_ „Die Systemhersteller hatten große Probleme mit dem Kunststoff“, sagt Wilfried Ensinger über die Entwicklungsgeschichte von insulbar. Es hätte vor 40 Jahren bereits erste Ansätze zur besseren thermischen Trennung gegeben: Manche ließen den Rahmen mit Polyurethan ausschäumen, einige verwendeten lange Hartgewebestreifen mit Epoxidharz, andere nutzten Kurzstücke aus Polyamid oder Polyester. Aber spätestens wenn das Bauteil zum Eloxieren oder Einbrennlackieren ging, hätten sich die Elemente verformt und saßen nicht mehr perfekt. Der Stand der Technik war also damals zu fehleranfällig, zu komplex, zu zeitaufwendig und zu teuer.
Ensinger beschreibt die damalige Situation wie folgt: „Als das Systemhaus Wicona auf uns zukam, waren für uns Ingenieure die Anforderungen klar: Wir brauchten niedrige Wärmeleitfähigkeit und hohe Stabilität, Schubfestigkeit und Temperaturbeständigkeit.“ Ensinger setzte auf das glasfaserverstärkte Polyamid 66, dessen Wärmeausdehnungskoeffizient dem von Aluminium ideal entspricht. „So konnten wir Spannungen bei Temperaturwechseln minimieren und der Alu-Kunststoff-Verbund ließ sich auch unter Hitzebehandlung bis 200 °C beschichten.“
Beiträge in Fachzeitschriften gaben Sicherheit
Seine Ergebnisse der mechanischen und thermischen Prüfungen bildeten anschließend sogar die Basis für die Normung. In Kooperation mit der BASF wurde zugleich die Verträglichkeit des Kunststoffs mit fast 70 verschiedenen Agenzien und Prozessen überprüft. „Diese Aussagen wurden dann in Fachzeitschriften veröffentlicht. Das gab uns und den Kunden die nötige Sicherheit und ermöglichte unseren Einstieg in den Markt“, erinnert sich der Kunststoff-Pionier.
Der Entwicklungspartner Wicona, heute Premium-Marke der international tätigen Sapa Gruppe, wurde auch der erste Kunde und gemeinsam ging man 1977 in Serie. Das Geschäft sei schnell angewachsen, freut sich Ensinger, und ein weiteres Werk – zusätzlich zum Standort in Nufringen – wurde in Cham eröffnet. Dort werden seither die Wärmedämmprofile unter der Marke insulbar in Serie gefertigt.
Ensinger gerät nach wie vor ins Schwärmen, wenn es um die Produtkbeschaffenheit von insulbar geht: „In dieser Präzision und mit dieser Oberflächenbeschaffenheit konnte keiner produzieren. Die Toleranzen nach DIN lagen bei +/– 0,2 mm. Das reicht für diese Anwendung aber nicht! Wir lieferten +/– 0,02 mm. Durch ein spezielles Verfahren gibt es bei unseren Dämmstegen zudem eine multidirektionale Orientierung der Glasfasern, was den Schubkräften optimal entgegenwirkt. Das konnte keiner nachmachen.“
Kritisch sieht er einen verordneten Dämmzwang: „Was ich nicht guthieße, ist, wenn man durch energetische Verordnungen gezwungen wäre, noch die fünfte Stelle nach dem Komma zu verbessern. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis muss stimmen.“ Aber kostenseitig interessant scheint nach wie vor zu sein, noch mehr Metall durch Kunststoff zu ersetzen. Damit ließe sich auch der Nutzen erhöhen, indem zusätzliche Funktionen wie Blendschutz, Sicherheitssensoren, Beleuchtung oder die Elektrik zur Bedienung des Fensters integriert werden.
Was den Blick in die Zukunft angeht, verweist Ensinger auf die Tüftler im Haus – „dazu bin ich zu lange raus. Bei uns gibt‘s Leute, die sind Tüftler von A bis Z, da geht’s immer einen Schritt weiter! Dafür muss man halt auch mal spinnen und träumen können – auch in der Technik.“—
Glaswelt – Wicona war der erste Kunde für die insulbar-Dämmprofile. Wie breit sind Sie heute aufgestellt? Welche Systemhäuser setzen heute auf Ihre Kompetenz?
Jan Danger – Wir arbeiten heute weltweit mit allen namhaften Systemhäusern zusammen.
Glaswelt – Wie zufrieden sind Sie mit der Entwicklung bei insulbar, verraten Sie uns etwas über die Umsätze der vergangenen Jahre? Wie hoch ist die Exportquote?
Danger – Mit dem Umsatzwachstum sind wir sehr zufrieden. Insulbar legt schneller zu als der Gesamtmarkt. Das liegt vor allem auch an der Exportquote, denn Umwelt- und Klimaschutz und damit die Energieeffizienz von Gebäuden gewinnt in vielen Ländern weiter an Bedeutung. Immer mehr Regierungen forcieren stärkere Ressourceneinsparungen. Die optimale Wärmedämmung von Fenstern, Türen und Fassaden spielt dabei eine entscheidende Rolle.
Glaswelt – Sie unterscheiden in Standard- und Individualprofile. Erklären Sie uns bitte, was dahintersteckt.
Danger – Unsere insulbar Standardprofile sind in allen gebräuchlichen Typen, Ausführungen und Abmessungen in engen Abstufungen lieferbar. Diese Isolierstege sind für alle Kunden erhältlich und ermöglichen die schnelle, kostengünstige Konstruktion von hoch gedämmten Fenster-, Tür- und Fassadenelementen aus Metall. Und wenn unser breites Standardprogramm keine geeignete Lösung bietet, dann entwickeln wir maßgeschneiderte Isolierstege. Das sind Individualprofile mit anwendungsspezifischen Eigenschaften, komplexen Material- und Funktionsanforderungen – realisiert nach den Wünschen und individuellen Vorgaben der Systemhäuser. Diese Sonderprofile stehen dann exklusiv dem Auftraggeber zur Verfügung.
Glaswelt – Es ist Ihnen gelungen, die Wärmeleitfähigkeit des Isolierprofils um weitere 40 Prozent zu senken. Ist mit dem lambda-optimierten insulbar LO dann das Ende des Machbaren in Sachen Dämmeigenschaften erreicht?
Danger – Hier haben wir schon einen sehr guten Wert erreicht, aber die Entwicklung wird sicherlich weitergehen. Auch was die Entwicklung anderer wichtiger Eigenschaften von Isolierprofilen angeht, bleiben wir am Ball. Zum Beispiel haben wir den Isoliersteg aus 100 Prozent recyceltem Polyamid entwickelt, der vom Markt immer mehr nachgefragt wird.
Glaswelt – Der Firmengründer Wilfried Ensinger sagte im Gespräch, dass bei Ensinger Tüftler von A bis Z arbeiten und es gehe immer einen Schritt weiter. Welches sind die nächsten Schritte beim Dämmprofil?
Danger – Wie gesagt, wir treiben die Entwicklung in unterschiedliche Richtungen kontinuierlich voran. Mehr wird aber nicht verraten. Lassen Sie sich überraschen.
Glaswelt – Bei insulbar geht es vor allem um die thermische Trennung von Fenstern, Türen und Fassaden aus Aluminium. Macht es nicht auch Sinn, das Isolierprofil mit anderen Eigenschaften aufzuwerten und somit mehr Funktionen in den Profilkern zu legen?
Danger – Ja, der Wunsch ist bei unseren Kunden tatsächlich vorhanden. Wir unterstützen die Systemhäuser in ihren Ideen und arbeiten gemeinsam als Entwicklungspartner an entsprechenden Projekten.
Glaswelt – Wilfried Ensinger ist es wichtig, dass die Techniker auch mal spinnen und träumen können. Wovon träumen Sie?
Danger – Von einem Isolierprofil mit einer tollen Wärmeleitfähigkeit, höchster Festigkeit, kleinster Bautiefe, einfachst lackierbar. Und das aus recyceltem Rohstoff hergestellt ist, welches am Ende des Lebenszyklus eines Fensters demontiert und wiederverwendet werden kann. Ressourcenschonung und der ökologische Fußabdruck unserer Produkte sind uns ein besonderes Anliegen. Wir haben nur einen blauen Planeten!
Glaswelt – Herr Danger, vielen Dank für Ihre Auskünfte.
Die Fragen stellte Chefredakteur Daniel Mund.
40 Jahre Insulbar
Am 17. Oktober 1973 stieg der Preis von Erdöl von drei auf fünf US-Dollar pro Barrel. Ein Anstieg von 70 %! Im Verlauf des darauffolgenden Jahres verteuerte sich Öl weiter bis auf über zwölf Dollar. Dieser Preisschock führte den Menschen vor Augen: Energie aus fossilen Brennstoffen ist endlich – ganz zu schweigen von den vielen Nebenwirkungen wie der Umweltverschmutzung. Deshalb ging es auch beim Bauen immer mehr darum, den Energieverlust zu minimieren.
Ensinger setzte also damals auf das glasfaserverstärkte Polyamid 66, um Metallsysteme im Kern thermisch zu trennen. Dann nahmen die Anforderungen an Isolierstege zu: Profilgeometrien wurden komplexer, neue Materialien, Anwendungsgebiete und Wettbewerber betraten den Markt. Heute ist die thermische Trennung von Metallfenstern, -türen und -fassaden in den meisten Ländern mit Hilfe von Kunststoff-Isolierstegen Standard.