Das hatte letzte Woche alle überrascht: Der Bauausrüster AFG Arbonia-Forster-Holding AG übernimmt den Fensterhersteller Wertbau. Gleichzeitig scheidet der Gründer Rainer Taig aus dem operativen Geschäft aus. Die neue Wertbau-Führungsriege besteht künftig aus den Geschäftsführern Stefan und Carsten Taig sowie dem Geschäftsführer und Sprecher der Geschäftsleitung Marcel Frei.
Zum AFG-Konzern gehören bereits die 3 Fensterhersteller EgoKiefer, Slovaktual und Dobroplast. Die Wertbau-Integration erfolgt voraussichtlich am 01. Oktober 2015. Die AFG will durch den Umbau zum europäischen Marktführer im Fensterbau aufsteigen und den österreichischen Konkurrenten Internorm hinter sich lassen, wie der AFG-Chef Alexander von Witzleben auf einer Medienkonferenz Mitte August ausführte.
Geplant sei, dass der Wertbau-Standort Langenwetzendorf zum Produktionszentrum für Holz- und Holz-Aluminium-Fenster der Division-Gebäudehülle des AFG-Konzerns ausgebaut werden solle. Die EgoKiefer-Fertigungsstätten in Altstätten und Villeneuve in der Schweiz sollen im Gegenzug komplett geschlossen werden. Damit produziert EgoKiefer selbst keine Fenster mehr. „Wir wollen den Holz- und Holz-Aluminumausstoß in Langenwetzendorf verdreifachen," so Rainer Taig gegenüber der GLASWELT, der nach der Wertbau-Integration in den AFG Konzern weiterhin als Berater die Geschicke des Unternehmens im Auge behalten will. Marcel Frei erläuterte in der Pressekonferenz das Procedere der Umstrukturierung: „Schon jetzt liefert Wertbau Bauelemente für EgoKiefer. Zum 1.1.2017 werden wir mit der physischen Umstrukturierung beginnen. Diesen Verlagerungsprozess werden wir dann innerhalb eines Jahres abschließen. Wir werden in dieser Zeit die Produktionsanlagen aus der Schweiz hierhin umziehen – es kann natürlich auch sein, dass wir noch neue Einzel-CNC-Anlagen anschaffen werden.
In Zahlen ausgedrückt: Aktuell arbeiten bei Egokiefer in der Schweiz 850 Mitarbeiter. Geplant sei es, rund 500 Arbeitsplätze im Vertrieb, Marketing und Entwicklung zu erhalten. In Langenwetzendorf arbeiten aktuell rund 300 Angestellte, die 2014 einen (nicht konsolidierten) Umsatz von 35 Mio. Euro erwirtschaftet haben. „Für dieses Jahr gehen wir von mindestens der gleichen Menge aus,“ so Carsten Taig, der jetzige und künftige Vertriebs-Geschäftsführer.
Weiter resümiert Carsten Taig, dass man in den letzten Jahren auch ungewöhnliche Zustände hätte hinnehmen müssen: War man aus der Geschichte eigentlich immer nur gewöhnt, dass die Umsätze stetig stiegen, hätte man in den letzten 3 Jahren auch lernen müssen, dass Umsätze stagnieren oder sogar zurückgehen können. Momentan werden rund die Hälfte der Umsätze im Kunststofffensterbereich erwirtschaftet. Ob Wertbau auch in Zukunft Kunststofffenster produzieren werde, würde momentan noch geprüft werden. Darauf angesprochen, antwortet Marcel Frei: "Man kann nicht auf einmal alles anders machen."
Und für die Wertbau-Händler ändere sich zunächst überhaupt nichts: Das Produktportfolio bleibe bestehen und auf längerer Sicht hätten die zusätzlich noch die Möglichkeit, Bauelemente anderer Hersteller im Konzern zu beziehen.
Die AFG AG ist ein Bauausrüstungskonzern mit Hauptsitz in Arbon (Schweiz). Die Business Units bieten Produkte für Aussenhülle und Innenraum von Gebäuden. In diesem Kerngeschäft verarbeiten AFG-Unternehmen beispielsweise rund 2.700.000 m² Glas für Fenster und Duschabtrennungen, 83.000 Türen, 3000 km Stahlprofile, 15.000 km Holz- und PVC-Profile für Fenster und über 2.5 Mio. Heizkörper. Aktuell berichtet der Konzern über ein enttäuschendes Halbjahresergebnis: Der organische Umsatz sei um 4.6% auf 425 Mio. Schweizer Franken (ca. 392 Mio. Euro) gesunken. Man schreibe ein operativen Verlust (EBIT) vor Sondereffekten von 2,9 Mio. SFR, berichtet von einem stabilen Geschäft bei Gebäudetechnik und Gebäudesicherheit und starkem Gegenwind beim Geschäft mit der Gebäudehülle. Deshalb seien Produktionsverlagerungen ins europäische Ausland geplant, die langfristige Wettbewerbsfähigkeit in Europa sichern sollen. Mit dem Kauf des deutschen Fensterherstellers Wertbau mache man einen wichtigen Schritt zu einem führenden Fensteranbieter in Europa dank Zugang zu größtem europäischen Fenstermarkt sowie zusätzlicher moderner und kosteneffizienter Produktionskapazität in Ostdeutschland. Dabei bleibe EgoKiefer mit 500 Mitarbeitenden der führende Schweizer Fensteranbieter.