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hohe Anforderungen bei neubespannungen

Kalkulierbares Risiko?

_ Natürlich sind es aber nicht nur Abnutzung oder Beschädigung, die eine Neubespannung einer Markise auslösen, auch die Verschmutzung der Markisentücher oder der schlichte Wunsch, die Farbe zu wechseln, können Grundlagen für ein neues Tuch sein. Von der Sache her aus Kundensicht sicher einfach, für den Fachbetrieb eine mitunter sehr heikle Mission.

Technisch alles in Ordnung?

Letztlich ist es ganz einfach, und auch nicht anders als bei Autos in einer Markenwerkstatt. Geht es um einen Bestandskunden, kennt man die Markisenhistorie, hat entsprechende Unterlagen darüber, und kann den Auftrag relativ einfach abwickeln. Ein kurzer Check der Markise vor Ort, eine Überprüfung der Befestigung, die vom Fachbetrieb bei der Erstmontage selbst ausgeführt worden ist, und schon kann es losgehen. Der Kunde kann hier sicher sein, eine gute Betreuung zu erfahren, da der Fachbetrieb das Produkt kennt und damit die Risiken einer Neubespannung sehr gut einschätzen kann. Ganz anders sieht es aus, wenn der Fachbetrieb zu einer Markise gerufen wird, die er ursprünglich nicht selbst montiert hat und dessen Typ er überhaupt nicht kennt. Die notwendige technische Überprüfung der Markise fällt hier in vielen Fällen aus, weil der Verkäufer gar nicht in der Lage ist, mit seinem Wissen eine kurze Risikoanalyse zu der vorhandenen Markise zu erstellen. Sicher hört sich Risikoanalyse in diesem Moment etwas hochgestochen an, was aber ist die Einschätzung der Situation bei Aufmaß und Tuchauswahl der Neubespannung sonst?

Der Kunde hat ein hohes, vitales Interesse, seine Markise nur mit einem neuen Tuch versehen zu lassen, und scheut in der Regel die Kosten für weitere Reparaturen, Ersatzteile oder gar eine Neumontage des Markisengestells. Kann der Verkäufer überhaupt den technischen Zustand der Markise im Zuge des Kundentermins überprüfen? Genau genommen, nein. Voraussetzung dafür wäre eine Leiter, die es ihm ermöglicht, eine einwandfreie Sichtkontrolle in Höhe des Markisenkastens durchzuführen.

Der zweite Punkt wäre die Kontrolle der Befestigung. Und hier geht es nicht darum, ob vor 2006 verzinkte Schrauben eingesetzt worden sind, sondern um die Tatsache, ob die Befestigung noch fest und damit sicher ist. Der Befestigungstest ist eigentlich eine einfache Sache und benötigt besagte Leiter und eine zweite Person, die ggf. natürlich auch der Kunde sein kann. Würde man jetzt die Markise ganz ausfahren und die Markisenkonsole durch Anheben des Markisenarms entlasten, so könnte man durch Fühlen an der oberen Unterlegscheibe der Montagekonsole sehr schnell feststellen, ob der Dübel sitzt oder nachgegeben hat. Lässt sich die Unterlegscheibe drehen, ist der obere Dübel gekommen oder der untere hat sich im Mauerwerk gesetzt etc. Das hätte im Ergebnis die Feststellung von Dübelversagen zur Folge, was wiederum eine Neumontage auslösen müsste.

In der Praxis macht diese Feststellung der Monteur bei der Ausführung der Neuspannung, und nicht der Verkäufer beim Aufmaß. Eine Problematik, die gerade bei den in den letzen 15–20 Jahren vermehrt auf WDVS montierten Markisen immer stärker auftritt. Im Regelfall wird die lose Schraube dann nachgezogen, ein Umstand der gemäß Dübelzulassung nicht erlaubt ist.

Gleiches gilt für meist offen sichtbare Problemstellungen, wie z. B. verschobene Markisenarme oder schon auf den ersten Blick sehr abenteuerliche Montagen der Markisen.

Verantwortungen klären

Was ist also der optimale Arbeitsablauf? Genau genommen ist eine Neubespannung technisch mitunter wesentlich anspruchsvoller als die Neulieferung einer Markise, bei der ich angefangen vom Produkt bis hin zur Montage alle Variablen kenne. Feststellen muss man eindeutig, dass dem Aufmaßtermin bei einer Neubespannung eine ganz besondere Bedeutung zukommt und dieser damit nur von technisch geschulten Personen durchgeführt werden sollte. Ob Armspannung, Zustand des Getriebes oder Motors, Verschmutzungsgrad oder die Befestigung: Alle Punkte bedingen eine genaue Überprüfung vor der Entscheidung, ein neues Tuch aufzuziehen. In der Praxis sind diese Punkte leider sehr oft unzureichend geklärt. Mangelnde Armspannung wird dann plötzlich auf den Fachbetrieb abgeschoben, genauso wie auftretende Motorendefekte, weil z. B. die Einstellräder etc. abbrechen. Die Zeche zahlt dann wegen mangelnder Dokumentation des Ist-Zustandes vor der Neubespannung der Fachbetrieb selbst.

Auch die Verantwortung bei z. B. einer lockeren Befestigung sollte geklärt werden. Was macht der Monteur, wenn erst er diesen Umstand feststellt? Augen zu und durch oder wird das Kundengespräch gesucht und auf die notwendige Neumontage hingewiesen, die natürlich auch mit Kosten verbunden ist? Für eine Neubespannung müssen die gleichen Kriterien gelten wie für eine Neulieferung einer Markise, letztlich sitzt der Kunde darunter.

Was hat die DSGVO damit zu tun?

Mit der Einführung der DSGVO sind leider auch Schritte verbunden, die dem Fachbetrieb in Zukunft das Leben schwerer machen. Konnte er bisher immer auf alte Kundenunterlagen zurückgreifen, so ist in Zukunft nach 10 Jahren Schluss, weil diese dann aus Datenschutzgründen vernichtet werden müssen. In der Praxis sind es aber gerade die Fälle, bei denen eine Neubespannung ausgeführt werden soll.

Das bedeutet rechtlich gesehen leider, dass viele Dinge aus der Erinnerung funktionieren müssen. Wohl dem Fachbetrieb, der eine geringe Fluktuation oder einen Kunden hat, der die Originalunterlagen noch besitzt. —

Olaf Vögele

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