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Im Gespräch mit Fabrice Didier

Wann zahlt der Verbraucher für ISO wieder vernünftige Preise?

Glaswelt – Herr Didier, Glasbeschichtungen haben in den letzten Jahren hinsichtlich des U-Wertes signifikante Entwicklungen durchlaufen. Wird dieser Prozess weiter anhalten?

Fabrice Didier – Lassen Sie mich dazu kurz die Entwicklungsschritte zusammenfassen: In den letzten 30 Jahren standen bei der Entwicklung neuer Glasbeschichtungen einzelne Werte im Fokus. Erst mit Beginn des neuen Jahrtausends rückte das Thema Energiebilanz in den Mittelpunkt. Bei 2-fach-Isoliergläsern mit komplexen Schichten konnten wir früher den U-Wert von ehemals 7,0 auf 1,0 W/km2 verbessern. Auch der g-Wert und die Lichttransmission wurden entscheidend optimiert und wir hatten mit 2-fach-ISO ein fantastisches Standardprodukt. Der nächste Entwicklungsschritt zu mehr Energieeinsparung kam mit dem 3-fach-Isolierglas. Und dabei geht es jetzt eben nicht mehr um eine U-Wert-Olympiade wie in der Vergangenheit.

Glaswelt – Und worum geht es dann heute?

Didier – Heute stellt sich durch 3-fach-ISO die Frage, muss man weiterhin den U-Wert senken oder gilt es, einen besseren Kompromiss zwischen dem U-Wert und dem g-Wert zu finden? Im Vergleich zu 2-fach-ISO haben 3-fach-Isoliergläser eine höhere Reflexion, eine schlechtere Lichttransmission und einen schlechteren g-Wert. Ich kann, vereinfacht ausgedrückt, hier nur mehr Energie sparen, wenn ich dunklere Räume und geringere solare Gewinne in Kauf nehme. Die Fragen sind also: Was bedeutet hier Komfort? Und wäre es für die Energiebilanz nicht besser, wenn mehr „freie“ Sonnen-Energie einstrahlen würde?

Glaswelt – Komfort für den Endkunden durch 3-fach-Isolierglas deckt sich aber so gar nicht mit dem Komfort für die Monteure, die vielfach das hohe Gewicht der ISO-Einheiten beklagen?

Didier – Ich hörte von einem Kunden, der für die Montage von 3-fach-ISO – sofern er nicht mit dem entsprechenden Hebegerät arbeiten kann – rund 100 bis 150 Euro mehr pro ISO-Einheit aufwenden muss, weil er einen zusätzlichen Mitarbeiter für den Einbau braucht. Und ich spreche von Geräten, die er in den anderen Einbausituationen natürlich auch bezahlen muss.

Glaswelt – Diese höheren Kosten wird der Isolierglashersteller wohl nur schwer an seine Kunden weitergeben können oder wie sehen Sie das?

Didier – Im Jahr 1993 kostete das 1,3er Standard-2-fach-Isolierglas umgerechnet rund 19 Euro. Dies entspräche heute inflationsbereinigt 29 Euro. Und das ist nicht weit weg von einem typischen Marktpreis, den der Isolierglashersteller aktuell für ein Standard-3-fach-ISO erzielen kann. Das heißt, die Entwicklungskosten für das verbesserte Produkt, der höhere Materialanteil durch die dritte Scheibe etc., die aufwendigere Montage, all das spiegelt dieser Marktpreis nicht wider.

Glaswelt – Bedeutet diese Preissituation dann Einschränkungen bei der Forschung und Entwicklung von neuen Produkten?

Didier – Nein, natürlich nicht. Wir werden den Markt weiter mit verbesserten Produkten bedienen. Dem Endkunden ist zwar ein höherer Preis mit Hinweis auf höhere Entwicklungs- und Montagekosten etc. schwierig zu vermitteln. Ich stelle aber ergänzend dazu die Frage: Ist 3-fach-Isolierglas wirklich die einzig richtige Richtung, in die wir forschen sollen? Ich habe darauf keine endgültige Antwort. Wir lancieren in den nächsten Tagen unser Climaplus Ultimate. Hierbei handelt es sich um ein 2-fach-Isolierglas mit Argonfüllung, das sich den Werten von 3-fach-Isolierglas annähert und diese unter bestimmten Bedingungen sogar erreicht. Da es mit weniger Material auskommt, stellt sich die Frage, ob 3-fach-ISO eine Sackgasse ist? Ich stelle damit die U-Wert-Olympiade infrage. Nicht die Tatsache, dass es Wettbewerb über diese Werte gibt, stelle ich infrage – das ist gesund und treibt uns alle an – aber die Zielsetzung.

Glaswelt – Sehen Sie denn eine Lösung für marktgerechtere Preise?

Didier – Der Endkunde sieht den marktüblichen Preis für ein Standardfenster und ist nicht bereit, mehr zu bezahlen. Wir sehen eine Möglichkeit zu marktgerechten Preisen, wenn wir unterscheiden zwischen Standard-Energiesparfenstern, deren Werte auf vorgeschriebenen Normen und Verordnungen beruhen und Komfort-Fenstern mit Zusatzfunktionen wie Schallschutz, Sicherheitsschutz und Leichtpflegefunktion. Hier kann der Verbraucher selbst wählen, was ihm ein erhöhter Komfort wert ist. Das ist wie mit der Ausstattung bei einem Neuwagen, die bucht man stückweise dazu.

Glaswelt – Gilt das auch in Bezug auf die Glasbeschichtungen?

Didier – Wir zählen zu den ersten Herstellern in Europa, die ein Glas gleichzeitig beidseitig beschichten können. Es ist einer unsere Wege, innovative Produkte weiterzuentwickeln. Dazu haben wir 2011 nach 15 Jahren Entwicklungszeit in Torgau die unserer Meinung nach modernste Beschichtungsanlage in Europa gebaut. Sie ist geeignet für sehr spezielle Gläser und sehr komplexe Verarbeitungen.

Glaswelt – Nimmt der Endverbraucher solche Weiterentwicklungen des Glases und auch die der Fenster überhaupt wahr?

Didier – Das Bewusstsein der Kunden, dass ein Fenster mehr ist als ein Ding, das Wind und Regen abhält, sondern dass es neben Energie sparen auch vor Lärm, Einbruch und zu viel Sonne schützen kann, ist viel weiter fortgeschritten als noch vor einigen Jahren. Dennoch müssen wir die Verbraucher weiter überzeugen, dass mehr Komfort auch teurere Produkte bedeutet. Das ist wie beim Kauf einer Spülmaschine: Je nach Ausstattungsgrad kann man zwischen Standard und Premium wählen, die Preisdifferenz beträgt dabei Faktor 3.

Als Glasindustrie müssen wir also diejenigen weiter unterstützen, die den Endkunden beraten, das sind unter anderem die Monteure und die Vertriebsmitarbeiter von Fensterbauern. Diese müssen in der Lage sein, ihre Kunden entsprechend zu beraten. Dafür gilt es, Nutzenargumente und Verkaufswerkzeuge weiter zu optimieren, damit der Endkunde nach der Beratung von sich aus den höheren Komfort wählt. Das ist dann für alle Beteiligten eine Win-Win-Situation. —

Die Fragen stellte Matthias Rehberger, Chefredakteur der GLASWELT.

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