“Nicht nur der Psi-Wert ist relevant”

_ Welche Eigenschaften machen bei einem Abstandhalter das Rennen, wenn nicht der Psi-Wert? Für den Abstandhalterproduzenten Lingemann ist die Antwort klar. Der Psi-Wert ist selbstverständlich relevant und ein wichtiges Verkaufsargument.

Für den Isolierglasproduzenten müsse bei der Entscheidung, welches Produkt er verarbeitet, aber ganz klar die leichte Verarbeitung das Hauptkriterium sein.

Nur so lasse sich für den Verarbeiter sicherstellen, dass er effektiv arbeiten könne und dass die Taktzeiten in der Produktion eingehalten würden. Und deshalb falle dem optimalen Zusammenspiel aus Abstandhalterprodukt, eingesetzter Maschinentechnik und den beteiligten Mitarbeitern die zentrale Rolle zu, um Isoliergläser wettbewerbsfähig produzieren zu können.

Dazu Vertriebsleiter Michael Nickholz: „Wir fertigen Stangenware. Hier geht es bei der Entwicklung beziehungsweise Weiterentwicklung von Abstandhaltern aber nicht ohne den Dialog mit den Maschinenherstellern – Stichwort Bieger. Wir arbeiten heute mit verschiedenen Maschinenanbietern zusammen, einen Vorsprung haben natürlich die Unternehmen, Lisec allen voran, die gemeinsam mit uns entwickeln.”

Doch wie kommt es, dass der Spacer-Hersteller so enge Kontakte mit dem Maschinenbauer pflegt? „Vor mehr als 25 Jahren kam Peter Lisec auf der Suche nach gasdicht geschweißten Rahmen auf uns zu”, so Nickholz. Das war der Auftakt einer engen und vertrauensvollen Zusammenarbeit. „Von da an haben wir die Entwicklung gemeinsam vorangetrieben und aus dieser Zeit stammt auch der erste Rahmenbieger von Lisec.” Weiter entstand in dieser Zusammenarbeit 1994 eine frühe Warme Kante aus Edelstahl.

Was zählt wirklich für den ISO-Hersteller?

Die jüngste Entwicklung des Wuppertaler Herstellers ist der Nirotec-EVO-Abstandhalter. Dieses System basiert auf der Materialkombination von einem Biokunststoff und einer rostfreien Stahlfolie.

Dazu Wolfgang Bauer, Leiter Qualitätsmanagement bei Lingemann: „Eine solche Verbindung ist bis dato einzigartig. Das System gewährleistet eine hohe Festigkeit sowie eine niedrige Wärmeleitfähigkeit.” Und die Entwickler haben noch einen Schritt weiter gedacht: Das neue Produkt – oder genauer, der verwendete Polymer – ist zu 100 % rezyklierbar. Bei der Entwicklung des EVO waren Lisec, Glas Fandel und Energy Glas mit eingebunden, um von Anfang an den Anforderungen von ISO-Herstellern optimal zu entsprechen.

Generell galt bisher, so Wolfgang Bauer, dass das Handling von starren Warme-Kante-Produkten aufwendiger sei, als das Verarbeiten von Aluminium.

„Die relativ einfache und bewährte Verarbeitung von Alu-Systemen ist mit ein Grund dafür, warum solche Systeme heute noch relativ weit verbreitet sind. Und natürlich der Preis. Viele ISO-Hersteller scheuen die hohen Investitionskosten für einen Applikator für flexible Spacer. Dazu kommt, dass die Materialkosten höher sind als bei Aluminium-Spacern.”

Und Nickholz ergänzt: „Der Preis steht bei jedem im Fokus, ist aber nicht alles: Taktzeiten, Maßhaltigkeit etc., all das gilt es zu berücksichtigen und muss neben einem guten Psi-Wert gegeben sein. Mit dem EVO haben wir einen Abstandhalter entwickelt, der sich analog zu Aluminium verarbeiten lässt, der sehr stabil ist und zudem automatisiert gesetzt werden kann.”

Und Clemens Macarei unterstreicht: „Gemeinsam ist es uns gelungen einen Rahmen zu entwickeln, der bei größter Stabilität die Taktzeiten eines Alurahmens spielend erreicht und damit erhöht sich die Produktivität in der Isolierglasfertigung sprunghaft”.

Mit seinen Produkten verfolge Lingemann das Ziel, den Nutzen für die Kunden stetig zu verbessern. Dabei werden die Abstandhalter-Systeme auf Wunsch auch individuell, z. B. farblich angepasst. Um eine hohe Produktqualität zu gewährleisten, sei man auch im engen Dialog mit den großen Dichtstoff-Herstellern und tausche sich auch über die Qualitässicherung und deren konstante Verbesserung aus.

Qualität als höchstes Kriterium

Neben der guten Verarbeitbarkeit ist für Lingemann eine hohe Produktqualität essenziell. Um diese zu gewährleisten, setzt der Hersteller auf eine große Fertigungstiefe. Diese beginnt bei der eigenen Werkzeugfertigung, reicht über ein eigenes Prüflabor und wird durch die Betreuung der ISO-Hersteller durch die Anwendungstechniker abgerundet.

Darüber hinaus ist der Hersteller im Bundesverband Flachglas aktiv, wo Wolfgang Bauer als Sprecher im BF Arbeitskreis Warme Kante fungiert. Durch all diese Maßnahmen sei man heute in der Lage, für den Isolierglashersteller durchgängig hochwertige Abstandhalter zu fertigen, die allen Markt-Anforderungen gerecht werden. Davon zeigen sich Wolfgang Bauer und Michael Nickholz überzeugt.

Auf Frage der GLASWELT, wann es bei uns nur noch die Warme Kante geben wird, sagt Nickholz: „In Deutschland und Mitteleuropa gehen wir von plus/minus fünf Jahren aus, bis der Alu-Abstandhalter verschwunden ist.”—

Das jüngste Abstandhaltersystem von Lingemann ist der Nirotec EVO für 2-fach- und 3-fach-ISO. Das System vereine hohe Anforderungen an Festigkeit und Strukturverstärkung (z. B. Zug-E-Modul) und niedrige Wärmeleitfähigkeit. Ausgangsmaterial für den EVO ist eine Edelstahlfolie im Verbund mit einem biologisch abbaubaren Biopolymer. Hintergrund: Bei den eingesetzten Materialien sollten möglichst wenige erdölbasierte, fossile Rohstoffe verwendet werden, dafür ein Maximum an zu 100 % biologisch abbaubarem Material. Ein weiteres Ziel ist die 100 %-ige Rezyklierbarkeit des verwendeten Polymers. Der EVO wurde mit dem Bioplastics Award 2013 ausgezeichnet.