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Kommentar zur neuen Glasbemessungsnorm DIN 18008 (Teil 02)

Wer ISO schmal plant, zahlt drauf

_ Ein schmales Standard-3-fach-Isolierglas aus Float im Format 0,6 x 1,4 m ist nach TRLV nachweisbar, nach DIN 18008 jedoch nicht (vgl. Bemessungsdiagramm in Teil 01). Den Grund zeigt die Tabelle unten: Jetzt beträgt die Spannungsüberschreitung 51 % im Außen- und Innenglas aufgrund von Klimalast!

Erst ab einer kurzen Kantenlänge 0,76 m gelingt hier der Nachweis (siehe in der Tabelle Zeile Nr. 1 und 2).

Da die Glasabmessungen durch die Fenstergrößen/Fassadenraster vorgegeben und nicht beliebig veränderbar sind, muss der Glasaufbau geändert werden. Der Nachweis wird jedoch nur mit vorgespannten Gläsern möglich.

Die übliche Änderungsstrategie, einfach ein „dickeres Glas“ zu nehmen, versagt. Denn die Spannungsüberschreitung wird größer statt kleiner, da dickere, biegesteifere Gläser die Klimalast ansteigen lassen. Dünnere, biegeweichere Gläser verbessern zwar das Ergebnis, sind aber dennoch nicht nachweisbar (Zeile 3 und 4).

Eine andere Strategie ist die ortshöhenindividuelle Bemessung. Sofern die Höhendifferenz von Produktions- zu Einbauort bekannt und kleiner als +600/-300 m ist, darf diese angesetzt werden. Eine Verringerung auf ±100 m bringt zwar Vorteile, aber selbst im Idealfall ±0 m gelingt der Nachweis nicht (Zeile 5 und 6).

Weiterhin kann der SZR verringert werden, was die Klimalast deutlich mindert. Bei 2 x SZR 8 mm und Kompensation der Ug-Verschlechterung durch Krypton, gelingt der Nachweis trotzdem nicht (Zeile 7 und 8).

Was tun, wenn die bisherigen Strategien versagen?

Da die genannten Änderungsstrategien nicht zum Erfolg führen, werden nun die Glasarten der Außen- und Innenscheiben ausgetauscht.

Mit VSG/Float gelingt der Nachweis erst ab 24 mm VSG, da mit zunehmender Dicke die kleinste nachweisbare kurze Kante immer weiter ansteigt (Zeile 9 und 10). Nach TRLV würde hier der Nachweis schon ab 6 mm VSG 33 gelingen. Nur mit vorgespannten Gläsern VSG/TVG oder ESG, d. h. den produktionsaufwendigsten, teuersten Varianten, ist endlich der Nachweis möglich (Zeile 11 und 12).

Schwierig: Schmale asymmetrische Glasaufbauten aus Float

3-fach-Sonnenschutz- und -Schalldämm-Isoliergläser sind im Grundaufbau meist asymmetrisch aufgebaut. Das Bemessungsdiagramm 01 zeigt die nachweisbaren Abmessungen des einfachsten dieser Aufbauten. Auch hier wird das bereits bekannte Phänomen deutlich: Nach DIN 18008 können zwar z. T. deutlich größere Formate als nach TRLV nachgewiesen werden. Jedoch steigt die kleinste nachweisbare kurze Kante auf ca. 0,9 m an.

Der Nachweis des Formats 0,6 m x 1,4 m gelingt auch hier nicht mit dickeren, sondern nur mit belastbareren Außen- und Innenscheiben aus teurem TVG oder ESG.

Absturzsichernde Aufbauten aus VSG/Float nicht nachweisbar

Absturzsichernde Verglasungen der Kategorie A können angriff- und absturzseitig aus VSG/Float (z.B. ab 2 x 4 mm) hergestellt werden, sofern entsprechende Prüfzeugnisse zur Stoßsicherheit vorliegen. Aus dem Bemessungsdiagramm 02 ist ersichtlich, dass solche Aufbauten unter Wind- und Holmlast bei 2,0 m Höhe nach TRLV von etwa 0,6 bis 1,7 m Breite nachweisbar sind.

Nach DIN 18008 gelingt der Nachweis jedoch nur bis etwa einer Höhe von 1,45 m, was die Anwendung als raumhohe Kat.-A-Verglasung unmöglich macht. Werden größere Formate verlangt, sind solche Verglasungen nur noch mit Innen- und Außenscheiben aus teurem VSG/TVG oder VSG/ESG nachweisbar.

Fazit

Rechnet man verschiedene Möglichkeiten durch, bestätigt sich, dass die DIN 18008 große Formate geringfügig begünstigt. Schmale 3-fach-Isoliergläser aus Float mit kurzen Kanten unter 0,9 m sind jedoch jetzt erheblich benachteiligt, denn diese sind oftmals nur mit teuren, vorgespannten Gläsern nachweisbar. Hiervon ist nach Branchenschätzungen rund jedes zweite 3-fach-ISO betroffen. Das sollte den Machern der DIN und den Baubehörden zu denken geben.—

www.flachglas-markenkreis.de

Der Autor

Dipl.-Ing. Martin Reick ist seit 2007 als Anwendungstechniker bei der Flachglas MarkenKreis GmbH tätig. Er betreut die Bereiche Sicherheitsglas und konstruktive Glasanwendungen und führt hierzu im Rahmen der GlasAkademie Schulungen durch. Daneben ist er Sprecher des Arbeitskreises Glasbemessung des Bundesverbands Flachglas sowie Autor von Fachveröffentlichungen zu aktuellen Glasthemen.

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