Es wird mit der Glasbranche wieder aufwärts gehen, so die Einschätzung des Schweizers Francois Dubuis, 2014 werde zwar nicht ganz einfach, jedoch für 2015 und 2016 sieht er die Entwicklung positiv. Der Ökonom (Head of Business Development) der Glas Trösch AG erwartet in der DACH-Region bis 2018 ein stabiles Verhältnis von BIP zu Inflation. Der gesamte Hochbaumarkt in dieser Region sowie in Polen werde sich stabil entwickeln. Positiv: Der Wohnungsbau hat in der DACH-Zone seit 2008 konstant zugelegt. Seine Prognose zu den großen Wachstumsmärkten: Diese liegen im Osten, insbesondere in Russland.
In Europa dominiert noch Einfachglas!
Weiter legte Francois Dubuis interessante Glasmarkt-Zahlen für den EU-Raum vor. Hier betrage der Anteil an Einfachglas 44 %, unbeschichtetes 2-fach-ISO liege bei 42 %. 2-fach-Isoliergläser (mit LowE-Beschichtung) machen 12 % aus und der Anteil an 3-fach-ISO liege bei nur 2 %.
Referent Jochen Grönegräs, der Geschäftsführer des Bundesverband Flachglas zeigte auf, dass die Umstellung auf 3-fach-Isolierglas für die Branche bundesweit noch nicht abgeschlossen ist. Heute bewege sich 3-fach-ISO auf einen Marktanteil von gut 70 % zu. Nach wie vor herrsche dabei ein starkes Süd-Nord-Gefälle. In Norddeutschland liege der Anteil in den Betrieben bei 40 bis 60 %, im Süden zwischen 55 bis 80 %.
Zu viele alte Anlagen im Markt
Dazu die Einschätzung von Clemens Macarei, dem Geschäftsführer von Lisec Deutschland: „Für die ISO-Hersteller in der Bundesrepublik schätze ich die Zukunft stabil ein, mit einem leichten Wachstumspotenzial, wobei der Anteil an 3-fach-Glas stetig zunehmen wird." Er gehe davon aus, dass aber nur etwa die Hälfte der deutschen ISO-Hersteller heute 3-fach-Isolierglas einigermaßen wirtschaftlich fertige. Richtig gut aufgestellt sehe er nur rund 20 %.
Kritisch für die Branche schätzt der Lisec-Mann zudem die Situation ein, dass zu viele alte Anlagen im Markt, d.h. in der Fertigung seien: „Auch wenn die Maschinen mechanisch noch voll funktionsfähig sind, gibt es in Sachen Steuerung heute einfach vielfach keine Ersatzteile mehr. Da sollte jeder Betrieb überlegen, ob er ein solches Risiko fahren will."
Sein Kollege Werner Holzknecht erläuterte Details zum Vorspannverfahren von Lisec, mit dem sich bis 1,8 mm dünne Gläser fertigen lassen. Diese Dünngläser zeichneten sich durch ihre Flexibilität und eine hohe Widerstandskraft aus. Mit der Anlage lasse sich beim Vorspannen gegenüber herkömmlichen Prozessen bis zu 40 % Energie einsparen.
Der Energieverbrauch beim Materialmix von 2, 3 und 4 mm liege bei 2,9 kWh/m2. Beim Vorspannprozess findet keine Berührung der Glasoberfläche mit dem Ofen statt, denn Luftkissen ersetzten beim Glastransport herkömmliche Rollen. Positiv sei weiter die verbesserte Anisotropie der vorgespannten Scheiben. Aus der Praxis berichtete Hans Franke von Energy Glas: „Wir haben bei unseren Gläsern noch keine Anisotropien festgestellt.
Die Heizzeit bei 2 mm-Glas liege bei 20 bis 30 Sekunden pro Millimeter Glasdicke (Lufttemperatur 680 Grad). Neben Wärme- und Sonnenschutzbeschichtungen können Gläser mit doppelseitigen und Spiegelbeschichtungen vorgespannt werden. Auch lackierte Gläser oder ein doppelseitiger Siebdruck lassen sich aufgrund des Luftkissens gleichzeitig einbrennen.
Überarbeitung der DIN EN 12150-1
Markus Broich, der technische Berater des BF berichtete, dass die ESG-Norm DIN EN 12150-1 an die aktuellen technischen Möglichkeiten, d.h. um das Schrägbett-Liftkissenverfahren von Lisec, angepasst werden soll. Weitere wesentliche Änderungen: Der Glasdickenbereich in der Norm wird erweitert. Die Norm behandelt dann vorgespannte Gläser ab 2 mm Dicke (früher 3 mm). Ziel der Anpassung sei es, die technischen Neuerungen und Verfahren so mit aufzunehmen, dass es sich bei den vorgespannten Dünngläsern letztendlich auch um geregelte Bauprodukte handelt.
So sieht ein Fensterbauer leichtes 3-fach-ISO
Der Teilnehmerkreis war bunt gefächert: vom Betriebsleiter über den Techniker bis hin zu den Firmenchefs. Und last but not least war mit Rainer Taig auch ein bekannter Fensterbauer vor Ort. Für ihn sei es wichtig, die Entwicklungen am Glasmarkt genau zu verfolgen, meinte er gegenüber der GLASWELT. Gerade die Gewichtseinsparung durch dünnes, leichtes 3-fach-ISO sei für ihn sehr interessant. Deshalb wollte er sich bei den Tech-Tagen detaillierter informieren.
Diese Entwicklung will er künftig weiter sehr aufmerksam beobachten. Er sehe zwar die Mehrkosten kritisch, Hans Franke sprach von einem Netto-Mehrpreis von ca. 25 Euro pro m2 für dünnes ISO, gemessen an einem Basisglaspreis für 4 mm 3-fach-ISO. Allerdings sei das für Rainer Taig ein Rechenexempel, das sich durchaus rechnen kann, wenn sich diese Kosten durch weitere Vorteile eines solchen Glasprodukts relativieren.
Gelungene Veranstaltung
Für die ersten Lisec Technologietage hat das Team um Clemens Macarei ein spannendes Programm zusammengestellt, das für Verarbeiter weit mehr als nur die technischen Möglichkeiten von Dünngläsern und Details aus der Fertigung erläuterte. Gerade der Werkstattrundgang bei Energy Glas, wo seit gut einem halbem Jahr ISO aus Dünnglas mit einem Lisec-Ofen gefertigt wird, gab den Besuchern einen tiefen Einblick in die Möglichkeiten bei der Herstellung. Mit der Auftaktveranstaltung und der Zahl von 60 Teilnehmern waren die Organisatoren zufrieden. Man habe bereits eine Folgeveranstaltung in zwei Jahren im Blick.
Matthias Rehberger, GLASWELT Chefredakteur