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ist das Passivhaus der bessere Standard?

“Besser als die EnEV lohnt sich!“

_ Die Notwendigkeit der Energieeinsparung und der damit verbundenen Regelwerke und Verordnungen treiben Bauhandwerker und Planer gleichermaßen voran, immer neue, bessere Lösungen zu entwickeln.

Neben den geforderten Neubaustandards gibt es mit Passivhäusern und den verschiedenen Arten von KfW-Gebäuden wärmetechnische Ansätze, die teils weit über den geforderten EnEV-Standards liegen. Solche Gebäude erfordern jedoch ein optimales Zusammenspiel aller Bauteile in der Fassade, einschließlich des Sonnenschutzes und der Gebäudesteuerung.

Doch welche Vorteile bringt dies für den Bauherren? Das Passivhaus ist eine technologisch weit ausgereifte Bauweise, die ab 2021 für jeden Neubau verpflichtend sein wird. Der Weg dorthin wird spätestens in der EnEV 2018 festgeschrieben sein. Daher macht es aus unterschiedlichen Gründen für Bauherren Sinn, bereits heute diesen Weg zu beschreiten: einer der wichtigsten Faktoren ist die Wirtschaftlichkeit. Ein Passivhaus verbraucht so wenig Energie, dass seine Heizkosten fast vernachlässigbar sind. Denn der Höchstwert für den Heizwärmebedarf von 15 KWh/a (Energiegehalt von etwa 1,5 l Heizöl) pro Quadratmeter in einem Jahr muss unterschritten werden.

Im Vergleich dazu liegt der Wert, den ein Gebäude nach der EnEV 2014 (ab dem 1. Januar 2015) einhalten muss, bei etwa 67 KWh/a. Das entspricht den KfW-70-Häusern nach der EnEV 2009.

Mit der voraussichtlichen Verabschiedung der EnEV 2016 wird der Primärenergiebedarf um weitere 25 % gesenkt werden. Damit haben Häuser, die heute als gut eingestuft werden, einen schlechteren Wiederverkaufswert.

Wird heute ein Haus entsprechend der aktuellen EnEV gebaut und in der Nachbarschaft entsteht ein Passivhaus, wird beim Verkauf nach 10 oder 20 Jahren letzteres einen höheren Wert erzielen.

Jeder Handwerker wird sich bald mit dem Passivhausstandard auseinandersetzen müssen

Das Passivhaus wird in ganz Europa zum künftigen Baustandard, hierzu hat das Europäische Parlament am 18. Mai 2014 eine neue Richtlinie zur Energieeffizienz von Häusern verabschiedet. Die Mitgliedsstaaten müssen ihre Bauvorschriften anpassen, damit alle Gebäude, die ab Ende 2020 errichtet werden, den hohen Energiesparvorgaben entsprechen. Bereits bestehende Gebäude müssen, sofern durchführbar, an EnEV 2009 angepasst werden. Eine weitere Verschärfung ist dort nicht geplant.

Für den Verbraucher bedeutet die neue Richtlinie niedrigere Energiekosten und einen wertstabilen Baustandard, der in der Regel dem des Passivhauses gleichkommen wird. Im Prinzip bestätigt dies die Richtlinie 2010/31/EU aus dem Jahr 2010.

Bund und Länder haben sich bereits 2009 darauf geeinigt, dass alle Neubauten der öffentlichen Hand ab 2018 als Passivhäuser gebaut werden müssen. Für alle weiteren Gebäude ist das Jahr 2021 als Ziel vorgemerkt.

Wollen Handwerker sich nicht auf Passivhaus-Technik einlassen, ist das kurzsichtig, denn der Gesetzgeber hat die Marschrichtung festgelegt, indem die genannte EU-Regelung umgesetzt werden muss. Handwerker und Planer laufen Gefahr, die Zukunft zu verpassen, wenn sie sich nicht auf entsprechende Passivhausstandards und deren Umsetzung einstellen wollen, und gefährden so ihren Betrieb und die Sicherung von Arbeitsplätzen.

Der aktuell geforderte U-Wert eines Fensters liegt bei 1,30 W/m²K, wobei jedoch bereits heute schon viele Gebäude nach den eingangs erwähnten höheren KfW- bzw. Passivhaus-Kriterien gebaut werden. Die kommende Verschärfung wird dann einen U-Wert des Fensters von 0,95 W/m²K verlangen, was sich dann nur noch mit Fenstern mit 3-fach-Verglasungen umsetzen lässt. Beim Passivhaus liegen die Werte bei der Fassade zwischen 0,06 bis 0,08 W/m²K. Über 1500 bereits zertifizierte Wohn- und Nichtwohngebäude belegen, dass es gut möglich ist, in diesem Standard zu bauen – und zwar mit einer Gesamtkostenbelastung, die unter den Bau- und Betriebskosten nach der EnEV liegt.

In welcher Fassaden-Ebene soll das Fenster sitzen?

Bei der Umsetzung einer Passivhausfassade hat die Positionierung des Fensters in der Fassadenebene einen entscheidenden Einfluss: Es gilt bei der Planung zu klären, wo ein Fenster wärmebrückenfrei sitzen soll. Antwort: immer in der Wärmedämmebene. Diese kann je nach verwendetem Mauerwerksbau verschieden sein. Technisch gesehen können hocheffiziente Fester in jede beliebige Fassade gesetzt werden, entscheidend ist die Einbauebene. Denn jede Anschlusssituation ist anders: eine Holzrahmenbauweise ist kein Massivmauerwerk aus Gasbetonstein oder ein Kalksandsteinmauerwerk mit einem Wärmedämmsystem. Die Position der Fenster muss also genau geplant werden: Werden Fenster beispielsweise zwischen das Mauerwerk eingebaut, müssen sie kleiner sein, als wenn sie in der Fassade wärmebrückenfrei versetzt werden.

Diese Art der Konstruktion ist jedoch noch wenig erprobt und kann mit Sicherheit weiter verbessert werden; gleichzeitig zeigt dies neue Lösungsansätze auf.

Wenn der Fensterbauer Zweifel an der Planung bzw. der einzusetzenden Systeme hat, sollte er sich unbedingt vom Architekten oder Bauträger die entsprechenden Nachweise übergeben lassen. Liegen diese nicht vor, ist es für den ausführenden Handwerker an der Zeit, Bedenken anzumelden, und zwar auch im Hinblick auf Gewährleistung und Regressanforderungen. Diese Bedenken muss er nicht nur gegenüber dem Architekten, sondern auch gegenüber dem Bauherrn nennen, der ja sein eigentlicher Vertragspartner ist.

Sonnenschutz nicht vergessen

Im Vorfeld der Fenstermontage-Planung ist auch der Sonnenschutz und ggf. eine Lichtlenkung mit einzuplanen. Auch hier sind die kritischen Details zu beachten: Wird der Sonnenschutz im Mauerwerkskasten oder vor die Wand verbaut? Wie wird das Anschlussdetail aussehen, wenn neben dem Sonnenschutz 16- oder 24-cm-Wärmedämmung verbaut werden? Sind auf einem Stahlbetonsturz 2-cm-Polystyrol tatsächlich genug?

Das Sonnenlicht, das im Winter dringend benötigt wird, um das Gebäude mit zusätzlicher Energie zu versorgen, kann leicht im Sommer ein Zuviel an Einstrahlung bedeuten. Hier kann Sonnenschutzglas Abhilfe schaffen. Gerade beim Niedrigenergie- und Passivhaus ist dann aber im Vorfeld zu prüfen, wie solche Verglasungen das Gesamtenergiekonzept beeinflussen, oder ob die Gefahr besteht, dieses zu stören.

Das Passivhaus rechnet mit Sonneneinträgen, die durch die transparente Bauteile eindringen. Wird nun dieser Eintrag im Winter zu stark reduziert, kann dies bedeuten, dass die benötigte Energiemenge in der Heizperiode nicht mehr ausreicht. Der Wunsch der Bauherren nach Sonnenschutzglas muss also immer mit dem Passivhausplaner abgestimmt werden.

Die Gebäudesteuerung, das Tüpfelchen auf dem i

Warum wird eine intelligente Steuerung benötigt? Passivhäuser sowie Plusenergiehäuser sind wie eben angesprochen auf die Ausnutzung der einfallenden Sonnenenergie abgestimmt. Hierbei spielt neben der Größe des Gebäudes die Ausrichtung der Fenster nach den benötigten Himmelsrichtungen eine entscheidende Rolle.

Zwar dämmen die Fenster vor der Wärmeeinwirkung von außen, allerdings haben sie nichts dem Aufheizen des Gebäudes entgegenzusetzen. Deshalb geht es nicht ohne Sonnenschutz-Systeme. Da das angesprochene Sonnenschutzglas in vielen Fällen nicht ausreicht, sind außenliegende Systeme, Rollläden und Außenjalousien sowie Klapp-/Schiebeläden gefordert.

All diese Anwendungen sollten steuerbar sein, um einen konstanten und nutzerorientierten Sonnenschutz zu gewährleisten. Darüber hinaus lassen sich Rollläden automatisch so ansteuern, dass sie in der Heizperiode abends schließen, um eine zusätzliche Dämmschicht zwischen dem Rollladen und dem Fenster zu erzeugen.

Weiter lässt sich mit der Gebäudesteuerung die Temperatur im Haus über den Tag automatisch regeln, wenn der Nutzer nicht vor Ort ist. Damit läuft er nicht Gefahr, am Abend in ein überhitztes Haus zu kommen.

Das Fazit

Ob wir es wollen oder nicht, die Anforderungen an Gebäude werden weiter verschärft. Setzt der Bauherr bereits heute schon auf Passivhausstandards, profitiert er ab sofort von sinkenden laufenden Kosten aufgrund der Energieeinsparungen. Dazu kommt ein erhöhter Komfort sowie eine Wertsteigerung des Objekts im Hinblick auf einen späteren Verkauf.

Werden künftig mehr Gebäude nach Passivhausstandards gebaut, müssen Verarbeiter und Monteure noch sorgfältiger arbeiten als bisher. Tun sie es nicht, läuft man Gefahr, dass die Schadensfälle deutlich zunehmen, da es sich bei Passivhäusern um komplexe Gebilde handelt, die empfindlicher auf Fehler reagieren.

Eine erhöhte Schadensquote wird jedoch über kurz oder lang den Gesetzgeber auf den Plan rufen und verschärfte Anforderungen sowie neue Vorschriften nach sich ziehen. Und das wiederum macht für den Handwerker den Einbau komplizierter und das Bauen wird teurer. Das kann nicht im Sinne der Branche sein.

Dennoch wird auch in Zukunft das Bauen trotz EnEV und Co. noch Spaß machen. Und zwar für diejenigen Handwerker und Planer, die sich bereits jetzt darauf einlassen, sich weiterbilden und so die Grundlage schaffen, ihren Kunden einen Mehrwert zu bieten, der sich auch finanziell auszahlt.

Uwe Pfandler, Matthias Rehberger

Checkliste: Relevante Punkte beimEinbau von PassivhausFenstern

Bei Passivhäusern ist Planung und Montage der entsprechenden Fenster komplexer als bei Standardfenstern. Hier die relevanten Punkte, die vorab zwischen Monteur/Fensterbauer und Bauherrn/Planer geklärt werden müssen:

  • Welchen U-Wert müssen dazu die flankierenden Bauteile haben?
  • Wie lassen sich die Fenster wärmebrückenfrei einbauen?
  • Welche Vorteile hat es, die Fenster nach außen einzubauen?
  • Wie werden die Fenster luftdicht und transmissionsfähig abgedichtet?
  • Welcher Sonnenschutz ist geplant?
  • Wie sehen die jeweils zugehörigen Details aus?
  • Wie muss der Fensterbankanschluss ausgebildet werden?

Soll barrierefrei gebaut werden, wo liegt dann die wasserführende Schicht?

Gibt es eine Planung dafür, wer macht diese?

Infos zur Fortbildung unter http://www.passivhaus-handwerk.de

Im Interview mit Gernot Vallentin, Passivhaus-Architekt, dorfen

GLASWELT – Herr Vallentin, ist für Sie im Neubau das Passivhaus der bessere Standard?

Gernot Vallentin – Es ist definitiv der bessere Standard, deshalb planen wir nur noch Passivhäuser. Der Nachhaltigkeitsaspekt und das hohe energetische Leistungsvermögen gewährleisten, dass der Bauherr auf der Höhe der Zeit baut und auch gut für die Zukunft gerüstet ist. Der Passivhausstandard ist dabei der rote Faden, der alle entsprechenden Aspekte berücksichtigt und alle Entscheidungen energetisch bewertet. Dieser hohe energetische Standard soll die laufenden Kosten verringern und muss nicht teurer sein. Wichtig ist zudem das komfortable Wohnen für die Nutzer und eine zeitgemäße und ansprechende Gestaltung.

GLASWELT – Welche Bedeutung haben Fenster, Türen und Isolierglas in Bezug auf Passivhaus-Bauweise?

Vallentin – Die Glasflächen sind ganz wichtige Elemente des energetischen Bauens. Die Entwicklung geeigneter Fenster und Verglasungen war ein entscheidender Schritt hin zum Passivhaus. Ganz wichtig war der Kostensprung nach unten für gedämmte Fensterkonstruktionen und für 3-fach-Isolierglas. Mit diesen extrem wirtschaftlichen Elementen lässt sich einfach ein kostengünstiger energetischer Standard erreichen. Auch gestalterisch sind sehr anspruchsvolle Produkte auf dem Markt, sodass jeder Bauherr das Passende findet.

GLASWELT – Was empfehlen Sie dazu Bauherren?

Vallentin – Bei Boden, Wand und Dach sowie bei Fenstern, Türen und Gläsern immer auf hochwertige Lösungen zu setzen, das lohnt sich energetisch immer. Diese Investitionen werden sich schon kurzfristig auszahlen und der Komfortgewinn ist erheblich. Und auf alle Fälle immer 3-fach-Isolierglas verwenden.

GLASWELT – Welche Rolle spielt der Sonnenschutz?

Vallentin – Durch die geforderte Belichtung mit Tageslicht entstehen automatisch große Verglasungsflächen. Die entsprechend hohen Energieeinträge sind zwar in der Heizperiode erwünscht, werden aber im Sommer zum Problem. Damit wird der Sonnenschutz zur zentralen Planungsaufgabe. Die Vielfalt der Lösungsmöglichkeiten erlaubt jedoch, ganz unterschiedliche Ansätze zu verfolgen: Schiebe-, Klapp- und Faltläden, Markisen und Jalousien u. a. Wir legen großen Wert auf ein stimmiges Sonnenschutzkonzept. Der Einbau von aktiven energieintensiven haustechnischen Systemen sollte immer nur dann verfolgt werden, wenn es anders nicht möglich ist. Unser Ansporn ist dabei, mit dem Sonnenschutz auch zu gestalten und so einen Mehrfachnutzen zu erreichen, z. B. der Balkon, der sowohl Nutzfläche und Rettungsweg ist und eben auch eine Sonnenschutzfunktion hat.

GLASWELT – Wie kann die Energiebilanz durch die passende Gebäudesteuerung optimiert werden?

Vallentin – Die Gebäudesteuerung ist unverzichtbarer Teil eines Hauses geworden. Die Einsparungen (oder Verluste bei schlechter Ausführung) sind erheblich. Nur die Vernetzung und Optimierung aller eingesetzten Systeme führt zu einer energetisch optimalen Lösung.

https://www.vallentin-architektur.de/

Der Autor

Der gelernte Fensterbauer, Glasermeister und Architekt Uwe Pfandler ist heute als qualifizierter Passivhausplaner und Energieeffizienzexperte (dena-Liste) tätig. Er ist gegenüber der KFW Nachweisberechtigter, was sämtliche Nachweise für KFW-Häuser umfasst, und darf die Baubegleitung durchführen. Darüber hinaus plant und baut Uwe Pfandler individuelle Niedrigenergiegebäude, Passivhäuser und Energieplushäuser.

http://www.pfandler-architekten.de

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