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absturzsichernde Verglasung im internationalen Vergleich (Teil 1)

Welches Land ist sicherer?

_ Aktuell gelten folgende wesentliche Regelwerke für Glasanwendungen in der D-A-CH-Region: Die baurechtlichen Anforderungen werden in Österreich durch das Österreichische Institut für Bautechnik (OIB) geregelt. Die OIB-Richtlinien 1 bis 6 sind die Grundlagen der Landesbauordnungen. In der OIB-Richtlinie 4 – Nutzungssicherheit und Barrierefreiheit – wurden österreichweit einheitliche Anwendungsregeln für absturzsichernde Konstruktionen definiert.

Die Einwirkungen für die Bemessung werden dem Eurocode 1 und den zugehörigen NADs entnommen. Die statischen Nachweise und Prüfungen erfolgen nach der nationalen Normreihe ÖNORM B 3716 Glas im Bauwesen – Konstruktiver Glasbau.

In Deutschland werden die baurechtlichen Anforderungen in den Landesbauordnungen geregelt. Die Einwirkungen für die Bemessung werden wie in Österreich dem Eurocode 1 und den zugehörigen NADs entnommen. Die statischen Nachweise und Prüfungen erfolgen nach der Normenreihe der DIN 18008 Glas im Bauwesen – Bemessungs- und Konstruktionsregeln.

In der Schweiz wird die Glasanwendung künftig durch die vom Schweizerischen Institut für Glas am Bau (SIGAB) erstellte Richtlinie 002 – Anforderungen an Glasbauteile – geregelt. Die Richtlinie tritt am 1. Januar 2018 in Kraft.

Neben den SIGAB-Richtlinien sind die Broschüren der Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu) zu berücksichtigen. Die Einwirkungen werden in der SIA 261 geregelt. Die statischen Nachweise und Prüfungen erfolgen nach der SIA 358: Geländer und Brüstungen, SIA 329: Vorhangfassaden und SIA 331: Fenster und Fenstertüren. Ergänzend zu den genannten Regelungen müssen Verarbeiter zudem jeweils die Arbeitstättenverordnung und Schulbaurichtlinien beachten.

Brüstungshöhe

In Österreich wird in der OIB-Richtlinie 4 die Brüstungshöhe in Abhängigkeit der Absturzhöhe definiert. Abweichend von den in der Tabelle 1 angegebenen Brüstungshöhen genügt bei Wohnungstreppen eine Brüstungshöhe von 90 cm. Eine Abminderung der Brüstungshöhe kann bei breiten Brüstungen erfolgen. Die erforderliche Brüstungshöhe darf bei Brüstungsbreiten ab 20 cm um die halbe Brüstungsbreite abgemindert werden, jedoch 85 cm nicht unterschreiten.

In Deutschland wird die Brüstungshöhe wie in Österreich in Abhängigkeit der Absturzhöhe geregelt.

In der Schweiz wird die Brüstungshöhe künftig in der SIGAB-Richtlinie 002 geregelt.

Einteilung der absturzsichernden Verglasungen

In Österreich werden die absturzsichernden Verglasungen in der ÖNORM B 3716-3:2015 geregelt. Es werden 3 Verglasungsgruppen (VG 1, VG 2, VG 3) unterschieden. Bei allen Verglasungsgruppen ist eine punktförmige und/oder linienförmige Lagerung möglich. Ein Kantenschutz ist nicht gefordert, auch nicht bei unten eingespannten Brüstungsgläsern. Die Glasaufbauten werden in Abhängigkeit der Verglasungsgruppen geregelt (Tabelle 2).

In Deutschland werden die absturzsichernden Verglasungen in der DIN 18008-4:2013 geregelt. Es werden 3 Kategorien (Kat. A, B, C) unterschieden. Ein Kantenschutz ist generell erforderlich.

Auf einen Kantenschutz darf verzichtet werden, wenn VSG-Gläser durch Tellerhalter auch bei Glasbruch sicher in ihrer Lage gehalten werden. Bei Kat. A und C sind punktförmige Lagerungen zugelassen.

In der Schweiz werden die absturzsichernden Verglasungen in der SIA 358 und in der SIGAB-Richtlinie 002 geregelt. Es erfolgt keine Einteilung in Verglasungsgruppen oder Kategorien wie in Österreich und Deutschland. Bei allen Verglasungsgruppen ist eine punktförmige und/oder linienförmige Lagerung möglich. Ein Kantenschutz ist nicht gefordert.

Tragfähigkeit unter statischen Einwirkungen

In den D-A-CH-Ländern sind für den Nachweis der Tragsicherheit die auftretenden Einwirkungen wie Eigengewicht, Klima-, Wind- und Holmlasten zu berücksichtigen und zu überlagern.

Eine Übersicht über die Größe der einwirkenden Holmlasten zeigt die Tabelle 3. Die Holmlasten sind auf die baurechtlich erforderlichen Brüstungshöhen als statische Lasten aufzubringen.

Nachweis der Tragfähigkeit unter stoßartigen Einwirkungen

In Österreich kann der Nachweis auf Basis der ÖNORM B 3716-3 versuchstechnisch (Pendelschlagversuch) oder rechnerisch erfolgen.

Die Pendelfallhöhen werden in Abhängigkeit der Verglasungsgruppen und der Nutzungskategorien der angrenzenden Räumlichkeiten festgelegt (Tabelle 4).

In Deutschland erfolgt der Nachweis auf Basis der DIN 18008-4 versuchstechnisch, rechnerisch für linienförmig gelagerte Verglasungen oder durch Anwendung der in der DIN geregelten Glasaufbauten. Ergänzend zum Pendelschlagversuch ist bei zugänglichen Kanten der Kategorien A und C der versuchstechnische Nachweis des Kantenschutzes zu führen.

In der Schweiz ist kein Pendelschlagversuch erforderlich, außer es liegt eine Nutzungsvereinbarung vor.

Wichtig: Nachweisführung

In Österreich sind die statischen Berechnungen durch einen befugten Ingenieurkonsulenten für Bauwesen durchzuführen und zu bestätigen. In der Regel erfolgt keine Freigabe durch einen Prüfingenieur. Pendelschlagversuche sind durch eine nach EN ISO/IEC 17025 anerkannte akkreditierte Prüfstelle durchzuführen.

In der Schweiz ist keine spezielle Befugnis erforderlich.

Die in Deutschland vorgesehenen Verfahren für eine Anwendung von absturzsichernden Verglasungen bei Abweichungen zur DIN 18008-4, wie eine abZ (allgemeine bauaufsichtliche Zulassung), eine ZiE (Zustimmung im Einzelfall) oder ein abP (allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis) sind in Österreich und in der Schweiz nicht vorgesehen.

Ausblick

In der D-A-CH-Region sind die Regelungen bei absturzsichernden Verglasungen teils sehr unterschiedlich. Dies erfordert von den beteiligten Personen eine genaue Kenntnis der nationalen Vorschriften, um Fehler und Mängel bei der Berechnung, Wahl des Glasaufbaues, Fertigung, Einbau und Montage zu vermeiden. Dabei gilt Folgendes zu berücksichtigen: Die differierende Lage und Höhe der Holmlasten sowie die teilweise nicht durchzuführenden Pendelschlagversuche führen bei gleicher Einbausituation zwangsläufig zu unterschiedlichen Glasaufbauten.

Im zweiten Artikelteil in der nächsten GLASWELT-Ausgabe werden die nationalen länderspezifischen Anforderungen an Verglasungen, die für Personen zugänglich sind, gegenübergestellt.—

www.gbd.at

Heinz Pfefferkorn, Sachverständiger und GF der Prüfstelle gbd lab

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