_ „Wir wollten ein Haus bestehend aus Material, das wir vor der Haustür finden und das autonom von externer Energie- und Wasserversorgung ist“, so Bauherrin Sibylle Kamber. Und das haben die Eheleute geschafft. Gegen zahlreiche Widerstände und nach fünf arbeitsreichen Jahren steht nun ihr energieautarker Neubau im Schweizer Kanton Fribourg. Und für verrückt hält die beiden keiner mehr, im Gegenteil. Das Haus, sein Innenraumklima und das gesamte Ambiente finden überall positiven Anklang.
Der schlichte, mit Fichtenholz verkleidete Kubus mit 120 m2 Grundfläche liegt an einer leichten Hanglage.
Im Erdgeschoss befinden sich ein kleines Entree, ein Bad und zwei Zimmer sowie eine getrenntes Studio mit separatem Eingang, das vermietet ist. Der zentrale Bereich für die Familie liegt im Obergeschoss. Auf 60 m2 sind Kochen, Essen, Wohnen und eine Bibliothek vereint. Bodentiefe Fenster sorgen für den ungehinderten Blick in die Landschaft und für viel Tagelicht.
Der Gebäudeaufbau
Das Fundament besteht aus stark lehmhaltiger, gestampfter Erde, auf die eine 30 cm dicke Kiesschicht aufgebracht ist. Direkt auf dieser Schicht stehen die Kellerwände aus Natursteinen aus dem Jura. Im gesamten Haus kamen sonst nur Holz, Stroh und Lehm, und natürlich Glas zum Einsatz.
„Bei der Wahl des Fensterbauers haben wir uns für das traditionelle Schweizer Familienunternehmen Wenger aus dem Berner Oberland entschieden. Die haben nicht nur viel Erfahrung mit Passivhaus-Fenstern, sondern sind auch sozial sehr engagiert, das passt zur Gesamtphilosophie unseres Hauses. Sie haben für uns Niesen-Fenster aus Holz gefertigt“, so die Bauherrin.
Für das komfortable Raumklima und als Abschlussdämmung sorgen eine Schilfmatte und 4 cm Lehmputz. Die Innenwände sind als Holzständerwände mit einer Dämmung aus einer 16 cm starken Hanf-Jute-Mischung, Schilfmatte und Lehmputz gefertigt.
Die Masse zur Wärmespeicherung im Haus bringen zwei große Stampflehmwände von 15 bzw. 10 t, sodass insgesamt ca. 70 t auf der Kellergeschossdecke ruhen.
Das Energiekonzept
„Wir sind nicht an die örtliche Strom- oder Gasversorgung angeschlossen, wir haben auch keine Ölheizung im Keller. Wir erzeugen sämtliche Energie, die wir für Strom, Warmwasser und Heizung brauchen, selber“, sagt Sibylle Kamber. Die Energie der 10 m2 großen Solarthermieanlage wird im Keller in einem Wasserschichtenspeicher verarbeitet (ca. 1100 l), der für warmes Wasser sorgt und die Wandheizungen speist.
Der durch die 25 m2 große Photovoltaikanlage direkt erzeugte Strom wird in 21,2 kW Li-Ionen-Batterien gespeichert und von dort in die Stromleitungen verteilt. Steht mehr Solarstrom zur Verfügung als benötigt wird, werden die Speicher geladen.
Ist der Bedarf höher als die Produktion, wird das durch den Strom aus den Batterien gedeckt. Via Internet kontrollieren die Bauherren die gesamte Anlage.
Bei den Fenstern sorgt 2-fach-ISO auf der Südseite im Winter für einen hohen Wärmeeintrag, ansonsten kommen 3-fach-Gläser zum Einsatz.
Hölzerne Verschattungselemente verhindern im Sommer eine Überhitzung der Räume, lassen aber die tief stehende Wintersonne ins Haus.
„Ursprünglich wollten wir das Haus nach Minergie-Standard zertifizieren lassen, was aber eine kontrollierte Lüftung verlangt. Diese ist jedoch für das mit Lehmputzen gebaute Haus kontraproduktiv: Denn Lehm nimmt Feuchtigkeit auf und gibt sie wieder ab. Dieser Fluss würde mit einer kontrollierten Lüftung gestört “
„Theoretisch sind wir auch unabhängig von der Wasserzufuhr“, erläutert Cédric Berberat. „Wir haben einen 10.000 l Wassertank, der das Regenwasser vom begrünten Dach sammelt, über Aktivkohle reinigt und im Haus verteilt.“ Aus Sicherheitsgründen ist das Haus am öffentlichen Wassernetz, um längeren Trockenperioden vorzubeugen.
„Lange hat es gedauert, bis wir unsere Vorstellungen umsetzen konnten“, so Sibylle Kamber. Kompromisse haben sie keine gemacht, auch wenn hieß, ihre Ideen seien nicht umsetzbar. „Zum Glück haben wir in der ETH Lausanne tolle Verbündete gefunden, dort hat ein Student den Energiebedarf unseres geplanten Hauses simuliert und in einer Semesterarbeit niedergeschrieben. Jetzt sind wir gespannt, wie deckungsgleich Simulation und Realität sein werden“, so Cédric Berberat. —
Daten und Fakten
- Wohnfläche Hauptwohnung EG: 52 m<sup>2</sup>, OG: 95 m<sup>2</sup>
- Wohnfläche Einliegerwohnung: 41 m<sup>2</sup>
- Baujahr: 2015, Bauzeit: ca. 12 Monate
- Bauweise: Holz-Lehm-Leichtbau
- Fenster: Kieferfenster, 3-fach-ISO: U<sub>g</sub>= 0,6 W/(m<sup>2K</sup>) zur Nordseite; 2-fach-ISO: U<sub>g</sub>= 1,0 W/(m<sup>2K</sup>) (Süden)
- Dach: begrüntes Flachdach mit Abdichtung aus Kautschukfolie; Drainage aus Recyclingmaterial (Tonscherben, Ziegelbruch etc.) und Geröllsteinen
- Stromversorgung: 25 m<sup>2</sup> PV-Anlage, Speicher in 14 kW Li-Ionen-Akku, wird aufgestockt auf 25 kW
- Heizung: Solarthermie und Schichtenspeicher in Kombination mit Lehmofen