_ In einem Bauwerk werden Bauprodukte häufig miteinander gemeinsam verbaut, so zum Beispiel Fassaden mit Fenstern oder Fenster mit Aufsatzrollladenkästen bzw. entsprechenden Sonnenschutzsystemen. Grundsätzlich ist gemäß Bauproduktenverordnung (BauPVO) für alle Produkte, für die es eine harmonisierte europäische Produktnorm gibt, vom Hersteller eine Leistungserklärung und ein CE-Zeichen zu erstellen und zusammen mit dem Produkt zu liefern.
Theorie versus Praxis
In der Praxis werden Fenster mit Rollladenkästen von einem oder verschiedenen Herstellern oft komplett vormontiert auf die Baustelle geliefert oder auch erst dort zu einer funktionsfähigen Einheit zusammengefügt. Auch der Rollladenpanzer wird wahlweise vormontiert oder erst auf der Baustelle eingefügt. Dabei entsteht in der Praxis häufig die Fragestellung wie bei solchen Elementen mit der CE-Kennzeichnung zu verfahren ist. In EN 14351-1+A1:2010 heißt es hierzu "… Diese Norm gilt für Fenster und Türen inklusive aller Beschlagteile, Dichtungen, Verglasungen sowie … Rollladenkästen und Abschlüsse …“
Der Kommentar zur EN 14351-1 erläutert, dass hiermit zum Ausdruck gebracht wird, „… dass der Hersteller und Lieferant des Produkts für das komplette Element verantwortlich ist. Dies bedeutet nicht, dass Elemente nur in einem komplett zusammengebauten betriebsfertigen Zustand geliefert werden müssen. Auch in Einzelteilen auf der Baustelle montierte Elemente fallen unter den Geltungsbereich dieser Norm, sofern diese in der Verantwortung eines als Hersteller auftretenden Unternehmens liegen." Durch die Bauproduktenverordnung wird festgelegt, dass jedes Bauprodukt, das von einer harmonisierten Norm erfasst ist oder einer Europäisch Technischen Bewertung entspricht, eine Leistungserklärung und ein CE-Zeichen zu erhalten hat, um es in Verkehr zu bringen. Daher kann ein Kunde/Fachhändler Bauelemente mit einer nur für das einzelne Bauprodukt geltenden CE-Kennzeichnung erwerben, wie z.B. Fenster nach EN 14351-1, Markisen nach EN 13561 oder äußere Abschlüsse wie Außenjalousien und Rollläden nach EN 13659. Im Fall eines gemeinsamen Einbaus von Fenstern plus Aufsatzkästen mit Rollläden bzw. Sonnenschutzsystemen gibt es zwei unterschiedliche Möglichkeiten/Fälle die CE-Kennzeichnung vorzunehmen.
Fall 1: Fenster + Aufsatzrollladen-kasten von einem Hersteller
Wenn ein Fensterhersteller ein selbst hergestelltes Fenster mit Aufsatzrollladenkasten und Panzer von einem anderen Hersteller verbindet, kann er es auch mit einem CE-Zeichen deklarieren. In Deutschland sind für Fenster in der Regel der U-Wert, die Luftdurchlässigkeit sowie die Strahlungseigenschaften der transparenten Flächen anzugeben. Eine Angabe für den Widerstand gegen Windlast des Behangs (nach EN 13659) ist in diesem Falle nicht erforderlich. Allerdings muss der Hersteller dafür Sorge tragen, dass der Behang diese Anforderungen erfüllt. Zusätzlich fordert die EnEV Angaben zu der Luftdurchlässigkeit, also auch der Fuge zwischen Fenster und Aufsatzrollladenkasten. Durch den Nachweis der Kennwerte für das gesamte Element können diese Anforderungen ebenfalls geprüft bzw. nachgewiesen werden. Die Werte für das gesamte Element können sich dabei durchaus verbessern, beispielsweise der U-Wert beim Einsatz hochwärmedämmender Rollladenkästen.
Natürlich umfasst die Verantwortung des Herstellers auch die technische Dokumentation (TD mit Prüfzeugnissen, Angaben WPK etc.) und die Leistungserklärung als Voraussetzung für das CE-Zeichen am kombinierten Element. Wenn der Fensterhersteller den Rollladen inkl. Kasten von einem anderen Hersteller bezieht, muss er von diesem die notwendigen Angaben und Nach-weise fordern und in der TD archivieren. Besonderes Augenmerk gilt den Verschattungseinrichtungen, weil bei bewohnten Gebäuden der sommerliche Wärmeschutz gemäß Energieeinsparverordnung EnEV bzw. DIN 4108-2 nachzuweisen ist. Gemäß EN 14351-1 und EN 13659 für äußere Abschlüsse ist der Gesamtenergiedurchlassgrad der Verglasung mit der Verschattung zu berechnen – sofern beide gemeinsam vom Fensterhersteller in Verkehr gebracht werden. Dies ist sinnvoll, da der Bauherr bzw. der Planer bei Neubauten bauphysikalische Anforderungen an die Gebäudehülle nachweisen muss; dies gilt im Übrigen auch für Erweiterungsbauten >50m². Bei einem reinen Austausch bestehender Fenster ist dieser Nachweis nicht notwendig.
Fall 2: Fenster + Aufsatzrollladen-kasten von unterschiedlichen Herstellern
Alternativ kann der Fensterhersteller die Merkmale für das Fenster und den Rollladenpanzer sowie den Aufsatzrollladenkasten auch getrennt nach DIN EN 14351-1 und DIN EN 13659 ausweisen. In diesem Fall müssen in Deutschland für den Rollladenkasten aber zusätzliche Angaben zum Wärme- und Schallschutz gemacht werden, da in der Bauregelliste A Anforderungen an den Rollladenkasten („Richtlinie über Rollladenkästen – RokR“) definiert werden, deren Einhaltung mit einem Ü-Zeichen zu kennzeichnen ist. Der Planer oder Bauherr muss diese Einzelwerte dann getrennt bei der Berechnung für den Wärme- und Schallschutz ansetzen und der Hersteller muss dem Monteur Vorgaben für die Montage machen, um den nach EnEV geforderten luftdichten Anschluss von Fenster und Rollladenkasten zu gewährleisten. Kombiniert ein Fach-/Montage- oder Handelsbetrieb Fenster und Rollladenkasten mit Panzer von unterschiedlichen Herstellern ist dieser nicht für die CE-Kennzeichnung verantwortlich, sofern er nicht als Händler (mit eigener Fenstermarke) oder Importeur auftritt. Er muss jedoch darauf achten, dass für die einzelnen Produkte entsprechende Leistungserklärungen und CE-Zeichen bzw. Ü-Zeichen der verschiedenen Hersteller vorliegen. Die unterschiedlichen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten sowie detaillierte Informationen und Praxisbeispiele finden sich im Kommentar zur EN 14351-1. Beim Einbau ist der Fachbetrieb dann in der Pflicht zu prüfen, ob die Systeme miteinander kombiniert werden können und wie die nach EnEV geforderte Luftdichtigkeit zwischen Aufsatzkasten und Fenster gewährleistet und nachgewiesen werden kann. Der Nachweis kann durch den Rollladenkasten- bzw. Fensterhersteller durch geprüfte Anschlusssysteme und Verarbeitungsrichtlinien erfolgen oder vom Montagebetrieb durch eine Ausführung nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik erbracht werden, beispielsweise auf Basis der Angaben im „Leitfaden zur Montage“.
Die richtige Kombination zählt
Für den Fach-/Montage- oder Handelsbetrieb ist es also unerheblich, welche Vorgehensweise er auswählt. Entscheidend ist für ihn dafür Sorge zu tragen, dass die einzubauenden Systeme die entsprechende CE-Kennzeichnung und weitere erforderliche Nachweise besitzen. Zu beachten ist, dass diese Regelungen nur für Aufsatzkastensysteme und Fenster gelten. Vorbauelemente und Sonnenschutz im Scheibenzwischenraum werden davon nicht erfasst. So gesehen steht einer freien Produktauswahl bei der Kombination von Fenstern und Aufsatzkästen nichts entgegen.