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Im Gespräch mit Hannes Spiß von Isolar

Wir müssen uns fragen, wie das nachhaltige Fenster der Zukunft aussieht

Glaswelt – Wo sehen Sie nach über einem Jahr Corona-Pandemie die Herausforderungen für die Glas- und Fensterbranche?

Hannes Spiß – Glücklicherweise ist der Bedarf an Glas und Isoliergläsern auf einem unverändert hohen Niveau. Allerdings erschweren aktuelle Preisverschiebungen und mögliche Materialknappheiten durch Lieferengpässe die Produktion einiger Betriebe.

Glaswelt – Wo sehen Sie hier Ansatzpunkte, um im Zukunft besser vor solchen Krisen gewappnet zu sein?

Spiß – Aus meiner Sicht haben die vergangenen Monate gezeigt, dass bisher funktionierende globale Lieferketten sehr schnell und einfach unterbrochen werden können. Dies stellt ein gewisses Risiko für die produzierenden Betriebe dar, vor allem dann, wenn „Just in time“ produziert wird. Daher ist es ratsam, dass Betriebe mögliche Risiken in Betracht ziehen und Alternativen ausarbeiten. Wie die Pandemie verdeutlicht hat, kann eine zu extreme Vernetzung und globale Abhängigkeit zu Engpässen führen.

Glaswelt – Wo sehen Sie die mittel- und langfristigen Chancen für die Glas- und Fensterbranche?

Spiß – Das Thema Nachhaltigkeit bringt für die Glas- und Fensterbranche ein gewisses Potenzial zur Weiterentwicklung mit sich. Der Klimawandel rückt unseren Kunden immer mehr ins Bewusstsein – hier muss man ansetzen. Lifecycle Economy und Cradle-to-Cradle-Produkte sind Stichworte, welche an die Anforderungen für ein nachhaltigeres und umweltfreundlicheres Produkt gestellt werden, das gilt gleichermaßen für Glas und Fenster. Diese Aspekte werden für Investoren, Bauherren und Endkunden bei ihrer Kaufentscheidung zunehmend wichtiger.

Glaswelt – Welche Lösungen werden hier bereits angeboten bzw. sollten angeboten werden?

Spiß – Nachhaltige Produkte mit hoher Performance, die zur Senkung von Heiz- und Energiekosten beitragen, rücken immer mehr in den Fokus. Ich denke hier an hochwärmedämmende, eisenarme Sonnenschutzgläser, welche bei maximaler Tageslichtausnutzung ein Minimum an solarer Strahlungsenergie ins Gebäude lassen. In Kombination mit effektiven und filigranen Fensterkonstruktionen wird so das Optimum für den Nutzer herausgeholt. Aus meiner Sicht bedarf es in Zukunft zusätzlicher, nachhaltiger Zulieferprodukte, welche die steigenden Anforderungen der „grünen“ Fassaden erfüllen.

Glaswelt – Mit Blick auf künftige Bauherrengenerationen – wie sieht das nachhaltige Fenster der Zukunft aus?

Spiß – Sofern Glas nicht verschmutzt ist, ist es ein sehr nachhaltiges Material, welches eingeschmolzen und für den Einsatz in der Fensterproduktion wiederverwendet werden kann. Bei Glasscheiben, die am Ende ihres Lebenszyklus angekommen sind, ist die Recyclingquote allerdings etwas geringer. Aktuell ist es für Betriebe wirtschaftlich uninteressant, Fenster und Gläser in ihre einzelnen Bestandteile zu zerlegen und einem gleichwertigen Materialkreislauf wieder zuzuführen. Daher könnten beispielsweise simplere Produkte, die einen ökonomisch rentableren Recyclingprozess zur Folge haben, in Zukunft für nachhaltigere Fassadenelemente sorgen.

Glaswelt – Welche Glasprodukte liegen im Aufwind, sind das schaltbare Gläser und Vakuum-Isolierglas?

Spiß – Dies sind tolle Produkte. Vakuum-Gläser gibt es schon seit Jahrzehnten, haben sich bis dato aber nicht durchsetzen können. Grund dafür sind unter anderem das hohe Maß an Komplexität und der damit einhergehend hohe Preis, was diese Produkte mit sich bringen. Auch schaltbare und somit dynamisch steuerbare Gläser sind tolle Produkte. Doch auch hier gibt es ein Aber: Die mit dem Produkt verbundene Komplexität und die Integration ins Gebäude sorgen für einen Premium-Preis und eine verhältnismäßig geringe Nachfrage. In diesem Zusammenhang möchte ich nochmals auf meine Antwort in der vorherigen Frage eingehen: die Schwierigkeiten des Recyclings. Je komplexer ein Produkt, desto aufwendiger und somit auch teurer kann die Rückführung in den gleichwertigen Materialkreislauf sein.

Glaswelt – Was ist Ihr Fazit?

Spiß – Wir brauchen leistungsfähige (Isolier-)Gläser und Fenster, welche sich am Ende ihres Lebenszyklus leicht wieder in einen Material-Kreislauf zurückführen lassen. Auf solche Produkte sollten und müssen wir als Branche ­hinarbeiten.

Das Interview führte
Matthias ­Rehberger.

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