Glaswelt – Herr Dr. Schlieper, wie ist 2017 für Ihr Isolierglas-Unternehmen gelaufen?
Lars Schlieper – Im letzten Jahr hatten wir sehr gute Umsätze. Durch die gute Konjunktur und die niedrigen Zinsen ist die Nachfrage auf dem Bau ungebrochen gut. Wir hatten im letzten Jahr zudem die Chance, uns zu vergrößern und dabei unsere technische Performance zu verbessern. Im März haben wir die insolvente Teuto-Glasveredelung GmbH in Augustdorf übernommen. Der sehr moderne Zuschnitt in Augustdorf und die sehr modernen Isolierglaslinien aus unserem Betrieb in Rietberg ergänzen sich perfekt. Weiter haben wir 2017 in Bamberg eine ESG-Anlage installiert. Das war die bisher größte Einzelinvestition im Saint-Gobain Isolierglas-Center. Nun können wir Produkte im Sicherheitsbereich schnell vor Ort produzieren und schnell liefern. Einerseits verarbeiten wir das vorgespannte Glas selbst zu Isolierglas, anderseits bieten wir es als Monoglas an.
Glaswelt – Ist die Branche zufrieden?
Schlieper – Nun, mit den seit etwa drei Jahren zunehmenden Importen aus Polen hat sich der Isolierglasmarkt in Deutschland verändert. Der Markt verdichtet sich: Immer wieder müssen kleinere und mittlere Isolierglas-Hersteller aufhören oder werden von größeren aufgekauft. Bei uns bringt die Verbindung mit dem Saint-Gobain-Konzern große Vorteile. Im Moment muss sich jeder in der Branche fragen: Wie stellen wir uns in Zukunft auf?
Glaswelt – Was macht der Branche noch Schwierigkeiten?
Schlieper – Das Thema Personalmangel zieht sich ja durch alle Branchen und ist auch für Isolierglashersteller und unsere Kunden ein Problem. Personalmangel ist immer mit Lohn- und damit mit Preissteigerungen gekoppelt. Viele in der Branche klagen: „Ich finde keine Leute“. Auch deshalb setzen wir sehr auf Automatisierung. Außerdem ist jeder, der gute Fachkräfte haben möchte, gut beraten, diese selbst auszubilden. Und das tun wir an allen unseren drei Standorten. Darüber hinaus glaube ich, dass wir einen gewissen Anteil an Arbeitskräften aus dem Ausland brauchen: Diese können helfen, die geburtenschwachen Jahrgänge zu kompensieren. Jedenfalls so lange die Wirtschaftssituation so gut ist, wie im Moment.
Glaswelt – Womit rechnen Sie 2018? Wo liegen die positiven Trends aktuell?
Schlieper – Unsere Kunden, Lieferanten und auch wir sind sehr optimistisch, dass wir aufgrund einer anhaltend guten Konjunktur 2018 ein weiteres gutes Jahr haben werden. Ein Trend auf dem deutschen Markt ist: Es wird immer mehr Sicherheitsglas eingesetzt. Das betrifft vor allem ESG, aber auch VSG. Die Nachfrage ist deutlich stärker als das Angebot. Deshalb haben wir uns ja mit der eigenen ESG-Anlage neu aufgestellt. Das persönliche Sicherheitsbedürfnis der Verbraucher steigt, das nehmen wir wahr: Da geht es um Schutz vor Einbruch und Vandalismus, aber auch vor Absturz oder Verletzung. Dazu kommt, dass durch die Anpassung der DIN 18008 neue Anforderungen an Fenster und Fassaden gestellt werden. In Deutschland liegt der Anteil von ESG noch unter 5 Prozent; in anderen Ländern in Europa ist er viel höher, zum Beispiel bei etwa 20 Prozent in Österreich. Ich denke auch bei uns wird sich das langfristig im zweistelligen Prozentbereich bewegen.
Glaswelt – Wo geht es noch nach vorne?
Schlieper – Ganz klar, dünnere Scheiben sind auf dem Vormarsch. Das bringt viele Vorteile: Weil sie leichter sind, sind sie auf der Baustelle einfacher zu montieren. Und nach dem Einbau werden die Fensterbeschläge weniger beansprucht und müssen seltener nachgestellt werden. Bei einem Saint-Gobain Climatop XN Light, das mit 3 × 3 mm Gläsern aufgebaut ist (statt 3 × 4 mm), verringert sich das Gewicht einer 3-fach-Verglasung von 30 auf 22,5 kg/m². Die 3 mm Gläser können wir auch zu ESG vorspannen. Ganz neu ist unser Produkt Climatop Easy: Da ist die mittlere Scheibe nur 2 mm stark. Die Aufbauten sind 3 × 2 × 3 mm bzw. 4 × 2 × 3 mm. Der asymmetrische Aufbau bietet zusätzlichen Schallschutz. Wird die 4 mm-Scheibe noch als VSG ausgeführt, bietet dies zusätzliche Sicherheit.
Und ein weiterer Trend sorgt für hellere Räume: Isolierglas mit höherer Lichttransmission durch die neue Saint-Gobain Beschichtung Eclaz. Damit lassen sich Wärmeschutzgläser fertigen mit bis zu 11 Prozent besserer Lichttransmission und das in Kombination mit einem hohen solaren Energiegewinn von bis zu 15 Prozent.
Glaswelt – Welche Rolle spielt Isolierglas und Sicherheitsglas in Zukunft?
Schlieper – Sicherer, leichter, heller und mit einer guten Wärmedämmung: Das ist das Gesamtkonzept für das Isolierglas der Zukunft. Außerdem wird uns das Thema Smarthome beschäftigen. Schon jetzt gibt es viele Ideen – etwa um Glasbruch oder Einbaustellungen via App zu erkennen oder von unterwegs aus auf dem Smartphone zu sehen, ob ein Fenster geöffnet ist. Wie nachhaltig Smarthome unsere Branche verändern wird ist noch offen: Aber das wird sicher ein spannendes Thema.
Glaswelt – Wie wird sich der Markt mittelfristig entwickeln?
Schlieper – Der Trend ist: Es gibt künftig weniger kleine und mehr größere Unternehmen – sowohl bei den Isolierglas- als auch bei den Fensterherstellern. Wobei in Nischen sicherlich auch kleinere Anbieter ihren Platz finden. In Zukunft werden wir verstärkt automatisieren. Polnische Firmen werden weiter auf hohem Niveau auf dem deutschen Markt verkaufen, aber ein so dramatischer Anstieg wie in den letzten Jahren kommt meiner Meinung nach nicht mehr. Wir können nur versuchen gegenzuhalten mit Innovation, hoher Produktivität und Service. Ich gehe davon aus, dass sich der Markt mittelfristig in einem neuen Gleichgewicht einpendelt. Denn wir haben einen starken deutschen Mittelstand, der unglaublich innovativ ist und nah bei den Kunden vor Ort arbeitet. Mit dem Standortvorteil, kompetenter Beratung und gutem Service hat der deutsche Mittelstand sehr gute Chancen.—
Die Fragen stellte Matthias Rehbergers
Fakten zum Unternehmen
Die Saint-Gobain Glassolutions Isolierglas-Center GmbH hat drei Standorte in Bamberg, Uhsmannsdorf und Augustdorf sowie ein Verkaufsbüro in Cottbus. Die Isolierglas-Center GmbH ist Teil der Unternehmensgruppe Saint-Gobain Glassolutions.