_ Wird heute in der Glasbranche über Industrie 4.0 gesprochen, denkt man eigentlich an eine optimierte Produktion und an die Vernetzung der Maschinen und der Logistik, im optimalen Fall zudem an die Vernetzung mit dem Fensterbaukunden und den Zulieferern.
Doch die eingangs beschriebene Alltagsklippe lässt sich durch Vernetzung umschiffen, ohne Stunden und Tage damit verbringen zu müssen, ein Glas deutschlandweit zu suchen und ohne dass es dann über viele Kilometer herbeigeschafft werden muss.
Die Voraussetzung dafür: Der Mitarbeiter kann in Sekundenschnelle abfragen, wo so ein Glas zu finden ist, möglicherweise muss er nur in den Nachbarort fahren.
Wie wäre das möglich? Mit einer neuen Internetplattform, die eine Brücke zwischen Herstellern, Produzenten, Lieferanten baut, indem alle Beteiligten darüber miteinander vernetzt sind. Ein langwieriges Suchen nach dem seltenen Glas/Produkt könnte so einfach durch einige Klicks im Internet ersetzt werden.
Aber das neue effiziente und effektive Tool soll noch mehr können: Um für jeden einzelnen Glashersteller, Verarbeiter und Händler den größtmöglichen Nutzen zu generieren, ist aktuell eine unabhängige, übergreifende Datenbank in der Entwicklung, die sämtlicher Produkte der Glashersteller und -Verarbeiter beinhaltet.
Über die zugehörige Software wird es dann leicht möglich, das gesuchte Produkt bei Glasherstellern, Veredlern und anderen Verarbeitern/ Händlern abzufragen.
Zu einem späteren Zeitpunkt sollen auch Metallbauer, Glaser, Architekten und Fassadenberater eingebunden werden.
Das spart neben dem Zeitaufwand Nerven und Geld, zudem würde die Umwelt durch kürzere Transportwege geschont werden.
Dieser Ansatz hat zudem das Potenzial, neue Chancen auf dem Glasmarkt zu eröffnen. Gerade wenn später Glasverarbeiter über diese Plattform neue Aufträge aus dem In- und Ausland generieren können, was heute sonst kaum möglich ist.
Hier lauert Gefahr: Kommt Uber jetzt auch in die Glasbranche?
Angesichts der wachsenden Globalisierung und der damit einhergehenden Gefahren, würde es Verarbeitern und Glasanbietern gut anstehen, dass sie selbst das Steuer in die Hand nehmen, bevor das ein Branchenfremder macht.
Wie das? Jeder kennt den Taxi-Konkurrenten Uber oder den weltweit größten Zimmervermittler AirBnB. Diese Firmen besitzen weder eigene Taxis noch eigene Zimmer. Was sie aber leisten, ist eine Vermittlungsplattform bereitzustellen. Diese macht es sowohl dem Kunden als auch den beteiligten Anbietern (hier im Beispiel Auto- oder Zimmerbesitzer) leicht, die Infrastruktur im Internet oder per App zu nutzen, um ihre Dienste (oder alternativ Produkte) anzubieten. So kann man mit wenigen Klicks ein Zimmer weltweit finden und buchen.
Und was hat das mit der Glasbranche zu tun?
Aktuell gibt es Firmen, die die unterschiedlichsten Branchen „scannen“, um vergleichbare Modelle aufzusetzen. Auch hier wird dann eine Online-Präsenz mit Datenbank sowie eine zugehörige Nutzer-Software angepasst und bereitgestellt, die der Handels-Vernetzung innerhalb der jeweiligen Branche dient. Das ist an sich eine gute Idee. Der Pferdefuß für die jeweilige Branche besteht darin, dass das von außen kommende Unternehmen ohne viel Branchen Know-how sich zwischen Anbieter und Kunde drängt und dann für seine Dienste natürlich entsprechend entlohnt werden will. Die Folge: Der Gewinn für die Hersteller sinkt oder der Preis für den Kunden steigt oder im schlimmsten Fall beides.
Vor diesem Hintergrund sollten sich die Glasindustrie und Glasverarbeiter ab sofort mit der Umsetzung einer brancheninternen kompetenten Plattform vertraut machen, die dazu dient sich so enger mit ihren Zulieferern auszutauschen. Und an solch einer Plattform arbeitet die GGW, denn das Ziel ist es, mit den Glasherstellern und -verarbeitern gemeinsam eine solche Plattform aufzubauen, sprich aus der Branche eine Kompetenzsoftware für die Branche. Dazu gab es bereits eine Reihe von Gesprächen mit großen Glasverarbeitern, darunter auch einige Glas-Lizenzgeber. Das Feedback reichte von skeptisch interessiert bis hin zu vollauf begeistert
Ein effizientes Tool für die gesamte Glasbranche
Warum ist jetzt der richtige Zeitpunkt, eine gemeinsame Plattform aufzusetzen?
Zur Zeit erleben wir in der Glasbranche ein großes Wachstum bei Firmen, die über das Internet Glas verkaufen. Oft sind es Betriebe, die nicht einmal selber das Glas herstellen und verarbeiten, sondern lediglich damit handeln.
Der Umsatz, trotz der aufwendigen Logistik, ist immens und steigt ständig. Die lange erarbeiteten Kompetenzen des Glasgroßhandels und der Glasverarbeiter sollen durch die neue Plattform wieder mehr in den Vordergrund rücken.
Ziel der gemeinsamen Marktplattform sind, erhebliche Mehrwerte für jeden einzelnen Marktteilnehmer, sowohl auf der Anbieterseite als auch auf Nachfrageseite zu schaffen.
Mit der umfassenden Vernetzung soll ein Überblick über alle Produkte, die der Markt bereithält ermöglicht werden. Denn Zeitersparnis und Kosteneinsparungen durch effektive und effiziente Prozessabläufe in der Abwicklung und Logistik sind in der Zukunft das A und O, um langfristig am Markt bestehen zu können. Ein weiteres Ergebnis wäre eine größere Transparenz des Glasmarktes.
Die neue Plattform für die Glasbranche versteht sich als effektives und effizientes Tool, damit sich jeder einzelne Teilnehmer auf seine wesentlichen Stärken konzentrieren kann, indem Bestell- und Verwaltungstätigkeiten über ein einziges Medium abgewickelt werden können.
Es darum, jetzt schon eine Lösung aufzubauen, die auch mit einer Vernetzung nach Industrie 4.0 kompatibel ist. Die Digitalisierung der Supply Chain ist für die Glasbranche dabei ein wichtiger Baustein.
Es muss für die Glasbranche ein Ansporn sein, als eine der Ersten die aktuellen Möglichkeiten der Vernetzung und Anbindung zu nutzen, um sich mittel- und langfristig erfolgreich am Markt zu positionieren. Packen wir es an.—
Entwicklung zu Industrie 4.0 in der GlasIndustrie
Der Autor
Markus Rumpf (46) ist seit 26 Jahren in der Glasbranche aktiv, heute als Geschäftsführer der GGW Global Glassworld GmbH, einer Gesellschaft für Glashandel und Projektentwicklung für innovative Bauobjekte. Davor war er Vertriebsleiter bei seele sedak, bei Glas Trösch und bei Saint-Gobain für das Objektgeschäft. Lesen Sie mehr von ihm in den nächsten GLASWELT-Heften.