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Glasbau – Trends und neue Produkte

Groß, flexibel, digital

_ Ein ganz wichtiger Trend sind die heute verfügbaren Glasgrößen. Während bisher Abmessungen des Bandmaßes von 3,21 × 6,00 m die Möglichkeiten einschränkten, sind heute Gläser von bis zu 16 m Länge auch in thermisch vorgespannter Qualität und laminiert verfügbar. Beeindruckende Bilder von Projekten mit diesen großen Gläsern machen klar, dass diese mit modernen Simulationsmethoden von Ingenieuren berechnet und ausgelegt werden müssen. Dabei wird künftig auch erforderlich, den Zustand nach Glasbruch zu simulieren, um aufwendige 1 : 1 Versuche zur Resttragfähigkeit reduzieren zu können (Bild 01).

Solche Simulationsmethoden können darüber hinaus bereits in der Produktentwicklung und zur Optimierung eingesetzt werden. Neue Produkte wie etwa große Gläser mit Sandwichelementen (Bild 02) zeigen, dass aus der Kombination bewährter Bauprodukte mit der Verfügbarkeit in anderen Dimensionen eine neue Ästhetik bei sehr guter Funktionalität (hier Wärmedämmung) entstehen kann.

Kleben und neue Polymerschichten

Das Kleben wird (endlich) einen zunehmend wichtigeren Stellenwert in der Fügetechnik mit Glas bekommen. Mit wissenschaftlich abgesicherten Nachweisverfahren kann die Tragfähigkeit von Verklebungen heute auch für die lange Nutzungsdauer von Fassadenkonstruktionen im Bauwesen von über 25 Jahren nachgewiesen werden. Eine wichtigere Rolle dabei spielen Dauerstandsversuche und zyklische Ermüdungsversuche an geklebten Verbindungen.

Weiter müssen die Einwirkungen, besonders aus zyklischer Wind- und Temperaturbelastung genauer erfasst und statistisch beschrieben werden. Damit eröffnet sich über das klassische Structural-Sealant-Glazing-System (SSGS) hinaus ein weites Feld für Innovationen. Allerdings nur wenn gewährleistet wird, dass die bewährten Instrumente der Eigen- und Fremdüberwachung eine enge und lückenlose Qualitätssicherung von der Produktion bis zum Einbau garantieren. Das ist für das Kleben entscheidend.

Hier müssen die geplanten europäischen Normen zum Kleben gezielt beeinflusst werden, in denen Qualitätssicherung reduziert werden soll.

Auch bei den transparenten Polymerschichten hat eine positive Entwicklung eingesetzt: Neben den klassischen PVB-Folien für den Baubereich sind heute neben Schallschutzfolien auch steifere PVB-Folien, Ionoplast-Folien, EVA-Folien und TPU-Folien sowie neuartige Gießharze verfügbar, mit denen sicherere und größere Gläser sowie laminationsgebogene Gläser hergestellt werden können. Die verbesserten Produkteigenschaften können bei der Auslegung und Bemessung ausgenutzt werden und sind auch nach dem Bruch des Glases vorteilhaft. Sie können für neuartige Materialkombinationen wie transluzentes Steinglas ausgenutzt werden.

Dicker und dünner

Dickglas und Dünnglas sind zwei entgegengesetzte Trends, die die Produkte und Fassaden beeinflussen werden. Während Dickglas als Spezialanwendung für sehr anspruchsvolle Glaskonstruktionen wie den Chanel-Store in Amsterdam (s. GLASWELT 10/2016, Seite 6 + 7) weiterentwickelt wird, lassen sich Ultradünngläser (bis zu 25 Mikrometer) und Dünngläser (100 Mikrometer bis 2 mm) in sehr unterschiedlichen Bereichen einsetzen, die über den Bausektor hinaus gehen. Durch die gezielte Steigerung der Festigkeit des Glases beim chemischen und thermischen Vorspannen und in Kombination mit den neuen Polymerschichten lässt sich der Anwendungsbereich sehr dünner Gläser künftig deutlich erhöhen, z. B. in kaltverformten oder laminationsgebogenen Verbundgläsern. An die Haptik und Optik solcher flexiblen Gläser müssen wir uns aber erst gewöhnen – Glas ist aus der Gewohnheit „steif“ und „kalt“, die Dünngläser gerade nicht.

Gebogen

Die Renaissance gebogener Architekturgläser hat dazu geführt, dass heute neben den klassischen warmgebogenen, thermisch entspannten Gläsern auch thermisch vorgespannte gebogene Gläser und freigeformt gebogene Gläser verfügbar sind. Zudem können aus den Flachgläsern kaltverformte und – mittels steifer Polymerschichten – laminationsgebogene Gläser hergestellt werden, die eine hohe optische Qualität aufweisen (Bild 03). Gerade bei den thermisch vorgespannten gebogenen Gläsern muss – ebenso wie bei den thermisch vorgespannten Flachgläsern – die Anlagen- und Prozesstechnik noch weiter verbessert werden, um störende Anisotropien zu reduzieren, die bei polarisiertem Licht für das menschliche Auge sichtbar werden.

Multifunktional und interaktiv

Die Multifunktionalität von Glas und Fassaden wird einen noch größeren Stellenwert gewinnen. Mit der Integration von Elementen und Funktionen in den SZR des Isolierglases (z. B. Lichtlenklamellen, Bild 04) und in die Polymerschichten (z. B. LEDs) lassen sich schon heute neben Sonnen- und Wärmeschutz die Tageslichtnutzung verbessern, Medienfassaden erstellen und langfristig Glasfassaden als echte „Screens“ einsetzen.

Weiter nehmen jetzt schaltbare Verglasungen mit variablem g-Wert im Fassadenmarkt zunehmend Fahrt auf: Elektrochrome Schichten und Flüssigkristalle ermöglichen die Abdunkelung oder Lichtstreuung per Knopfdruck.

Und dies wird noch lange nicht das Ende der Entwicklung sein – man könnte auch Trennwände und Fenster zeitweise als Bildschirm nutzen und die benachbarten Elemente abdunklen.

Darüber hinaus werden künftig mehr und mehr Sensoren in Gläser integriert werden, die im Zusammenhang mit der Digitalisierung eine Echtzeit-Auswertung und Prognose z. B. von Klimadaten ermöglichen, um dadurch die Gebäudesteuerung weiter zu verbessern.—

Prof. Dr.-Ing. Jens Schneider, Uni Darmstadt

PowerSkin Konferenz 2017

Die Konferenz am 19. 01. 2017 auf der BAU behandelt drei Hauptthemen: Umwelt, Fassade und Baustruktur. Dazu werden neueste wissenschaftliche Forschungen und Entwicklungen sowie aktuelle Projekte vorgestellt. Weiter wird die Rolle der Gebäudehülle im Hinblick auf CO2-neutrale Bauwerke, den Gebäudebetrieb, graue Energien, Energieerzeugung und Energieeinsparung mittels Fassaden untersucht.

Veranstalter sind die Messe BAU, die Forschungsinitiative Zukunft Bau, die TU München mit Prof. Thomas Auer, die TU Darmstadt mit Prof. Dr.-Ing. Jens Schneider und die TU Delft mit Prof. Ulrich Knaack.

Weitere Informationen und Tickets unter

www.powerskin.org

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