Glaswelt – Herr Trauernicht, wie sehen Sie die Entwicklung bei den verschiedenen Materialgruppen im Wintergartenbau, auf welche Trends sollten sich die Verarbeiter 2013 einstellen?
Rainer Trauernicht – Die Dominanz des Aluminiums ist nach wie vor ungebrochen. Wenn man allgemein schätzt, dass bis zu 80 Prozent der Wintergarten-Dächer aus Alu-Profilen gefertigt werden, so können wir das aus unserer Sicht durchaus bestätigen. Wir sehen auch keinen Trend, dass sich das ändern könnte.
Aufgrund des Erfahrungsaustauschs im Bundesverband Wintergarten lässt sich dabei nicht feststellen, dass es einen rückläufigen Trend bei der Materialgruppe Holz gibt. Diese hat ihren festen Platz im deutschen Markt mit einem traditionellen Schwerpunkt in Süddeutschland.
Also würde ich allgemein sagen, dass es bei den Materialgruppen keine markanten Änderungen gibt, für die ein Verarbeiter sich wappnen müsste. Die Trends spielen sich zur Zeit eher auf einer anderen Ebene ab, nämlich bei der Erweiterung des Variantenreichtums auf der Skala zwischen Wohn-Wintergarten und Terrassendach.
Glaswelt – Welche Regelwerke beschäftigen aktuell die Wintergartenbauer. Wo sehen Sie Handlungsbedarf?
Trauernicht – Die EnEV ist für uns zwar ein Dauerbrenner, zur Zeit aber kein extrem heißes Eisen. Soweit uns der Referentenentwurf zur EnEV 2013 bekannt ist, dürften sich für den Wintergartenbau keine signifikanten Änderungen ergeben. Diesbezüglich müssen wir aber erst einmal die endgültige Fassung der EnEV 2013 abwarten.
Die neue DIN 4108-2 „Anforderungen an den Mindestwärmeschutz und den sommerlichen Wärmeschutz“ ist ein Thema, das wir auch auf der Jahresversammlung des Bundesverbandes Wintergarten in Hamburg am 25. und 26. April behandeln werden. Dies ist von besonderer Bedeutung, da es erst einmal darum geht, die genaue Relevanz für den Wintergartenbau zu ermitteln. Wir stehen vor der Aufgabe, aussagefähige Parameter überhaupt erst zu entwickeln. Aber die DIN-Norm ist das eine, und ihre korrekte Interpretation in der Praxis das andere.
Ein weiteres Thema ist die Schneelast. Die DIN 1055-5 ist nun zwar schon eine Weile eingeführt, doch zeigt unsere Erfahrung, dass der Umgang mit der Schneelast für viele Verarbeiter noch ein Buch mit sieben Siegeln ist. Es muss ja nicht nur die genaue Schneelastzone ermittelt werden, sondern auch die baulichen Faktoren, wie abrutschende Schneelasten von höheren Ebenen oder mögliche Windverwehungen etc. sind zu berücksichtigen. Für reichlich Gesprächsstoff sorgt z.B. die außergewöhnliche Schneelast im Norddeutschen Tiefland, die ab dem 52. Breitengrad (etwa Höhe Hannover) gilt. Ab hier ist ein Faktor 2,3 anzusetzen, d.h. aus 100 kg werden auf einmal 230 kg! Hier müssen wir noch Aufklärungsarbeit leisten.
Schließlich sind noch die „Eurocodes“ in der Diskussion. Hier stehen wir vor der Aufgabe, die Relevanz für den Wintergartenbau zu definieren.
Glaswelt – In den letzten Jahren wurde immer wieder von einer Stagnation im Wintergartenmarkt gesprochen. Wie sehen Sie das, gibt es verlässliche Zahlen?
Trauernicht – Ich würde nicht von einer Stagnation des Wintergartenmarkts, sondern von einer viel größeren Differenzierung der möglichen Bauarten sprechen. Es gibt heute nicht mehr nur Wintergärten mit Wohnraumeigenschaften auf der einen Seite sowie Terrassendächer auf der anderen. Mit dem Begriff des Glashauses zum Beispiel wurde eine ganz neue „Gattung“ erfunden, bei der eine aufgerüstete Terrasse viele Eigenschaften besitzt, die einem Wintergarten zugeschrieben werden, wenn es diesen auch nicht vollständig ersetzen wird. Verlässliche Zahlen gibt es leider nicht, aber man kann mit Sicherheit sagen, dass die „Kaltprofile“ gegenüber den isolierten Profilen deutlich zugenommen haben und dieser Trend wohl noch weiter anhalten wird.
Glaswelt – Was hat der Jahreskongress des BV Wintergarten in Hamburg mit Airbus zu tun?
Trauernicht – Wintergartenbauer sind neugierige Menschen und schauen gern über den eigenen Tellerrand. So haben wir während der Jahrestagung des BV Wintergarten 2012 in München die Gelegenheit genutzt und die BMW Welt besucht. Als nun für die diesjährige Jahrestagung Hamburg ausgewählt wurde, lag ein Besuch bei Airbus auf der Hand. Ein modernes Wintergartenprofil ist zwar auch ein Stück Hightech, dort findet man aber wohl noch ein bisschen mehr. —
Die Fragen stellte Matthias Rehberger, Chefredakteur der GLASWELT