_ Mit der fortschreitenden Automatisierung bei Glasverarbeitungsbetrieben, sprich mit der Reduzierung manueller Arbeiten und Kontrollen, gewinnen auch automatisierte Qualitätskontrollen, etwa durch Scanner, an Bedeutung.
Ohne solche maschinelle Kontrollen, die sich an verschiedenen Stationen der Fertigungslinie integrieren lassen, wächst die Gefahr, dass fehlerhafte Gläser erst am Ende der Produktion erkannt werden. Wenn überhaupt.
Und das kann gerade bei komplexen Glasaufbauten schnell zu hohen Kosten führen.
Ging es bisher also beim Einsatz von Scannern um das reine finden und aufzeigen von Fehlern im und auf dem Glas, ist die Qualitätskontrolle mittels Scanner heute maßgeblicher Bestandteil von unterschiedlichen Automatisierungskonzepten. Doch was bedeutet dies für die einzelnen Verarbeitungsprozesse?
Zuschnitt
Mithilfe einer Bandmaßkontrolle, z. B. einem Viprotron Jumbo Controller, zwischen Kipptisch und Schneidtisch lassen sich grobe Glasfehler wie Blasen und Einschlüsse bereits vor den Zuschnitt lokalisieren. Die Fehlerpositionen werden an eine Reoptimierungs-Software übergeben (z. B. A+W Defect Optimizer), die möglichst Schnitte, Verschnittflächen oder kleine Scheiben auf oder um solche Fehler legt.
Eine solche Re-Optimierung hilft die Ausbeute faktisch zu erhöhen und im späteren Produktionsprozess teure Nachläufer zu vermeiden. Fehlscheiben lassen sich zudem automatisch als Bruch melden, um den unmittelbaren Nachschnitt anzustoßen. Da das Bandmaß zum Zeitpunkt der Kontrolle nicht gewaschen ist, werden so nur grobe Fehler identifiziert und berücksichtigt werden.
Sollen sämtliche zu Reklamationen führenden Fehler frühzeitig aus dem Lauf genommen werden, kann in verketteten Systemen hinter dem Brechen und vor der Sortierung eine Waschmaschine mit Scanner und Ausschleus- und Visitationsstation eingerichtet werden, um eine Nachbeurteilung und –behandlung der Fehlerscheiben zu ermöglichen. An dieser Stelle kann der Scanner bereits Qualitätsaspekte in einer komplett verketteten Produktionsumgebung berücksichtigen, in der eine integrierte Qualitätsbeurteilung aller Scheiben im Prozess sonst nicht möglich wäre.
Sicherheitsglas
Ein sehr großes Potenzial für eine weitere Automatisierung erschließt sich im Bereich der Sicherheitsglasfertigung. Das betrifft insbesondere Kanten- und Oberflächenbearbeitungen, die heute zum Großteil noch in Inselfertigungen stattfinden.
Der Einsatz von L-Doppelseitern mit Bohrstrecke sowie die Verkettung von vertikalen Einseitern per Roboter sind Zeichen einer steigenden Automatisierung.
Auch hier gilt es, die zur weiteren Verarbeitung anstehenden Scheiben optisch zu prüfen, bevor sie beispielsweise zum Drucken oder dem teuren Vorspannen zugeführt werden.
Beim Glastransport am Ofen werden ebenfalls neue Wege gegangen. So sind heute bereits Öfen mit sequenzieller automatischer Glaszufuhr am Markt, die die Scheiben dann nach dem Härten direkt weiterleiten. Am Ausgang des Ofens können Scanner die visuelle Qualität prüfen, wie Kernfehler, Kratzer, Haze etc. und zudem eine Anisotropie-Bewertung durchführen.
Sind die Scheiben in Ordnung, werden sie den folgenden Arbeitsschritten zugeleitet, fehlerhafte werden aussortiert. So wird vermieden, dass fehlerbehaftete gehärtete Gläser beispielsweise am „Flaschenhals“ ISO-Linie auftauchen und dort zu Problemen führen.
Scanner für Fassadengläser
Im Segment Isolierglas hat die Automatisierung bereits vor einigen Jahren Einzug gehalten. Eine direkte Beschickung der Linien durch Sortiersysteme oder zumindest der automatische Einzug von Scheiben über Andockstationen von Gestellen, ist mittlerweile häufig in den Hersteller-Betrieben zu finden.
Zusätzlich kommen in der Mitte der Linie Systeme, wie automatische Setzer vorgefertigter Abstandhalter, Applikatoren von Rollenabstandhaltern (z. B. Super Spacer von Edgetech) oder Extrusionssysteme (wie TPS von Bystronic glass) zum Einsatz. Hier lässt sich der bislang von einem Mitarbeiter manuell ausgeführte Arbeitsgang des Aufbringens von Abstandhaltern durch den Einsatz eines der genannten Verfahren ersetzen.
Der Mitarbeiter an der Visitation kann aber nur dann ersetzt werden, wenn alle der bisher von ihm durchgeführten Arbeitsschritte maschinell ausgeführt werden.
Durch Kopplung des Scanners an die ISO-Linie lässt sich erreichen, dass das geprüfte Glas an der Visitation stehen bleibt, wenn der Scanner meldet, dass es den optischen Spezifikationen nicht entspricht. Dann muss nur noch ein Mitarbeiter die Meldung bzw. das Glas überprüfen, um es endgültig zu verwerfen oder den Fehler zu beseitigen und das gereinigte Glas durchzutakten.
Qualitäts-Check vor TPS Applikator
Ein Pionier in diesem Bereich war der Dachfensteranbieter Velux, der sich seit Jahren mit Scannertechnik auseinandersetzt. Dazu sagt Geschäftsführer Bernd Kühl von Velux Sonneborn: „Der erste Viprotron Quality Scanner wurde bereits 2006 in unserer Isolierglas-Produktion in Betrieb genommen, um die damalige manuelle visuelle Qualitätskontrolle einzusparen. Ein weiteres Ziel war die Senkung der Taktzeit bei gleichzeitiger Verbesserung der Qualität unserer Isoliergläser.“
Nach der Installation des Quality Scanner habe es einige Zeit in Anspruch genommen, um die Vorprozesse entsprechend zu optimieren.
Nach erfolgreicher Projekt-Umsetzung an der ersten Anlage wurden weiteren ISO-Linien nachgerüstet. Heute laufen die Scanner dort als visuelle Kontrollen an allen Isolierglaslinien voll automatisiert, ohne hier Mitarbeiter zu binden.
Dass das System und die Automatisierung nicht nur bei serieller Fertigung funktioniert, sondern auch bei einer ISO-Produktion „mit Losgröße 1“, bestätigen Michael Göldi GF bei Schollglas: „Die Kombination der TPS-Technologie von Bystronic glass und des Quality Scanners von Viprotron hat bei uns dazu beigetragen, dass wir je Isolierglaslinie täglich zwei Mitarbeiter weniger einplanen können. Die Abläufe haben sich bei uns bewährt.“
Und Göldi weiter: „Die Gesamtqualität hat sich verbessert. Mithilfe des Scanners haben wir viele Problemursachen systematisch herausgefunden und behoben. Zudem erfolgt durch die Anbindung des Scanners an unsere A+W PPS-Software nun eine direkte Einlastung von Bruchscheiben zum Nachschnitt. Der ganze Prozess an der Visitation wurde deutlich vereinfacht.“
Endkontrolle an der ISO-Linie
Roboter halten am Ende einer ISO-Linie oder Sicherheitsglas-Produktion zunehmend Einzug. Das Abstapeln von Scheiben auf Transportgestelle wird nun bald ebenfalls bedienungsfrei stattfinden. Sind im Produktionsablauf keine Scanner installiert, entfällt hiermit die letzte Möglichkeit, eine fehlerbehaftete Scheibe vor der Auslieferung zu erkennen. Damit das nicht passiert, lässt sich am Ende einer Isolier- oder Sicherheitsglas-Linie ein Scanner positionieren.
Die Prüfergebnisse, der auf optische Fehler oder Fehl-Vermaßung hin kontrollierten Scheiben werden nun als pdf abgelegt und sind im Reklamationsfall schnell zur Hand.
So werden bislang teure Fahrten zu Reklamationsbesichtigungen vermieden, da im Vorfeld einer Reise Scheibendaten und Fehlerbilder der reklamierten Scheibe vorliegen. Der Vorgang kann im Normalfall vom Schreibtisch aus erledigt werden.—