_ Auf der glasstec gab es auf der Maschinenseite Neues zu sehen: Hinzugekommen ist ein zweiter Maschinenanbieter für direkt auf die Scheibe appliziertes thermoplastisches Material (TPS). Auf der Materialseite komm ein weiterer Produzent eines flexiblen Abstandhaltersystems zur Applikation von der Rolle hinzu. Zudem haben die Hersteller von Profilstangen ihre bestehenden Lösungen optimiert. Weiter fanden sich auch neue Produktanbieter für Stangenware unter den Ausstellern. Ein völlig neuer Lösungsansatz für Warme Kante war auf der Messe jedoch nicht zu entdecken.
Zu den auf der glasstec ausgestellten Varianten „Stange“, „Rolle“ und „Fass“ gesellte sich als weiterer Ansatz die seit vielen Jahren im nordamerikanischen ‚residential market‘ weit verbreitete Intercept-Methode. Dabei wird der Isolierglasproduzent selbst zum Hersteller des Warme-Kante-Systems, indem er sich den Abstandhalter just-in-time selbst rollformt.
Für alle anderen Warme-Kante-Systeme bezieht der Isolierglas-Hersteller das Abstandhalter-Material und ggf. das erforderliche Zubehör fertig vom jeweiligen Systemanbieter.
Stangenware wird je nach Ausführung gebogen, geschweißt oder auch gesteckt. Dafür können Anpassungen bestehender Biegeanlagen notwendig werden.
Für das direkte Auftragen von Material von der Rolle oder aus dem Fass muss die Isolierglas-Linie mit einem entsprechenden Applikator ausgerüstet sein.
Psi-Werte werden besser
Die immer höheren Anforderungen an die Wärmedämmung von Gebäudehüllen treibt die U-Wert-Olympiade auch bei Fenstern und Fassaden voran. Dabei geht es im mitteleuropäischen Markt schon längst nicht mehr nur darum, den Aluminium-Abstandhalter durch Warme Kante zu ersetzen. Die Erkenntnis, dass sich durch wärmetechnisch verbesserte Randverbundsysteme der Uw-Wert gegenüber Alu-Abstandhaltern um 1 bis 2 Zehntel verbessern lässt, scheint inzwischen überall angekommen zu sein. Hochleistungs-Fenstersysteme werden nur noch mit Dreifach-Isolierglas und Warme-Kante-Randverbund angeboten.
Heute wird immer stärker innerhalb der Warme-Kante-Systeme differenziert.
Die Bandbreite der Psi-Werte, die auf den aktuellen BF-Datenblättern ‚Psi-Werte Fenster‘ angegeben werden, erstreckt sich z. B. bei Holz- und PVC-Fenstern nicht mehr nur über wenige Tausendstel, sondern umfasst ca. zwei Hundertstel, also 0,02 W/mK.
Für den Uw-Wert bedeutet das immerhin ein Verbesserungspotenzial von ca. 0,05 W/m²K zwischen dem schlechtesten und dem leistungsfähigsten Warme-Kante-System. Angetrieben durch die Passivhaus-Zertifizierung von Fenstern werden die besonders niedrigen Psi-Werte zur Uw-Wert-Verbesserung inzwischen vermehrt genutzt. Das fördert allgemein den Trend hin zu besseren Psi-Werten, auch wenn die Sinnhaftigkeit dessen nach wie vor kontrovers diskutiert wird.
Trend zu Systemen mit Verbundfolien als Diffusionssperre
Auf der glasstec war die Tendenz zu immer besseren Psi-Werten an der wachsenden Zahl von Systemen mit Verbundfolien als Diffusionssperre zu beobachten. Im Gegensatz zu einer rein metallischen Diffusionssperre aus Edelstahl können mit solchen Verbundfolien geringere Wärmeleitfähigkeiten erreicht werden.
Bei den Hybridprofilen aus Kunststoff mit Edelstahl ist die Wärmeleitfähigkeit des Metalls der limitierende Faktor, der eine weitere Psi-Wert-Absenkung nicht zulässt.
Aus anderen Anwendungsgebieten wie beispielsweise der Verpackungsindustrie sind solche Folien schon länger bekannt. Ihre Barrierewirkung wird durch mehrschichtige Aufbauten und Zwischenlagen aus Metall oder anderen Werkstoffen erreicht.
Für die Anwendung im Isolierglas-Randverbund wurden solche Verbundfolien zunächst bei flexiblen Abstandhaltern eingesetzt. Inzwischen werden auch von mehreren Herstellern Profilstangen mit solchen Barrierefolien angeboten.
Auf Stangen lassen sich diese allerdings nur einsetzen, wenn ein hoher Glasfaseranteil im Kunststoff für ausreichende Stabilität des Profils sorgt und die thermische Längendehnung von Kunststoff reduziert.
Die für den Profilkorpus verwendeten Kunststoffe sind nicht in der Lage, alleine für eine ausreichende Abdichtung gegenüber eindringendem Wasserdampf und Gasverlust zu sorgen.
Wie die thermoplastischen Materialien zeigen, geht es nur dann ganz ohne Diffusionssperre, wenn das verwendete Material selbst extrem dicht ist und in angemessener Schichtdicke verwendet wird.
Dass die TPS-Materialien über die notwendige Dichtigkeit verfügen, wird mit Messungen nach DIN EN 1279-4 belegt. Teil 4 der Produktnorm für Isolierglas beschreibt neben anderen Dichtstoff-Prüfungen unter 5.2 ein Verfahren zur direkten Messung der Wasserdampfdurchlässigkeit bzw. unter 5.3 eine Prüfung der Gasdurchlässigkeit.
Die auf Abstandhaltersystemen verwendeten Verbundfolien sind im Gegensatz zu TPS-Material jedoch nur Bruchteile von Millimetern dick. Welche Dichtheitswerte sie erreichen, ist bislang nicht transparent.
Bild 3 zeigt, dass es bei den verwendeten Folientypen deutlich sichtbare Unterschiede gibt. Es wäre wünschenswert, dass die Hersteller hier mit Messergebnissen ähnlich wie bei den TPS-Materialien für mehr Transparenz sorgen.
Wie im Beitrag „So optimieren Sie die ISO-Qualität“ in GLASWELT 6/2014 bereits diskutiert, würden sich – sofern vorhanden – Undichtigkeiten der Verbundfolien ja zu allen anderen Fehlstellen bei einer Isolierglasscheibe hinzuaddieren.
Läuft dann eine Systemprüfung nach DIN EN 1279 Teil 2 und Teil 3 schief, wird es deutlich schwieriger, die wahren Gründe dafür zu ermitteln.
Ausblick
Erstmals verfügen alle drei Lösungsansätze für die Warme Kante – Stange, Rolle und Fass – über annähernd gleiche Ausgangsvoraussetzungen: Es gibt mehrere Anbieter für Maschinenlösungen sowie für die Materialien.
Ob sich bei der Stangenware Systeme mit Barrierefolien weiter verbreiten, wird nicht zuletzt davon abhängen, wie sie sich in der Praxis bewähren werden.—
Die Autorin
Ingrid Meyer-Quel, Beratungsbüro für Warme Kante und Glas, Böblingen, berät unabhängig und produktneutral zu allen Themen rund um Isolierglas.