen.
Redaktion – Was hatten die Startschwierigkeiten für Ihr Unternehmen für Folgen?
Fischer – In Bezug auf die Zusammenarbeit mit unseren Fachpartnern war das kein großes Problem, da wir die Reklamationen wie vorher auch entsprechend behoben haben und die Ursache dafür transparent zu erklären war. Ich würde deshalb eher von einem Image-Schaden sprechen der einfach herbeigeredet wurde. Meines Erachtens war das unverhältnismäßig, wenn man sich die Zahlen und daraus resultierenden Fakten, wie auch die nachfolgende Entwicklung ansieht.
Redaktion – Auf welche Problematiken sollte beim Kunststoff-Rollladen denn grundsätzlich geachtet werden?
Fischer – Bei hohen Temperaturen im Sommer sollten die Rollläden wie in der TR 121 vom BVRS definiert, als Sonnenschutz nur in hängender Position heruntergefahren werden. Geeignete Motoren erkennen auch in Verbindung mit Stahlfedern oder von festen Wellenverbindern die untere Endlage, ohne zusätzlichen Druck auf den Panzer auszuüben. Ein weiteres Problem entsteht durch nicht optimal passende Führungsschienen in Bezug zur Stabnenndicke. Hier gibt es bei Neubaurollläden durch “fremde Führungsschienen” meist zuviel Luft, was die Waschbrettbildung (S-Form) begünstigt, während es bei Vorbaurollläden gut geregelt ist. Besser wären Führungsschienen, die bereits für engwickelnde Rollladenprofile modifiziert sind.
Redaktion – Wo sehen Sie klare Vorteile von Kunststoff-Rollläden?
Fischer – Rollläden aus Kunststoff sind komplett recyclebar und somit absolut nachhaltig. Sie bieten die einfachste und günstigste Möglichkeit, Räume zu beschatten und im Winter Wärmeverluste zu vermeiden. Auch störender Lärm wird dank hoher Dämpfungsfaktoren reduziert. Dabei sind sie form- und wetterbeständig und punkten vor allem durch ihre Stoßunempfindlichkeit. Mit hohem Metergewicht trotz kleinstem Ballendurchmesser gewährleisten sie gute Stabilität – auch bei extremen Witterungsbedingungen.
Redaktion – Welche Potenziale sehen sie für die Zukunft?
Fischer – Kunststoff bietet auch perspektivisch viele Möglichkeiten, da Weiterentwicklungen in Zusammenarbeit mit Begra in puncto Vicat-Wert ohne Frage möglich sind. Denkbar wäre zum Beispiel das Material so zu modifizieren, dass es nicht absorbiert sondern reflektiert. Dann wären Kunststoff-Rollläden um ein Vielfaches effektiver, als bisher. Da ist also noch Luft nach oben und wir freuen uns darauf, gemeinsam mit unserem Partner weiter daran zu arbeiten.
Redaktion – Vielen Dank für das Gespräch.