_ Bei der thermischen Optimierung von Fensterkonstruktionen spielen neben der Verglasung und den Profilen, wie die aktuelle Studie zeigt – auch die unscheinbaren Glasabstandhalter eine wichtige Rolle. Diese haben einen erheblichen Einfluss auf die Energieeffizienz und Energiebilanz der Gesamtkonstruktion des Fensters sowie auf den Komfort im Gebäude.
Bei der Entwicklung von Fenstern und Türen ist die optimale Abstimmung der einzelnen Bauteile heute wichtiger denn je. Die wärmetechnischen Eigenschaften der Konstruktion entscheiden zum Beispiel maßgeblich, wenn es um die Zertifizierung als Passivhaus-Komponente geht. Neben Rahmen und Profil sowie Glas bzw. Füllung ist der Glasabstandhalter die dritte wesentliche Komponente im Bauelement Fenster.
Um den Einfluss von Glasabstandhaltern bei der thermischen Bewertung von Normfenstern zu ermitteln, führte das Ingenieurbüro kmt Sustainable Engineering, Lünen, eine Studie durch. Verglichen wurden die am Markt gängigsten Abstandhalter aus Kunststoff, Edelstahl und Aluminium und Verbundsystemen. Eine der Fragestellungen war, wie eignen sich die Systeme für den Einsatz in Passivhausfenster-Konstruktionen.
Grundlagen und Versuchsaufbau
Ermittelt wurden die notwendigen Uf- und glas-Werte mit dem Wärmebrücken- und Reporting-Programm Flixo, die weiteren Berechnungen der Studie erfolgten mit Epsilonbook.
Als Grundlage des Vergleichs diente das in DIN EN ISO 10077-1 und -2 beschriebene einflüglige Fenster mit den Normmaßen 1230 x 1480 mm.
Die Prüfungs-Temperaturen für den Außenbereich wurden in der Studie abweichend zu den Vorgaben der DIN EN ISO 10077-1 und -2 mit –10 °C anstatt von 0 °C festgelegt.
Diese weitaus niedrigere Außentemperatur sowie der ebenfalls gewählte Wärmeübergangswiderstand (Rsi-Wert) von 0,25 (m²K/W) auf der Rauminnenseite wurden aus den Vorgaben des Passivhaus Instituts (Darmstadt) übernommen. Die Berechnung der Fensterprofile wurde mit drei verschiedenen Arten von Abstandhaltern durchgeführt, die alle zur Gruppe „Warme Kante“ zählen:
Edelstahlabstandhalter: Diese aus reinem Edelstahl gefertigte Art von Abstandhaltern ist im Fenstermarkt weit verbreitet, findet aber in hocheffizienten Baukomponenten immer weniger Verwendung, da die thermischen Anforderungen kaum mehr erfüllt werden. Bei Spezialanforderungen wie dem Brandschutz haben diese Konstruktionen jedoch weiterhin ihre Berechtigung.
Metall / Kunststoff (Verbundprodukt): Diese Abstandhalter sind aus einem Kunststoffprofil in Kombination mit Edelstahlrücken oder -folie gefertigt und werden heute in den meisten energieeffizienten Fenster- und Türkonstruktionen eingesetzt.
Verbundprodukt Swisspacer Ultimate: Dieser Abstandhalter ist ebenfalls ein Verbundprodukt. Da sich die thermischen Werte jedoch von denen anderer Verbundkonstruktionen unterscheiden, wird das Produkt gesondert angeführt.
Die Geometrie sowie die thermischen Eigenschaften der verwendeten Abstandhalter wurden nach den allgemein anerkannten Vorgaben der RAL Gütegemeinschaft („Two-Box Modell“) aufgebaut.
Bei den für die Untersuchung verwendeten Fensterprofilen handelte es sich um das System Alu2Holz der Optiwin GmbH, Ebbs / Österreich.
Für die Berechnung wurden das untere sowie das seitliche / obere Flügelprofil verwendet. Über das normierte Standardfenster hinaus wurde ebenfalls die untere und seitlich / obere Fixteilkonstruktion thermisch mit den verschiedenen Abstandhaltern untersucht.
Die Ergebnisse der Untersuchung
Der Vergleich der verschiedenen Konstruktionsarten zeigte relevante Unterschiede beim längenbezogenen Wärmedurchgangskoeffizienten -Glasrand. Auch der Unterschied der einzelnen Abstandhalter in puncto Oberflächentemperatur am Glasrand sowie beim temperaturbereinigten Faktor f Rsi fielen unverkennbar auf. Die Kunden und die Baubranche werden in Zukunft die im Moment noch erhöhten Anforderungen an die Oberflächentemperaturen und die Tauwasserfreiheit zum Standard definieren. Zur Zeit sind alle in der Studie untersuchten Abstandhalter im Markt platziert und haben ihre Berechtigung. Aber die Entwicklung in der Szene wird einige Produkte in Zukunft aussortieren.
Mit Swisspacer Ultimate konnte der Uw-Wert bei dem berechneten Standardfenster um 0,07 W/(m²K) im Vergleich zum Edelstahl-Abstandhalter gesenkt werden.
Diese Verbesserung um 8 % zeigt deutlich die wärmetechnische Wirkung eines effizienten Abstandhalters innerhalb einer Fensterkonstruktion. Auch die erhöhten Anforderungen des Passivhaus Instituts in Bezug auf den Wärmeübergangswiderstand (Rsi-Wert) sowie die zugrunde gelegten Außentemperaturen wurden ausschließlich bei dem Profil mit Ultimate Abstandhalter erfüllt.
Nicht zuletzt aus diesen Erkenntnissen heraus werden Abstandhalter bei Fenster- und Türkonstruktionen künftig in der Praxis sicher noch stärker beachtet. Zudem ist bei wärmetechnisch optimierten Fenstern der Glasabstandhalter eine entscheidende Einflussgröße für die Zertifizierung als Passivhaus-Komponente. Ein erstes Indiz: Das Passivhaus Institut führt derzeit eine Zertifizierung und Kategorisierung für Abstandhaltersysteme ein. Weitere Informationen zu den Vorgaben des Passivhaus Institutes sind auf https://passiv.de/ im Bereich Zertifizierung zu finden. Die Tauwasserfreiheit wird in verschiedenen Fensterkonstruktionen durch das Passivhaus Institut berechnet.
Die Studie zeigt auf, dass mit dem Bauteil Abstandhalter ein Schnittstellenproblem zwischen dem Fensterbauer und dem Glashersteller gelöst wird. Energieverbräuche und niedrige Oberflächentemperaturen werden minimiert und verbessert. Die komplette Studie kann in voller Länger abgerufen werden bei d.kuhn@kmt-ingenieure.de.—
Details zur Studie erläutert der Tester Dennis Kuhn
GLASWELT – Herr Kuhn, Sie haben in Ihrer Studie den Einfluss von Isolierglas-Abstandhaltern bei der thermischen Bewertung von Normfenstern ermittelt. Was gab den Anstoß dafür?
Dennis Kuhn – Ein Schwerpunkt unseres Büros ist die Produktentwicklung und die Zertifizierung von Fenster- und Türkonstruktionen. Daher beschäftigen wir uns laufend mit der Frage nach möglichen Potenzialen, um die Fenster- und Türfertigung zu optimieren oder Passivhausstandards zu erreichen. Wir wollten einfach wissen, welcher Abstandhalter die beste Performance bietet. Das ist für die Fensterhersteller von Bedeutung. Ein Bauteil wie der Abstandhalter lässt sich im Fertigungsprozess relativ leicht austauschen. Ganz anders sieht es aus, wenn etwa die Fertigung auf andere Konstruktionen oder teurere Gläser umgestellt werden muss. Deshalb haben wir dieses kleine, aber wichtige Bauteil genau unter die Lupe genommen.
GLASWELT – Was sind aus Ihrer Sicht derzeit die wichtigsten Entwicklungen bei Warme-Kante-Abstandhaltern?
Dennis Kuhn – Ein zentrales Thema für die ISO-Hersteller ist natürlich die kontinuierliche Verbesserung der thermischen Performance ihrer Isoliergläser, dem wiederum die Spacer-Produzenten Rechnung tragen müssen. Darüber hinaus geht es um Fragen der einfachen Verarbeitung und um neue Optiken, zum Beispiel um eine Farbauswahl. An diesen Punkten wird derzeit gearbeitet. Für den Markt sind außerdem gute Verfügbarkeit und attraktive Preise entscheidende Faktoren.
GLASWELT – Welche Systeme haben aus Ihrer Sicht derzeit die Nase vorne?
Dennis Kuhn – Wir sehen, dass bei Abstandhaltern derzeit die nächste Generation von Verbundprodukten an den Start geht. Der Vorreiter ist meines Erachtens der „Swisspacer Ultimate“. Dieser Abstandhalter hat als einziger bisher ein Zertifikat der Energieeffizienzklasse A vom Passivhaus Institut Darmstadt erhalten. Deshalb haben wir ihn in der Studie auch als Benchmark verwendet.
GLASWELT – Warum wurden keine geschäumten Silikon-Spacer bewertet?
Dennis Kuhn – Die Silikon-Spacer befanden sich während der Erstellung der Studie in einer Veränderung. Die thermischen Werte wurden neu bewertet, und so habe ich das für die Studie herausgenommen. Da ich die Produkte kenne, kann ich diese thermisch zwischen dem Swisspacer Ultimate und Verbundprodukten einsortieren. Aktuell gibt es einen neuen Silikon-Spacer am Markt, den ich aber bisher nicht thermisch untersuchen konnte.
Wärmetechnische Werte präzise berechnen
Mit Epsilonbook, einem von kmt entwickelten Verwaltungs- und Berechnungsprogramm, können Planer und Fensterbauer die wärmetechnischen Eigenschaften von Fenster- und Türelementen exakt bestimmen und visualisieren. Diese onlinebasierte Anwendung wird bereits vielfach von Herstellern in ganz Europa genutzt. Epsilonbook wird vom Prüfzentrum für Bauelemente (PfB, Rosenheim) validiert. Somit lassen sich geforderte wärmetechnische Werte von Produkten in Gebäuden, etwa im Zusammenhang mit der aktuellen Bauproduktenverordnung, ermitteln.
Der Testsieger
Als bestes Produkt der Untersuchung hat der Warme-Kante-Abstandhalter Swisspacer Ultimate abgeschnitten. Dieser besteht aus einer Kombination von einem Kunststoffprofil mit extrem geringer Wärmeleitfähigkeit und einer vollständig abdichtenden Hightech-Folie. Bereits 2013 wurde Swisspacer Ultimate nach den ift-Richtlinien WA-17/1 und WA-08/2 geprüft und dabei als bester Warme-Kante-Abstandhalter gewertet. Auch die erhöhten Anforderungen in Bezug auf den Wärmeübergangswiderstand (Rsi-Wert) des Passivhaus Instituts wurden mit Ultimate Abstandhaltern erfüllt. Als bisher einziger Abstandhalter ist er mit der Energieeffizienzklasse A vom Passivhaus Institut zertifiziert.
Der Autor der Studie
Dennis Kuhn ist Inhaber des Ingenieurbüros kmt Sustainable Engineering (Lünen) und beschäftigt sich seit 2003 mit der wärmetechnischen Optimierung und der Neuentwicklung von Konstruktionsdetails bzw. Bauprodukten. 2013 wurde er für die Entwicklung von Psibook – einer onlinebasierten Wärmebrücken-Produktdatenbank – mit dem Rosenheimer Gründerpreis ausgezeichnet.