Seit vielen Jahren befinden sich die Hersteller von Isolierglas-Kleb- und Dichtstoffen in einer schwierigen Situation was die Rohstoffe angeht. Einerseits sind sie von der Großchemie abhängig, andererseits werden Spezialitäten benötigt, die nur von wenigen Herstellern bezogen werden können.
Der Isolierglasklebstoff selbst gilt dabei als „Commodity-“, sprich als Verbauchsprodukt, obwohl die Ansprüche an ihn zum Teil dramatisch gestiegen sind. Erwähnt seien an dieser Stelle nur die Anforderungen aus den diversen Normen in Europa (EN 1279 etc.) und die per EU-Verordnung Nr. 848/2012 ab Oktober 2017 vorgeschriebene Quecksilberfreiheit von Polyurethan.
Erforderliche Produktentwicklungen dauern meistens einige Jahre bis es schließlich gelingt, vom Labor- über den Technikums- in den Produktionsmaßstab überzugehen. Erst im Laufe von Monaten, wenn nicht sogar länger, gelingt es, alle potenziellen Unwägbarkeiten wie Rohstoffeinflüsse und Maschinenparameter zu erkennen und abzustellen (Beispiel: Polyurethan ohne quecksilberhaltigen Katalysator).
Damit diese Anforderungen erfolgreich bewältigt werden können, muss ein Dichtstoffproduzent alle Lieferanten sorgfältig auswählen und im Rahmen seiner Einkaufs- und Qualitätspolitik auditieren. Hierbei müssen unter Umständen erneut alle Rohstoffeinflüsse bei der Herstellung des Produkts chemisch und physikalisch analysiert werden und deren Einflussnahme auf die Formulierung des Dichtstoffproduzenten bekannt sein.
Massive Lieferschwierigkeiten
Trotz intakter Kunden-Lieferanten-Verhältnisse kam es zuletzt zu massiven Versorgungsengpässen mit entsprechenden Preissteigerungen, weil mehrere große Unternehmen Force Majeure (= Höhere Gewalt, Anmerkung der Redaktion) angemeldet haben. Dies gilt im Wesentlichen für Weichmacher und Isocyanate, beides Rohstoffe, die in Polyurethanen Verwendung finden. In beiden Fällen gibt es nur eine weltweit begrenzte Anzahl von Produzenten.
Engpässe auch bei den Weichmachern
So haben zwei große Weichmacherproduzenten innerhalb von acht Monaten infolge von Explosionen und Bränden Force Majeure erklärt, die letzte datiert vom Mai 2017. Zudem kam es temporär zu einer Verknappung eines wichtigen Ausgangstoffes. In der Folge kam es zu einem massiven Preisanstieg beim Weichmacher. Die aktuelle Versorgungs- und Preissituation ist daher zunehmend prekärer geworden und von den Klebstoffproduzenten nicht mehr zu schultern.
Ähnlich zugespitzt hat sich die Situation bei den Isocyanatproduzenten. Hier bestimmen im Wesentlichen vier große Hersteller das Geschäft in Europa, von denen einer bereits im Oktober 2016 Force Majeure erklärte. Dies hat auch bei diesem Rohstoff zu Verknappungen und entsprechend hohen Verteuerungen geführt.
Last but not least sind aktuell auch noch die Polymerpreise für Polyurethanklebstoffe im rasanten Höhenflug. Auch hier haben nur einige wenige Hersteller das erforderliche Know-how, u. a. aufgrund der hohen Sicherheitsauflagen für die Produktion.
Viele nach Europa importierte Rohstoffen sind nicht REACH zertifiziert
Der Preis richtet sich nach dem weltweiten Bedarf an Butadien, der sich im Vergleich zum Vorjahr aufgrund massiver weltweiter Nachfrage mehr als verdoppelt hat. Hinzu kommt, dass dieses Produkt vorrangig in Märkte wie z.B. Asien, wo derzeit höhere Rohstoffpreise erzielt werden können, exportiert wird. Der Import von Rohstoffen nach Europa wird dadurch erschwert, dass viele der erforderlichen (noch) nicht REACH zertifiziert sind.
Die hier beschriebenen Faktoren führten schon Ende letzten Jahres zu Erhöhungen bei den Rohstoffpreisen. Die Situation hat sich durch die aktuellen Rohstoffverknappungen sowie zusätzliche Force Majeure-Erklärungen noch zugespitzt und weitere Rohstoffpreiserhöhungen ausgelöst, die aktuell für die Klebstoffhersteller nicht weiter zu kompensieren sind, zumal ein Ende der Preissteigerungen nicht in Sicht ist. Da die Aufrechterhaltung der hohen Qualität der Polyurethanklebstoffe sowie die Liefersicherheit prioritäre Ziele sind, werden Preiserhöhungen unter diesen Umständen unumgänglich.
Zusätzliche Details und weiterführende Informationen finden Verarbeiter auf der Webseite IGK Isolierglasklebstoffe GmbH.
Dr. Randolf Karrer, GF Technik IGK