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Interview mit Prof. Christian Niemöller

Schwarzarbeit — Risiko für Bauherren

Glaswelt – Es gibt ein neues Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zu Mängelansprüchen bei Schwarzarbeit. Was galt bisher?

Prof. Christian Niemöller – Der Jurist spricht von „Schwarzarbeit“, wenn ein Auftragnehmer beispielsweise bei der Durchführung eines Werk-/Bauvertrags seine sozialversicherungsrechtlichen-, steuerrechtlichen-, sozialleistungsrechtlichen- und/oder gewerberechtlichen Melde- und Beitragspflichten verletzt. Zentrales Regelwerk ist das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG).

Der Bundesgerichtshof hat mit seiner bisherigen Rechtsprechung die Frage der bauvertraglichen Mängelhaftung bei Schwarzarbeit im Interesse des Auftraggebers entschieden. Bislang galt, dass ein Werk-/Bauvertrag, der eine sogenannte „ohne-Rechnung-Abrede“ enthielt, als teilweise unwirksam bewertet wurde (vgl. BGH IBR 2008, 431). Während wesentliche Teile des betroffenen Bauvertrages wegen der Schwarzarbeitsabrede als unwirksam angesehen wurden, hat die höchst richterliche Rechtsprechung dagegen die Haftung des Auftragnehmers, also des Handwerkers, hiervon unberührt gelassen. Dies hat dazu geführt, dass die einschlägige Rechtsprechung bislang bei von Schwarzarbeit betroffenen Bauverträgen regelmäßig einerseits eine Haftung bzw. Mangelbeseitigungsverpflichtung des Auftragnehmers festgestellt hat, während andererseits wesentliche Punkte des Vertrages als nichtig und damit unwirksam angesehen wurden.

Glaswelt – Was bedeutet die neue Rechts­lage für die Praxis?

Niemöller – Mit dem Urteil vom 01.08.2013 hat der BGH seine oben dargestellte Rechtsprechung geändert. Nun gilt, dass der Verstoß insbesondere gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz nach der „neuen“ Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Nichtigkeit des gesamten (Bau-) Vertrages zur Folge haben kann und zwar dann, wenn der Handwerker als Auftragnehmer gegen seine steuerlichen Pflichten vorsätzlich verstößt und der Auftraggeber (der Kunde) den Verstoß des Auftragnehmers kennt und bewusst zum eigenen Vorteil ausnutzt.

Der Bundesgerichtshof hat in dieser Entscheidung für die Baupraxis klargestellt, dass die Nichtigkeit des Bau- oder Werkvertrages aufgrund eines Verstoßes gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz dazu führt, dass der Auftraggeber vom Auftragnehmer bei „schwarz“ und mangelhaft ausgeführten Bauleistungen grundsätzlich keine Mangelbeseitigung verlangen kann.

Glaswelt – Kann das neue Urteil aus Ihrer Sicht der Schwarzarbeit die Grundlagen entziehen?

Niemöller – Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs schränkt die Vorzüge von Schwarzarbeit erheblich ein. Demjenigen, der Bauleistungen „schwarz“ ausführen lässt und nach Ausführung Mängel feststellt, stehen grundsätzlich keine Mängelrechte zu. Dies hat zur Folge, dass vom Auftragnehmer grundsätzlich keine Mangelbeseitigung (mehr) eingefordert werden kann. Ob die Entwicklung in der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Ergebnis der Schwarzarbeit die Grundlagen entzieht, ist jedoch fraglich. Ich befürchte, dass auch nach dem Urteil vom 01.08.2013 viele Bauherren – mit der Vorstellung Geld sparen zu können – Bauleistungen „schwarz“ ausführen lassen und mehr oder weniger bewusst das Risiko eingehen, auf einer mangelhaften Leistung sitzen zu bleiben.

Glaswelt – Was bedeutet es, wenn Freunde und Bekannte beim Umbau helfen?

Niemöller – Von dem genannten Urteil des Bundesgerichtshofs ist nur derjenige betroffen, der Schwarzarbeit im Sinne des Gesetzes leistet. Werden – so § 1 SchwarzArbG – nicht nachhaltig auf Gewinn gerichtete Dienst- oder Werkleistungen (Bauleistungen) von Angehörigen oder Lebenspartnern, aus Gefälligkeit oder im Wege der Nachbarschaftshilfe erbracht, finden die Regelungen des SchwarzArbG grundsätzlich keine Anwendung. Nach wie vor dürfen also Freunde, Bekannte und Nachbarn beispielsweise beim Umbau helfen, ohne befürchten zu müssen, mit den Bestimmungen des SchwarzArbG in Konflikt zu geraten.

Glaswelt – Wie können Bauherren Konflikte mit dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz vermeiden?

Niemöller – Die Antwort ist einfach. Der Bauherr sollte seriöse Firmen beauftragen und dringend davon Abstand nehmen, Schwarzarbeiter zu beschäftigen. Ein Verstoß gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz kann, unabhängig von der zivilrechtlichen Anspruchssituation, mit einer Geldbuße von bis zu 300000 Euro bzw. mit Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren geahndet werden. Betroffen von den Bußgeld- und Strafvorschriften ist im Übrigen nicht nur der „Schwarzarbeiter“ selbst, sondern auch der Bauherr, der Bauleistungen bewusst „schwarz“ ausführen lässt.­—

Die Fragen stellte Matthias Rehberger, der Chefredakteur der GLASWELT.

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