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Im Gespräch mit Martin Böger, Risse Glas

Macht heute Glastausch bei Bestandsfenstern noch Sinn?

Glaswelt – Heute werden in der Sanierung in der Regel die Fenster getauscht. Ein reiner Scheibentausch kommt eigentlich kaum noch vor. Warum ist das so?

Martin Böger – Bis vor wenigen Jahren wurden hier in unserer Region (Ostwestfalen) Scheiben noch im großen Stil ausgetauscht. Aus technischer Sicht war es kein großes Problem, die Fenster mit neuen 2-fach-ISO-Einheiten auszustatten, denn die Flügel hatten meist die nötige Dicke und die Beschläge waren dem Mehr an Gewicht gewachsen. Seit allerdings der Trend zur 3-fach-Verglasung geht mit Ug-Werten um 0,7 W/(m2K), werden immer weniger Scheiben getauscht.

Glaswelt – Worauf kommt es an, wenn alte Fenster durch neue Gläser aufgewertet werden sollen und bei welchen Gebäuden ist dies nach Ihrer Erfahrung am häufigsten der Fall?

Böger – Beim Scheibentausch kommt es immer auf die Verbesserung des Wärmewertes an. Dabei ist es egal, ob es sich um ein altes Wohnhaus aus den 1930er Jahren handelt oder um ein Bürogebäude aus den 1960ern oder um ein denkmalgeschütztes, manchmal mehrere hundert Jahre altes Objekt. Gerade im Denkmalschutz sind die Anforderungen der verantwortlichen Restauratoren meist besonders hoch, denn an der Optik des Fensters, sprich an Rahmen und Flügel, darf oft nichts verändert werden.

Glaswelt – Wie sieht es bei den Bestandsbauten aus den 1980er und 1990er Jahren aus, insbesondere bei Bürogebäuden – wann lohnt sich hier der reine Glastausch beziehungsweise bei welchen Projekten wird dies Ihrer Einschätzung nach verlangt?

Böger – Wir können für unser Geschäft eigentlich nur sagen, dass es bei Gebäuden aus dieser Zeit praktisch keine Nachrüstungen mehr gibt, da sich mit den Bestandsfenstern die heute gewünschten Ug-Werte um die 0,7 W/(m2K) nicht mehr erreichen lassen. Bauherren und Renovierer setzen hier auch aus Kostengründen in der Regel auf einen kompletten Fenstertausch.

Glaswelt – Worauf muss ein Fensterbauer bei seiner Anfrage an den ISO-Hersteller achten, wenn er nur die Scheiben tauschen will?

Böger – Es gibt eigentlich nur zwei entscheidende Aspekte: Wie dünn muss die Scheibe sein und welcher Ug-Wert soll erreicht werden?

Glaswelt – Welche unterschiedlichen Spezialgläser bietet Ihre Firma für die verschiedenen Arten der Sanierung an?

Böger – Wir arbeiten mit Wärmeschutzglas und wir verwenden dem antiken Glas angepasstes Maschinenglas (gewalztes Glas) mit entsprechender Gasfüllung.

Glaswelt – Wo sehen Sie bei der Sanierung in Sachen Verglasung die größten Herausforderungen, beispielsweise wenn es um den Denkmalschutz geht?

Böger – Es ist immer die Herausforderung, eine möglichst geringe Dicke der Scheiben mit besten Wärmeschutzeigenschaften in Einklang zu bringen.

Glaswelt – Wie sieht es mit künstlerisch gestalteten Gläsern bzw. Fenstern aus, wenn diese z. B. eine Bleiverglasung haben. Wie lassen sich hier technisch hochwertige Gläser einsetzen, wenn gleichzeitig das frühere Erscheinungsbild erhalten bleiben soll?

Böger – In solchen Fällen gibt es aus unserer Sicht zwei Möglichkeiten. Wir bauen die antiken Gläser als wärmedämmende Doppelverglasung originalgetreu nach, das bedeutet auch farblich angepasst. Wenn sich dies beispielsweise aus Kostengründen nicht realisieren lässt, bieten wir den Einbau von Vorsatzscheiben an.

Glaswelt – Arbeiten Sie mit Spezialfirmen zusammen, um beispielsweise eine Bleiverglasung und den entsprechenden Rahmen bereitzustellen?

Böger – Nein, denn wir sind selbst die Spezialisten, die dieses Know-how vorhalten und über die entsprechend geschulten und ausgebildeten Fachleute verfügen. Darauf legen wir auch großen Wert. Bis vor einigen Jahren, als noch im großen Stil Scheiben getauscht wurden, konnten wir die Nachfrage oftmals nicht mit eigenen Kräften bewältigen und mussten mit Subunternehmen zusammenarbeiten. Doch heute geht es meist nur noch um die reine Restaurierung, und dies ist unser Metier.

Glaswelt – Welche Form der Fenster-Ertüchtigung sehen Sie, wenn es aufgrund des Denkmalschutzes nur möglich ist, eine Einfachverglasung einzubauen?

Böger – Wenn sich definitiv keine dünnen Isoliergläser einbauen lassen, verwenden wir natürlich wie gefordert Einfachglas. Hier gibt es glücklicherweise enorme Fortschritte im Bereich des Wärmeschutzes. Pilkington bietet beispielsweise mit Spacia ein 6,2 mm dünnes Vakuumglas an, das Wärmedämmeigenschaften vergleichbar einer Standard 2-fach-Isolierglasscheibe hat.

Glaswelt – Was halten Sie in diesem Zusammenhang von Folien, die innen oder außen auf die Verglasung aufgebracht werden?

Böger – Wir halten von solchen Folien überhaupt nichts, denn es ist immer zu erkennen, dass eine Scheibe beklebt wurde. Sei es, dass die Folie Blasen wirft oder es an den Rändern zur Ablösung kommt.

Glaswelt – Welche Gläser empfehlen Sie für alte Kastenfenster, die erhalten bleiben sollen?

Böger – Bei dieser Art von Fenstern empfehlen wir für außen ein beschichtetes K-Glas von Pilkington und für innen ein gutes Wärmeschutz-Isolierglas.

Glaswelt – Kommen wir zur Montage. Wer sollte nach Ihrer Meinung idealerweise einen Glasaustausch vornehmen – der Fensterbauer oder der Glaser?

Böger – Wir stehen klar auf dem Standpunkt, dass dies der Glaser machen sollte, denn es ist beim Scheibentausch eine hohe handwerkliche Kompetenz erforderlich. Zumal es auch gilt, die Richtlinien der DIN 18545-2 in Bezug auf die fachgerechte Abdichtung einzuhalten.

Glaswelt – Halten Sie es für sinnvoll, dass Spezialmontage-Teams als Dienstleister solche Verglasungen durchführen?

Böger – Nein, ein handwerklich gut ausgebildeter Glaser sollte hierzu in der Lage sein.

Glaswelt – Verglasen Sie auf der Baustelle?

Böger – Wie schon eingangs erwähnt, führen wir alle entsprechenden Arbeiten inklusive der Montage selbst durch, denn wir haben die Fachkompetenz, sprich gelernte Glaser, hier bei uns in der Firma. Mögliche Stolperfallen, sofern es sie gibt, fallen uns stets schnell auf.

Glaswelt – Welche Probleme können nach einem unsachgemäßen Fenster-/Scheibentausch immer wieder auftreten?

Böger – Häufig kommt es zu einer Nichtgangbarkeit des Fensters, da der Flügel nach dem Scheibentausch einfach zu schwer geworden ist und nicht mehr richtig schließt. Dies birgt zugleich die Gefahr, dass sich das Fenster – Flügel und Rahmen – verzieht und möglicherweise zerstört wird. Ein anderes Problem, das immer wieder auftaucht, ist die nicht fachgerechte Einglasung und Versiegelung. Dringt dann Wasser in den Holzrahmen, fängt dieser schnell zu faulen an und das Fenster wird ebenfalls zerstört.

Glaswelt – Welche Tipps können Sie Fensterbauern und Glasern in Bezug auf die Sanierung geben?

Böger – Wenn sich ein Betrieb mit der Restaurierung von Fenstern befasst, muss er bedenken, dass dies ein schwieriges und komplexes Thema ist, da die Anforderungen des Denkmalschutzes sehr hoch sind. Der Handwerker muss sich intensiv in die Thematik und die möglichen Probleme beziehungsweise deren Lösung einarbeiten und die Gefahren erkennen können, die bei einer Restaurierung von Fenstern bestehen. —

Das Gespräch führte Matthias Fischer.

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