Die Haftung für Baumängel ergibt sich – sofern es keine vertragliche Vereinbarung hinsichtlich der VOB/B gibt – aus dem Werkvertragsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches (§ 631 ff. BGB). Für selbstständige Handwerker und Bauunternehmen kann die Mängelhaftung ein erhebliches Kostenrisiko darstellen. Umstritten war in den letzten Jahren immer wieder die genaue Berechnung des zu ersetzenden Betrages: Konnte der Auftraggeber auch die auf die Kosten für die Schadensbehebung entfallende Umsatzsteuer als Schadenersatz verlangen? Deutsche Gerichte entschieden bisher zu diesem Thema ganz unterschiedlich.
Die D.A.S. Rechtsschutzversicherung erläutert die rechtliche Situation anhand einiger Gerichtsurteile.
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§ 249 BGB: Art und Umfang des Schadenersatzes:
Nach dieser Grundregel hat jeder, der Schadenersatz leisten muss, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Kommt es also z. B. durch unsachgemäße Absicherung des noch nicht fertig gestellten Daches zu einem Sturm- oder Wasserschaden, muss der Bauherr durch den Schadenersatz so gestellt werden, als habe das Ereignis nicht stattgefunden. Dies schließt nicht nur die reine Reparatur des Schadens ein, sondern auch mögliche Kosten, die damit in Zusammenhang stehen oder daraus folgen. Auch eine Vertragsstrafe, die der Bauherr an eine Firma zahlen muss, weil diese sein Gebäude nicht termingerecht mieten kann, kann zum Schadenersatz gehören. § 249 Absatz 2 gemäß kann der Geschädigte auch mit einem Geldbetrag entschädigt werden. Die Umsatzsteuer ist nach der gesetzlichen Regelung nur eingeschlossen, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
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Eine weitere wichtige Regelung enthält § 637 Abs. 3 BGB (Selbstvornahme).
Danach kann der Auftraggeber vom Unternehmer die erforderlichen Aufwendungen für die Beseitigung eines Werkmangels im Voraus einfordern, um ein Drittunternehmen zu beauftragen.
Fall 1: Bisherige Rechtsprechung:
Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf von 2009 konnte bei einem Schadenersatzanspruch wegen einer mangelhaften Werkleistung die voraussichtliche Mehrwertsteuer auch dann als Schadenersatz geltend gemacht werden, wenn der Schaden noch nicht beseitigt worden war. Im konkreten Fall waren vom Auftraggeber Schadenersatzansprüche wegen mangelhaft erbrachter Werkleistungen geltend gemacht worden. Der Auftraggeber forderte die Mängelbeseitigungskosten sowie die darauf entfallende Mehrwertsteuer. Beides sollte als Vorschuss gezahlt werden, damit ein Drittunternehmen mit der Beseitigung der Mängel beauftragt werden konnte. Das Gericht entschied zugunsten des Klägers und gestand ihm den Brutto-Kostenvorschuss zu. Die Begründung: § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB, nach dem die Mehrwertsteuer nur verlangt werden könne, wenn sie wirklich angefallen sei, gelte hier nicht. In dem Paragrafen gehe es um die Beschädigung einer Sache. Eine mangelhafte Bauleistung sei aber keine Beschädigung einer Sache, solange das Eigentum des Werkbestellers dadurch nicht geschädigt werde. Die Mehrwertsteuer gehöre genau wie der Werklohn der Drittfirma zu den Kosten, die der Geschädigte für die Schadensbehebung aufwenden müsse. Somit müsse sie ersetzt werden.
Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 25.5.2009, Az. 21 U 101/09.
Fall 2: Mehrwertsteuer nicht mehr ersatzfähig:
Vor dem Bundesgerichtshof kam nun ein Fall zur Verhandlung, in dem es um Mängel bei einem Einfamilienhaus-Neubau ging. Das Bauunternehmen beseitigte diese nicht. Für die Beseitigung wären Kosten in Höhe von 9.405 Euro angefallen. Der Eigentümer forderte nicht nur diesen Betrag als Schadenersatz, sondern auch die entsprechende Mehrwertsteuer. Er wollte den Betrag als Vorschuss ohne vorherige Durchführung der Arbeiten geltend machen. Dabei berief er sich auf die Regelung des § 249 BGB. Der Bundesgerichtshof entschied nach Auskunft der D.A.S. Rechtsschutzversicherung anders als die Vorinstanz und änderte damit ausdrücklich seine bisherige Rechtsprechung. Nach seinem Urteil kann die Umsatzsteuer auf voraussichtliche Mängelbeseitigungskosten als Schadenersatz nicht verlangt werden, solange der betreffende Mangel nicht beseitigt worden ist.
Zwar sei § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht direkt auf das Werkvertragsrecht anwendbar. Die Vorschrift enthalte jedoch eine Wertung des Gesetzgebers, wie derartige Fälle im Allgemeinen zu behandeln seien. Wolle der Auftraggeber einen Vorschuss fordern, der auch die Umsatzsteuer einschließe, könne er dies auf der Grundlage des § 637 Absatz 3 BGB tun.
Wichtiger Unterschied zwischen beiden Vorschriften: Bei § 249 darf der Schadenersatz so verwendet werden, wie der Kläger es möchte. Der Betrag muss also nicht wirklich für die Beseitigung des Baumangels ausgegeben werden. Bei § 637 ist der Schadenersatzanspruch jedoch zweckgebunden. Hier muss der Kläger den Vorschussbetrag (einschließlich Mehrwertsteuer) nach dem BGH tatsächlich zur Beseitigung des Baumangels verwenden.