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Interview mit Jochen Grönegräs vom Bundesverband Flachglas

„Um die Glasbranche ist mir nicht bange“

Glaswelt – Herr Grönegräs, wie geht es der heimischen Glasbranche, sprich Floatglas-Herstellern und Verarbeitern und ISO-Produzenten?

Jochen Grönegräs – Von der Auftragslage her geht es der Branche gut bis sehr gut. Es wird kräftig gebaut in Deutschland, wenn auch immer noch nicht genug für den Bedarf an Wohnungen. Nicht so lustig ist die Knappheit, die wie bei vielen anderen Materialien auch beim Basisglas herrscht. Die Verarbeiter und Isolierglas-Hersteller mussten sich darauf einstellen, mit den Folgen umzugehen, auch gegenüber ihren Kunden.

Glaswelt – Die Aufträge sind also durch die Corona-Krise nicht wie befürchtet eingebrochen?

Grönegräs – Das stimmt. Mit Beginn der Corona-Krise wurden deutliche Einbrüche der Konjunktur und der Nachfrage erwartet, die Hersteller von Basisglas haben damals europaweit ihre Produktion weitgehend heruntergefahren. In einigen Ländern führte ein harter Lockdown auch zu Stillständen der Produktion. Der Einbruch in der deutschen Baubranche ist aber nicht eingetreten, wie u. a. auch die durch den BF erhobenen Glasmarktdaten sowie die zusammen mit anderen Verbänden erhobenen Daten zum Fenstermarkt zeigen. Die hohe Nachfrage wurde bis in den Herbst 2020 hinein weitgehend aus den Lagern der Hersteller bedient. Gleichzeitig stehen seit Ende 2020 aufgrund von Reparaturen mehrere Floatglas-Anlagen in der EU still. Durch die Nachfrage im Automobilbereich, die unerwartet hoch ist, verschärft sich die Knappheit noch. Auch durch die Flutkatastrophe sind in Deutschland aktuell Produktionsstandorte für Floatglas betroffen.

Glaswelt – Ab wann fährt die Glasbranche da wieder volle Kraft voraus?

Grönegräs – Eine Entspannung wird erst dann in Sicht sein, wenn in den nächsten Monaten mehrere Produktionsanlagen in Europa wieder oder neu in Betrieb gehen.

Glaswelt – Wie steht es mit den Investitionen und der Digitalisierung in den Glas-Betrieben?

Grönegräs – Digitalisierung ist ein großes Thema gerade für die Verarbeiter und ISO-Hersteller. Die auf der Einkaufsseite angespannte Situation erzeugt Handlungsdruck in Sachen Kostenreduktion. Viele bedeutende Player der Branche tätigen gerade große Investitionen oder bereiten sie vor. Vor allem auch mit dem Hintergrund der Fachkräfteknappheit, die auch die Glasbranche trifft.

Glaswelt – Wo sehen Sie für die Zukunft positive Entwicklungen für die Glasbranche und ihre Kunden, wie Fenster- und Fassadenbauer?

Grönegräs – Die Rahmenbedingungen sind in den nächsten Jahren grundsätzlich ausgezeichnet. Auch weiterhin müssen viele Wohnungen neu gebaut werden und in der Renovation muss die Sanierungsquote deutlich erhöht werden, um die verschärften CO2-Einsparziele zu erreichen.

Glaswelt – Arbeiten Sie auch mit anderen Verbänden zusammen, etwa bei Fragen zu Klimaschutz und Energieeffizienz von Gebäuden?

Grönegräs – Kurz vorab: Die Floatglas-Herstellung gehört zu den energieintensiven Industrien; insofern sind wir beim Klima Teil des Problems. Hier haben wir die Zusammenarbeit mit anderen Verbänden intensiviert, um z. B. das Closed-Loop-Recycling zu stärken. Wir sind sicher, dass der Druck in dieser Beziehung in den nächsten Jahren steigen wird, von Seiten der Politik, aber auch der Kunden.

Vor allem sind wir aber mit Glas-Produkten auch Teil der Lösung. Das thematisieren wir gemeinsam mit der Fenster- und Fassaden- und mit der Sonnenschutz- und Automationsbranche seit 2020 gemeinsam, durch unsere neu gegründete Repräsentanz Transparente Gebäudehülle in Berlin. Wir haben da eine sehr gute Zusammenarbeit, durch die wir unsere Präsenz auf der politischen Bühne deutlich verbessern konnten, um die Rahmenbedingungen für unsere Branche mit zu gestalten, hier als Beispiel die staatliche Förderung für die energetische Sanierung. Energetische Mindeststandards für den Gebäudebestand und die sinnvolle Berücksichtigung der solaren Gewinne durch Glasflächen sind weitere zentrale Themen, an denen wir da zusammenarbeiten.

Die Anpassung des Gebäudebestands an den Klimawandel ist ebenfalls eine Notwendigkeit, für die wir gemeinsame Lösungen haben.

Der BF hat zudem seine Kommunikation in Richtung Endverbraucher auf allen klassischen und modernen Kanälen intensiviert: Pressearbeit, Internet, Social Media.

Glaswelt – Wie schätzen Sie die Marktchancen der Glas-, Fenster- und Fassadenbranche ein?

Grönegräs – Die Rahmenbedingungen für die Glas-, Fenster- und Fassadenbranche sind in den nächsten Jahren ausgezeichnet, da im Neubau und bei der Sanierung eine anhaltend hohe Nachfrage besteht. Hierfür stellen die Branchen eine Vielzahl an spannenden Produkten bereit, inklusive neuer, hocheffizienter Glasprodukte, die künftig noch viel stärker gefragt sein werden, als dies bisher der Fall ist.

Das Interview führte Matthias Rehberger.

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